Benelux 09.07. - 17.07.2018

Auf geht’s in unbekannte Gefilde! Einmal waren wir auf einem Citytrip in Amsterdam, aber ansonsten wissen wir nicht viel von Luxemburg, Belgien und Holland. Nach Luxemburg will vor allem ich, weil ich einmal in einem Outdoormagazin gelesen habe, dass man dort so tolle Wanderungen unternehmen kann. Gleich im ersten Ort hinter der Grenze, in Dudelange, finden wir beim Sportplatz einen Übernachtungsplatz und laufen am Nachmittag noch eine kleine Tour durch das Haard, wo bis vor gut fünfzig Jahren im Tagebau Eisenerz abgebaut wurde. Danach wurde die Landschaft sich selbst überlassen und es ist herrlich durch die felsdurchsetzten Laubwälder zu gehen. 

Total überrascht sind wir aber am nächsten Tag, als die Gegend immer „gebirgiger“ wird. Auf Nebenstraßen fahren wir weit um Luxemburg-Stadt herum, mit viel Auf und Ab, Wälder wechseln sich mit saftigen Weiden ab, auf denen sich schwarzgescheckte Kühe sattfressen. Unser Ziel ist Echternach direkt an der deutschen Grenze. Von hier starten wir am nächsten Morgen zur Tour durch die Wolfsschlucht, die ein Teil des Müllerthal-Trails ist, der durch die luxemburgische Schweiz führt. Durch dichte Wälder erreichen wir schon bald die enge Schlucht, in die für das breite Publikum steile Treppen gehauen wurden. Die Felsen sind mit Moos überzogen und weisen interessante Strukturen auf. Ein Steig führt zu einer Aussichtsplattform, doch leider ist es heute bedeckt und recht trüb, so dass es mit der Aussicht nichts wird. Vor ein paar Wochen war hier ein ziemlicher Sturm, der einige Bäume entwurzelt hat, was zu einer Wegsperrung führt. Da sich aber auch die Einheimischen nicht von den Absperrbändern abhalten lassen, spazieren wir einfach weiter. Wir klettern über und um Bäume, balancieren auf schmalen Stämmen über Bäche und erreichen das sogenannte „Amphitheater“, ein ehemaliger Mühlsteinbruch, wodurch diese großen, von Menschenhand geschaffenen Höhlen entstanden sind. Auf der anderen Flussseite geht es durch schöne Buchenwälder zurück nach Echternach. Das Abendessen steht auch schon fest, nachdem wir noch eine Menge Blaubeeren finden: Pfannkuchen! 

Auf unserer letzten Wanderung in Luxemburg begeben wir uns wieder mal auf einen der zahlreichen Jakobswege und laufen durch aufgegebene Weinberge - auf deutscher Seite - an der Sauer entlang und danach über mehrere Hügel wieder zum Auto. Das Städtchen Echternach hat mich nicht sonderlich beeindruckt, obwohl heute Markt ist macht alles einen etwas altbackenen Eindruck. Nach drei Tagen zieht es uns weiter. Über schlechte Straßen, da könnte die EU doch mal ein paar Euro springen lassen, fahren wir durch eine recht gebirgige Landschaft. Eigentlich sieht es aus wie bei uns in den Alpen. Einfach schön! Kurz vor der Grenze machen wir mal wieder unsere Tanks randvoll, denn so günstig werden wir wohl lange nicht mehr tanken können.

Das Landschaftsbild in Belgien ändert sich nicht. Wir sind nun in den Ardennen, es gibt Hinweise zu Loipen und sogar zu einem kleinen Skilift, obwohl wir uns hier nur auf einer Höhe von ca. 300 m bewegen und die Hügel ringsum nicht recht viel höher sind. Die Häuser sind aus dunklem Stein, finde ich zuerst etwas gewöhnungsbedürftig, aber dann gefallen sie mir gut. Vor allem, weil es viele blühende Pflanzen und Sträucher gibt und keine Thujenhecken. Über den alten Kurort Spa,  mit seinen alten Backsteinvillen, fahren wir nach Aywaille. Da es auch in Belgien verboten ist freizustehen, steuern wir wieder einen Stellplatz an. Am Fluss Amblève und weiter an der Ourthe ist ein Radweg ausgeschildert. Durch verträumte Dörfer folgen wir den Flüssen, fahren mal hüben und drüben und kehren nach 25 Kilometer um, denn allmählich wird es ganz schön warm und zudem haben wir Hunger und die Kneipendichte ist hier nicht so hoch, wie wir dachten. In Esneuv werden wir aber fündig und Wolfgang kann zumindest eines der 200 belgischen Biere probieren. Sieht gut aus, schmeckt gut, ist teuer! Als wir wieder beim Hiasl sind, hat neben uns ein neuseeländischer KAT geparkt und stiehlt uns quasi die Show. Sowas ist schon lange nicht mehr vorgekommen! 

Da wir wieder mal etwas Stadtluft schnuppern wollen, machen wir uns auf den Weg nach Liège (Lüttich). Leider finden wir nur für drei Stunden einen Parkplatz. Also auf in die Altstadt, wo wir bei den vielen Patisserien kunstvolle Törtchen bewundern, auch die Metzgereien haben erstaunlich schöne Auslagen, aber alles ist einfach schweineteuer. Doch ansonsten gefällt es uns gut. Wir müssen natürlich auf den Montagne de Bueren rauf, einen Aussichtspunkt, den man über 374 Stufen erreicht. Da es heute ziemlich heiß ist, flimmert die Luft und wir sehen die Berge im Hintergrund nur verschwommen, aber der Blick auf die Stadt ist nicht schlecht. Tja, unsere Parkuhr schreit, also wieder hinab zur Maas, wo wir uns noch ein paar Hausboote anschauen, bevor wir ins Fietsparadijs (Radlparadies) Limburg weiterfahren. In Herk de Stand parken wir dann zwischen zwei belgischen Wohnmobilen ein, wovon die gar nicht begeistert sind und dann auch nicht Muh oder Mäh sagen. Wir vergnügen uns dann ganz alleine auf dem Minigolfplatz, wo Wolfgang trotz Gemeckere wegen der ungepflegten Bahnen natürlich gewinnt. Aber knapp! Als wir zurückkommen sind unsere Nachbarn noch genauso abweisend, obwohl die Belgier gerade eben ihr bestes WM-Ergebnis erzielten. 

Also das mit dem Radlparadies stimmt. Es gibt Radwege en masse, bestens ausgeschildert, breit, die Autofahrer halten an und achten auf die Radfahrer, die Ampeln schalten sofort auf grün. Online kann man sich Touren zusammenstellen, indem man sich von einem Knotenpunkt, da wo sich zwei oder mehrere Radwege kreuzen, hangelt, auch gleich mit Kilometerangaben oder Sehenswürdigkeiten etc. Alles klappt dann auch wunderbar und wir radeln über Dörfer, kleine Städte, an Kanäle und Flüssen entlang, durch Laubwälder und Feldern. Richtig schön. Und dann bekommen wir heute auch noch Besuch von unserem Sohn Sebastian mit Mella und den Zwillingen Emma und Emil, die gerade auf dem Weg in die Normandie sind und sich hier unsere Wege kreuzen. Sie können dann auch fast neben uns parken. Nur als wir einen Grill entfachen, erscheint ein Polizeiwagen. Die Polizisten studieren zuerst sehr genau die Stellplatzregeln - 18 Paragraphen, halt nur auf flämisch. Danach erklären sie uns höflich, aber bestimmt, dass Grillen verboten ist. Wegen Waldbrandgefahr. Okay, verstehen wir natürlich. Auf unsere Frage, woher sie denn wissen, dass wir grillen, kommt die zögerliche Antwort: von der Nachbarschaft. Aha, alles klar. Ab sofort waren uns die Belgier von nebenan noch unsympathischer. Sie hätten uns ja auch darauf hinweisen können. Doch wir lassen uns unsere gute Laune nicht verderben, verfolgen weiterhin bei mäßigem Internet das Endspiel und braten dann unser Grillgut in unserer Außenküche, damit die Nachbarn auch was davon haben!

Leider müssen wir uns schon wieder verabschieden, aber diesmal ja nicht für lange. 

Für uns geht es nach Eindhoven in Holland, wo wir etwas für unsere Tochter besorgen sollen. Ganz toll finden wir hier - gibt es wahrscheinlich in jeder holländischen Stadt - den Fietsenstalling. Fast so groß wie ein U-Bahnhof, wo man sein Fahrrad zentral und bewacht abstellen kann. Mütter können auch kostenlos einen Buggy ausleihen. In Eindhoven wurde ja Philips gegründet und es soll nach wie vor in der Nacht schön beleuchtet sein. Aber leider haben wir nicht so viel Zeit. Südwestlich von Nijmegen finden wir einen schönen Platz an einer breiten Stelle der Maas mit einem kleinen Badestrand, wo wir uns auch gleich den Schweiß runterwaschen. Das Wasser ist fantastisch. An unserem letzten Tag im Ausland schwingen wir uns noch mal auf die Räder und fahren ins 20 Kilometer entfernte Nijmegen. Die Stadt ist gerade im Ausnahmezustand, denn morgen beginnt der jährlich stattfindende Viertagesmarsch. Die Teilnehmer können wählen zwischen 30, 40 oder 50 km täglich und das an vier Tagen hintereinander. Na Mahlzeit und das bei der Hitze! Ich gehe ja gerne, aber das wäre mir zuviel. Aber die Altstadt mit seinen vielen ausgefallenen Läden, Kneipen, Eisdielen usw. hat uns sehr gefallen, obwohl doch schon viele Absperrgitter rumstehen und Tribünen aufgebaut sind. Doch wir müssen zurück, damit wir heute noch von dem Platz wegfahren können, denn morgen geht dort der Marsch vorbei und dann sind die Straßen gesperrt. Unser Navi hat mal wieder einen Überraschung für uns bereit und führt uns auf einem Damm zum nächsten Ziel. Sehr spannend, denn es ist relativ eng hier und außer uns eigentlich nur Radfahrer unterwegs. Puh, wir sind froh, als wir endlich einen Weg runter finden. Dafür müssen wir nun auch noch mit einer Fähre über einen Rheinseitenarm. Aber dann eineinhalb Stunden später haben wir schon unseren letzten Übernachtungsplatz direkt am Rhein erreicht. Ich bin dann doch erstaunt, wie viel Schiffsverkehr hier ist und nehme auch gleich mal Abstand von einem Bad.

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Frankreich 22.06. - 08.07.2018

Bevor wir weiterfahren, gehen wir noch auf die andere Hafenseite nach Ciboure. Hier ist es ruhiger, nicht ganz so viel Kommerz und zwischen den baskischen Fachwerkhäusern mit dem blau-, rot- oder grüngestrichenen Fachwerk, blühen gerade die Hortensien um die Wette. So, heute wollen wir mal nicht so weit fahren und haben uns ca. 30 km nördlich bei Ondres einen Strand mit Übernachtungsmöglichkeit ausgesucht. Das sollte ja eigentlich in einer knappen Stunde zu schaffen sein. Aber nicht, wenn man in einen Stau gerät, dann eine Straße gesperrt ist und uns daraufhin das Navi völlig in die Irre schickt. Wolfgang - und nicht nur er - ist sichtlich genervt, als wir nach zwei Stunden in Ondres ankommen. Entschädigt wird er, als wir dann zum Strand gehen und er die riesigen Wellen sieht. Laut Anzeige hat das Wasser 21°, da können die am Mittelmeer nur von träumen! Wolfgang schmeißt sich gleich in die Fluten, aber sie kommen so heftig und rasch nacheinander, dass er ganz schön zu kämpfen hat. Kleine Überraschung dann am Parkplatz: Es steht noch ein Rosenheimer Wohnmobil da. Wir kommen ins Gespräch und dabei stellt sich heraus, dass Sylvia und Wolfgang vor ca. 25 Jahren häufig geschäftlich miteinander zu tun hatten. Es ist total nett mit den beiden und so verbringen wir die nächsten drei Abende mit Wein, Pastis und interessanten Gesprächen zusammen!

 

Endlich kommen nun auch unsere Räder zum Einsatz. So fahren am nächsten Tag Richtung Süden nach Bayonne, der Hauptstadt des französischen Baskenlandes. Die Altstadt, um die Kathedrale herum, ist wunderschön. Drei- bis vierstöckige Fachwerkhäuser mit den schönen eisernen kleinen Balkonen säumen die lebendigen Gassen. Manche haben gerademal Zimmerbreite, dafür oben eine kleine Dachterrasse. So allmählich schließen die Läden, im Gegenzug füllen sich die Restaurants. Wir kaufen uns das beste Baguette mit Iberico-Schinken aller Zeiten und trinken in einer Bar noch etwas und strampeln danach die 18 Kilometer zurück. Der Atlantik ist heute 22° warm! Unglaublich!

 

Heute fahren wir nicht ganz so weit, nämlich nach Cap Breton. Schon wieder eine tolle, kleine Stadt. Wie machen die Franzosen das nur, dass alles immer so geschmackvoll hergerichtet ist? Am Leuchtturm draußen ist heute Stadtfest und da ist alt und jung unterwegs. Als wir ankommen hat gerade die Bollywood-Tanzgruppe eines Yogastudios ihren Auftritt. Aber ich muss sagen, das war nicht schlecht! Einem kühlen Rosé können wir nicht widerstehen, aber dann bekommen wir allmählich wieder Lust auf Meer und machen uns auf den Rückweg. Am heutigen Sonntag ist ganz schön was los am Wasser, und wenn man nicht aufpasst, dann wird man von einer Horde kleiner Jungs fast umgefegt, wenn sie von den Wellen an Land gespült werden.

Hilft nix, wir müssen weiter. Auch Sylvia und Ludwig reisen ab, sie wollen in einer knappen Woche zu Hause sein. Vielleicht schaffen wir es im August auf ein Treffen! Hier an der Küste ist es leider recht schwierig frei zu stehen, denn wenn schon, dann soll es am Wasser sein. Also brechen wir zum nächsten (bezahlbaren) Stellplatz auf, nach Biscarosse Plage. Wir fahren durch riesige, lichte Kiefernwälder, unterbrochen durch schnuckelige Dörfer, aber alle mit guter Infrastruktur. Also mindestens eine Bar, einen Bäcker und einen kleinen Supermarkt haben alle, schon wieder ein Punkt, wo sich Deutschland eine Scheibe davon abschneiden kann. Ursprünglich war hier alles Sumpfgebiet, erst vor gut 150 Jahren ließ Napoleon III. den Sumpf trocken legen und die Kiefern anpflanzen. In einem solchen Wald ist auch der Stellplatz. Es riecht würzig, in den Bäumen tummeln sich allerhand Vögel, der Boden ist weich und man hat Sonne und Schatten. Ein paar Minuten zum endlos erscheinenden Sandstrand, was will man mehr?

 

Heute wollen wir zur Dune de Pilat, der größten Düne der Welt. Natürlich mit dem Rad, denn das Radwegenetz in Frankreich ist hervorragend ausgebaut, gut beschildert und es wird sowohl von den Einheimischen wie auch von den Touristen sehr gut angenommen. (Noch so ein Punkt, woran Deutschland arbeiten kann!) Durch luftige Kiefernwälder geht es flott zum südlichen Fuß der Düne. Doch leider haben wir nicht berechnet, dass wir genau am Mittag hier ankommen. Dementsprechend schweißtreibend ist der Aufstieg über den heißen Sand. Von oben haben wir einen tollen Ausblick auf das Bassin d’Arcachon und die vorgelagerten Sandbänke. Doch die Hitze treibt uns bald wieder runter und wir schwingen uns schnell auf unsere Räder, um so bald wie möglich ins Wasser gehen zu können. Heute sind auch die Wellen nicht gar so groß, da kann ich wenigstens mal ein paar Züge schwimmen. Auch der Sonnenuntergang am Abend ist nicht zu verachten!

Heute geht es ein bisschen ins Landesinnere. Das Navi zeigt knappe 200 Kilometer, für uns schon eine enorme Strecke. Es geht weit um Bordeaux herum in nordöstlicher Richtung zuerst nach Barbezieux, wo wir nur kurz einkaufen. Wir kommen mit einer jungen Frau ins Gespräch, die ganz erstaunt ist, dass sich hier Touristen aufhalten. Klar, hier ist nichts, der Ort steht in keinem Führer, aber die Gegend mit den Getreidefeldern und Wein dazwischen, die schmucken Dörfer und Städte sind einfach super. Überall entdecken wir Plakate mit allen möglichen Festen, doch leider können wir, in unseren jetzt doch schon straffen Terminplan, keines einbauen. Schade! In dem kleinen Dorf Bourg-Charente installieren wir uns auf einem Minicampingplatz. Außer uns sind noch vier französische Wohnmobile da, die am Abend dann ihre Boule-Kugeln auspacken, Musik aus den 70er-Jahren laufen lassen und mit viel Olala und oui und non eine Superstimmung hervorbringen.

 

Der Grund unseres Abstechers hierher ist ja die nahegelegene Stadt Cognac, nicht dass wir so darauf stehen, aber Wolfgang wollte halt unbedingt hierher. Es gibt direkt an der Charente entlang einen, zwar etwas engen, Radlweg und 12 Kilometer ist ja gar nichts. Unterwegs helfen wir einem englischen Ehepaar mit ihrem Hausboot an einer Schleuse die Tore auf- und zuzudrehen. Da ist Wolfgang so richtig in seinem Métier! Als wir durch die Stadt laufen, finden wir noch ein paar Häuser mit schwarzen Flecken an den Wänden. Das deutet daraufhin, dass hier Cognac gelagert wurde und durch die Alkoholverdunstung ein schwarzer Pilzbefall zu sehen ist. Wir kommen am bekannten Hersteller Hennessy vorbei, wo man auch eine Besichtigung mit Degustation machen könnte. Aber da wir beide das Zeug nicht mögen, gehen wir lieber in ein Restaurant und lassen uns dort das Ménu de Jour schmecken: Zuerst Salat mit Schweinefilet, gefolgt von Rindersteak mit Salat und Pommes und als Dessert Apfel-Clafoutis mit Sahne und Kaffee und das alles für 13,80 Euro! Danach bin ich so satt, dass ich mir schon Sorgen mache, ob ich es mit dem Radl zurück schaffe. Hat geklappt.

Ich möchte auf eine der beiden Inseln vor La Rochelle: Île d’Oleron oder Île de Ré. Wir haben uns für die kleinere Île de Ré entschieden und fahren deshalb bei La Rochelle für 18 Euro hin und zurück über die vor ein paar Jahren erbaute Brücke. Da unser Wäschesack schon wieder voll ist, wollen wir auf einen Campingplatz gehen, aber das ist bei den Preisen hier gar nicht so einfach. So 35€/Nacht ist das normale, und darum freuen wir uns, dass wir gleich im Süden in Ste. Marie de Ré einen für gut 19€ im Internet gefunden haben. Trotz guter, moderner Sanitäranlagen und großen Plätzen ist er nur zu einem Drittel belegt, was wohl daran liegt, dass man ca. 200m zum Strand gehen muss und es keinen Pool und Animation gibt. Denn das will der Camper heutzutage. Die Waschmaschine wäscht super und während die Sachen an der Leine trocknen, statten wir dem Meer einen Besuch ab. Auch hier ist es angenehm warm, aber es gibt kaum Wellen und im Wasser ist etwas Grünzeug.

 

Heute ist große Inselrundfahrt angesagt und zwar mit dem Rad. In gut 50 Kilometern fahren wir fast alle Orte der Insel ab. Die Radwege sind wieder mal super ausgebaut. Heute am Samstag sind natürlich schon ein paar Leute unterwegs, aber man kommt sich nie in die Quere. Gleich zu Beginn, in La Bois, ist Flohmarkt. Von dem Stand mit den Weingläsern und dem mit den alten Schallplatten sind wir schon sehr angetan. Gut, dass wir nur einen kleinen Rucksack dabeihaben! Wir laufen natürlich auch durch die recht engen Gassen. Aber auch hier wird jede noch so kleine Lücke genützt um ein paar Stockrosen anzubauen oder einen Rosmarinstrauch, hier ein Rosenstock oder mal einen Lavendelbusch. Per Gesetz ist geregelt, dass die Häuser hier auf der Insel maximal einen ersten Stock haben dürfen, sie müssen weiß sein und die Fensterläden dürfen nur grau, grün oder blau gestrichen sein. Selten kann ich einen Blick hinter den Zaun werfen, aber wenn, dann bin ich begeistert. Fast nur Türen statt Fenster, gepflasterte oder gekieste Höfe mit ein paar Kübelpflanzen, oft sieht man von der Haustüre durch den Salon auf der anderen Seite das Meer. Weiße, luftige Vorhänge flattern im Wind und dazu der würzige Duft nach Kräutern und Salz. Da will man gar nicht mehr weg. Negativ sind jedoch die Preise hier. Ob es die Kugel Eis für 3 Euro ist oder ein Haus mit 135 qm für eine knappe Million, seit der Brücke ist das hier nur was für die Reichen und Schönen! In Loix, auf der Nordseite irren wir etwas in den Salinen herum, was dann auch gleich mit einem Glas Rosé belohnt werden muss. Über St. Martin und La Flotte strampeln wir zurück zum Campingplatz und gehen umgehend zum Baden, denn die letzten Kilometer waren dann doch sehr heiß. Unser Nachbar sagt uns, dass sein Thermometer heute 37° im Schatten anzeigt. Da wundert es mich nicht mehr, dass ich leicht transpiriert habe. Am Abend ziehen dann auch mächtige Wolken auf und es wird die ganze Nacht hindurch donnern, blitzen und auch regnen!

Doch am Morgen ist alles durch, wir können wieder draußen frühstücken. Leider wird mit dem letzten Bad im Meer nichts, denn es ist nicht da. Ebbe! Also räumen wir in Ruhe zusammen und machen uns dann auf die 200km-Fahrt. Zum Ausgleich für die viele Sitzerei radeln wir am Abend noch ins nahegelegene Les Rosiers de Loire. Dort wurde heute eine Bilderausstellung am Loire-Ufer eröffnet. Großformatige Acryl- oder Ölbilder werden nun bis September hier im Freien stehen. Beim letzten Exponat werden Getränke ausgeschenkt und wir leisten uns zwei Gläser hiesigen Rosé. Als wir die Gläser zurückbringen - wir sind die Letzten - schenkt uns der ziemlich angeheiterte Mann nochmals nach und erzählt uns von den Bildern und was er damit zu tun hat - Organisator und Aufstellen der Bilder - und freut sich über meine Französischkenntnisse. Doch dann schauen wir, dass wir wegkommen, bevor wir genau so rote Augen haben wie er!

 

Heute Nacht gewittert es wieder ziemlich und auch der Regen ist nicht zu verachten. Doch so gegen Mittag hört er auf und die Sonne scheint wieder. Also steht einer Radfahrt nach Saumur nichts mehr im Wege. Unterwegs entdecken wir eine kleine Kirche aus dem 11. Jahrhundert mit schönen Steinmetzarbeiten am Eingangsportal. In Saumur gehen wir durch die Stadt, finden etwas weg vom Schuss ein kleines Café und sehen uns im Hof des Rathauses eine Fotoausstellung über das Leben nach dem 1. Weltkrieg an. Leider ist heute am Montag das Schloss nicht geöffnet, so dass wir uns mit Fotos begnügen müssen. Und auch das ist momentan nicht so einfach, weil sich meine Kamera so langsam verabschiedet, grr. Darum gibt es nur mehr wenige Bilder, wenn sie sich mal zum Leben erwecken lässt. Damit wir nicht denselben Weg zurückfahren müssen, radeln wir über eine der Loireinseln auf die andere Flussseite und dann zurück. Das ist leider keine gute Entscheidung, denn der Weg geht zwischen dichtem Wald und einem Wall. Man sieht außer Bäumen gar nichts, der Pfad wird immer schmäler und bedingt durch den nächtlichen Regen auch immer sumpfiger und es riecht entsprechend. Da fahren wir dann lieber wieder auf der Straße, können in die schönen Gärten reinschauen und auch noch ein paar Charolais-Rinder beim Grasen beobachten. Als wir bei Les Rosiers über die Brücke fahren, türmen sich recht dunkle Wolken am Himmel auf. Wir legen zwar noch einen Zahn zu, aber nach wenigen Minuten erwischt es uns dann doch. Als wir drei Kilometer später am LKW ankommen, sind wir nass bis auf die Haut. Unser Bad müffelt dann etwas, als wir die nassen Klamotten reinhängen.

Wenn wir schon an der Loire sind, wollen wir auf jeden Fall ein Schloss anschauen. Und da haben wir uns das Château de Villandry ausgesucht, denn das ist nämlich berühmt für seine Gärten. Wir parken in Villandry erst mal auf dem Besucherparkplatz. Nach wenigen Minuten stehen wir vor der Kasse und für 11€/Person dürfen wir auch schon rein. Das Renaissanceschloss wurde im 16. Jahrhundert erbaut, hatte dann mehrere Besitzer, bis es zu Beginn des 20. Jahrhunderts von einem Spanier erworben wurde. Dieser restaurierte dann zuerst das Schloss und begann dann, die einstigen Renaissancegärten nach historischen Quellen wieder herzustellen. Die zu besichtigenden Zimmer wie z. B. Salon, Speisesaal, Prinzenzimmer, Küche sind mit Mobiliar aus dem 18. Jahrhundert ausgestattet und so geschmackvoll, dass man sofort einziehen könnte oder wollte. Vom Bergfried hat man einen tollen Ausblick über das Tal des Cher und der Loire und natürlich auf die Gärten. Hier gibt es Ziergärten, geometrisch angelegte Gemüsegärten, Wassergarten, Labyrinth, Sonnengarten und Wälder. Alles ist hervorragend gepflegt und durch die Umstellung vor knapp 10 Jahren auf „Bio“, kann auf Pflanzenschutzmittel weitgehend verzichtet werden. Hier könnte ich viel Zeit verbringen, doch es ist schon später Nachmittag und wir machen uns auf den Weg zum Ausgang. Und wirklich ganz plötzlich fängt es wie aus Kübeln zu schütten an! Dass wir wieder mal nass werden, ist dabei nicht das Schlimmste, aber zwei Dachfenster vom Hiasl sind ganz offen. Im Laufschritt geht es nun zurück, im Bad ist es nicht so schlimm, da kann alles nass werden, aber über dem Tisch ist das Wasser auf das Polster - natürlich meine Seite - gelaufen und auch mein Schaffell hat nun einen etwas strengen Geruch angenommen. Zum Übernachten fahren wir wieder 3 km zurück, wo es einen kleinen Stellplatz für nur 3 Euro die Nacht gibt.

 

Die Wetter-App sagt nur eine geringe Regenwahrscheinlichkeit voraus, also holen wir die Räder runter und fahren fast immer an der Cher entlang ca. 25 km nach Tours. Und das kennt ja nun jedes Kind: St. Martin, der mit den Laternen, war hier Bischof. Als wir in der Fußgängerzone sind, sperren wir die Räder vor einem Geschäft an ein Eisengeländer und laufen in der Altstadt rum. Gott sei Dank haben die Bomber des 2. Weltkriegs noch was von den urigen Fachwerkhäusern übriggelassen. Kaum vorstellbar, dass da drinnen noch jemand wohnt, aber ist so. Als wir alles gesehen haben, gehen wir zurück zu den Rädern. Doch was ist das? Keine Räder mehr da! Haben wir uns im Platz geirrt? Leider nein, irgendein ein Riesenar….. hat das Schloss geknackt und die Räder geklaut. Es kommt gerade eine Motorradstreife vorbei, die wir anhalten. Aber die verweisen uns auf die nahegelegene Polizeistation, wo wir Anzeige erstatten müssen und dann kann da jemand auf die Überwachungskameras schauen. Dort will uns erstmal keiner verstehen, Englisch Fehlanzeige und mein Französisch wollen sie auch nicht verstehen. Also fülle ich vier Seiten an Formularen aus und nach ca. einer Stunde dürfen wir gehen, mit dem Hinweis, wenn sich was ergibt, dann werde ich angerufen. Wer’s glaubt, wird selig. Sie drucken uns noch den Busfahrplan nach Villandry aus und das war’s. Als wir uns den anschauen, sehen wir, dass vor knapp zwei Stunden der letzte Bus gefahren ist. Nun müssen wir uns auch noch ein Taxi nehmen. Schön langsam reicht es mir. Die Stimmung ist etwas gedrückt!

Tja, da das unsere einzigen Räder waren, müssen wir für Nachschub sorgen. Also wieder mal zu Decathlon. Zwei Stunden und ein paar Euro später verlassen wir mit einem halbwegs vernünftigen Mountainbike für mich und einem Tourenrad für Wolfgang den Laden und machen uns auf den Weg nach Blois. Dort vertreten wir uns die Füße und schauen uns das berühmte Schloss aber nur von außen an. Beim Rückweg zum Auto begegnen wir vielen Soldaten mit Maschinengewehren im Arm. Anscheinend ist gerade ein C-Politiker im Anmarsch. Passend zu unserem Gemütszustand ist es heute bedeckt und es regnet auch ab und zu. In Château de la Loire übernachten wir für das letzte Mal an der Loire.

 

Ab jetzt werden wir relativ viel Autofahren, nicht in Kilometern gemessen, sondern in Zeit. Gefühlt sitzen wir den ganzen Tag in der Kiste, gut, dass die Landschaft nicht so viel hergibt. Auf der Karte habe ich östlich von Paris, bei Troyes, in der Champagne, einen See ausgemacht und den peilen wir an. Hier im Forêt d’Orient gibt es mehrere künstliche Seen. Die Dörfer ringsum kann man gemütlich nennen. Es ist nichts los, aber die Häuser und Bauernhöfe sehen mit ihrem Fachwerk und den bunten Fensterläden wie immer gut aus. Auf einem Parkplatz ist ein guter Platz für uns. Am Abend machen wir noch eine Proberunde mit den neuen Rädern, verstellen ein paar Dinge, damit wir morgen für eine Tour gleich losstarten können.

 

Über den neu gebauten Radweg brausen wir am Lac d’Orient entlang nach Port-Dienville, von dort nach Brienne-le-Chateau, wo wir bei einem Intermarché gleich noch eine Kleinigkeit einkaufen und zurück geht es dann auf der anderen Seeseite in einem ewigen Auf und Ab bis zum Parkplatz. Wir packen schnell unsere Badesachen und radeln noch weiter zum Strand. Der ist recht gut besucht, aber wir finden noch ein schönes Plätzchen auf der Wiese und das Wasser ist herrlich. Da halten wir es schon bis sechs Uhr aus. Alles in allem waren es dann doch knappe 60 Kilometer. Wir parken noch schnell auf einen anderen Platz im Wald um, weil morgen hier ein Triathlon stattfindet und wir Angst haben nicht mehr wegfahren zu können.

 

Es ist toll, wenn man vom Blätterrauschen und Vogelgezwitscher wach wird. Da fällt einem das Aufstehen und die anschließende Laufrunde einfach leichter! Dann das gleiche Programm wie gestern: Fahren! Auch die Aussicht ist die Gleiche: Leicht hügelig, Getreidefelder, manchmal Mais, verschlafene Ortschaften. Und dann sind wir schon in Lothringen. Mal Französisch, mal Deutsch, Lothringen war immer heiß umkämpft und so hat es von beiden etwas. Aber für mein Empfinden zu viel Deutsches. Es fehlt einfach das gewisse Flair! In Pont-à-Mousson installieren wir uns neben vielen Wohnmobilen am Hafen an der Mosel. Wie aufgereihte Hühner sitzen wir dann am Nachmittag auf unseren Stühlen im Schatten neben den anderen Campern. Irgendwann wird es uns dann doch zu doof und gehen noch auf einen Apéritif in die Stadt. Ich bin ein bisschen wehmütig, unsere letzte Nacht in Frankreich ist angebrochen.

Tja, leider will meine Kamera gar nicht mehr so, wie ich will, darum gibt es nur mehr eine spärliche Anzahl an Bildern!

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Spanien 11.06. - 21.06.2018

Heute steht auf dem Programm: Einkaufen, Beschaffung von dem Fußschalter für die Motorbremse/Motorabstellung, Beschaffung von einem neuen Wechselrichter und Wäsche waschen. Wir beginnen mit dem relativ nahe gelegenen IVECO-Händler. Aber wie immer wollen sie zuerst die Fahrgestellnummer, als ob es für unser altes Auto noch was nach Katalog gäbe. Irgendwann kapieren sie es und machen sich telefonisch schlau. Wir haben natürlich auch schon im Internet recherchiert, in Deutschland gibt es den Schalter für 9,90 Euro. Aber Lieferung ins EU-Ausland 3 - 7 Tage und die spanische Post hat nicht den besten Ruf! Endlich kommt die Ansage, dass wir heute Nachmittag um 17 Uhr zum Abholen kommen können. 65 Euro plus Märchensteuer, grrr. Bei Carlos, unserem Ticketverkäufer, bekommen wir die Adresse von einem Camperservice ein paar Kilometer weg nur. Doch zuerst werden wir noch etwas Geld beim Carrefour los, wo wir uns vor allem mit Schinken, Salami, Bier und Wein eindecken. Beim Caravanas Karmelas haben sie genau zwei Wechselrichter da, einen mit 300 Watt Ausgang und einen mit 2000 Watt. Leider beide nur mit Rechteckspannung. Eigentlich braucht nur meine Zahnbürste zwingend eine reine Sinusspannung, also kaufen wir den mit 2000 Watt, astreine Chinaware! Glücklicherweise ist im Nachbarort ein Waschsalon. Während ich das mit der Wäsche erledige, baut Wolfgang schon mal den Wechselrichter ein. Danach sind wir beide ziemlich verschwitzt, da beide Tätigkeiten in praller Sonne, bei mir auch noch hinter Glas stattfanden. Als wir dann um viertel nach fünf bei IVECO auftauchen, ist natürlich nichts da. Eine Stunde später die frohe Botschaft, aber nun muss noch die Rechnung geschrieben werden. Kein leichtes Unterfangen, da wir ja eine deutsche Adresse haben, die sich nicht so leicht in die spanische Maske einfügen lässt. Wolfgang wird allmählich ungeduldig. Mich wundert es eh, dass er sich so zusammenreißt, haha. Um halb sieben können wir aufjubeln, 80 Euro später sind wir Besitzer des neuen Fußschalters. Nun schnell wieder an den Strand von gestern, einmal die Promenade rauf und runter und dann gibt es seit langem mal wieder einen frischen Salat mit Garnelen!

Während ich am Vormittag mal wieder die Bude saubermache, widmet sich Wolfgang dem Einbau des Schalters. Alles klappt vorzüglich, so dass einem Strandbesuch nichts im Wege steht. Mit Tüchern und Büchern bepackt gehen wir die paar Meter zum feinen Sandstrand. Doch wir sind noch nicht ausgezogen, als uns schon Übles schwant. Und wirklich, der Wind weht hier so kräftig, dass das eher an Sandstrahlen erinnert, als an Baden. Wolfgang gibt nach wenigen Minuten stinksauer auf, ich halte bestimmt eine halbe Stunde durch. Allerdings mit dem Ergebnis, dass in jeder Körperöffnung, in den Haaren und in jeder Falte Sand steckt. Am Auto bürste ich mich erst mal so gut es geht ab, beim anschließenden Duschen merke ich jedoch, dass es sehr schwierig ist den Sand von der Kopfhaut weg zu bekommen. Wenigstens brauchen wir keine Angst mehr zu haben, in der Dusche auszurutschen!

Wir brauchen nun etwas Ruhe und fahren deshalb ein bisschen die Küste entlang bis wir in Manilva den Camping La Bella Vista finden, wo wir uns für zwei Tage einmieten. Länger wollen wir uns für 31 Euro die Nacht (Nebensaisonpreis!) nicht leisten. Der Wind ist nicht ganz so heftig und dank des Kiesstrandes können wir hier mal in Ruhe lesen. Das Wasser ist allerdings arschkalt, einmal untertauchen mehr ist nicht drin.

 

Ausschlafen, Strandspaziergang, lesen, baden und bisschen Dachfenster putzen, mehr passiert heute nicht.

Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg. Über die kostenlose Autovia fahren wir in ein riesiges Einkaufszentrum bei Marbella. Wir brauchen ganz dringend was zum Essen, einen Nagelzwicker, unseren hat Wolfgang diebstahlsicher aufgeräumt, und etwas luftiges zum Anziehen. Als wir alles zu unserer Zufriedenheit erledigt haben, geht es recht kurvig hinauf in die Berge. Unser Ziel sind die Stauseen bei Ardales, denn von dort beginnt der einstmals gefährlichste Klettersteig der Welt! Der Caminito del Rey wurde vor gut 150 Jahren für die Arbeiter der Zugstrecke nach Málaga gebaut, die über den atemberaubenden Steig hoch in der Schlucht des Guadalhorce Material und Lebensmittel hin- und hertrugen. Doch im Laufe der Zeit ist der Beton weggebröselt , Geländer verrostet und dadurch sind etliche Menschen zu Tode gekommen. Im Jahr 2000 wurde er gesperrt und 15 Jahre später aufwendig restauriert und wieder für die Öffentlichkeit freigegeben. Aktuell kostet er 10 Euro pro Person und man muss sich mindestens drei Monate vorher online um Karten bemühen. Wir haben ganz schön dumm geschaut, als wir vor zwei Tagen ganz ahnungslos für morgen Karten reservieren wollten. Anfang Oktober waren die ersten freien Plätze! Ein bisschen Recherche ergab dann, dass täglich 50 Karten frei verkäuflich sind, allerdings sollt man spätestens in der Früh um Acht am Kassenhäuschen sein. Und das ist knapp drei Kilometer vom Parkplatz entfernt. Okay, nach einem erfrischenden Bad im See gehen wir früh ins Bett, denn um sechs Uhr wird der Wecker klingeln…

 

Wir haben nicht viel geschlafen, aber nicht vor Aufregung, sondern weil es extrem heiß war. Zum Frühstücken ist auch nicht viel da, da das Brot angeschimmelt ist. Na das geht ja schon gut los. Bei morgendlicher Kühle wandern wir kurz nach sieben Uhr los und tatsächlich ist schon ein französisches Paar vor uns da, natürlich auch ohne Karten. Wir fragen dann den Nüsschenverkäufer, wann denn die Kasse aufmacht und der macht uns viel Mut: Um halb zehn, aber für heute und morgen gäbe es eh keine Karten mehr. Aber davon wollen wir uns lieber selbst überzeugen. So nach und nach trudeln immer mehr Leute ein, fast alle ohne Karten. Wir sind gespannt. Dann kommt endlich das Personal, hängt aber erst mal das ganze Souvenirzeug am Häuschen aus und pünktlich um halb zehn geht es los. Die mit Karten links, der große Rest rechts. Aha! Und dann zu unserer Überraschung bekommt jeder von uns eine Karte und einen Helm. Im Helm steckt ein Netz als Hygieneschutz und als wir das alle anziehen, sehen wir aus, wie ein OP-Personal auf Betriebsausflug. Über Holzstege mit riesigen Geländern geht es dann in die Schlucht. Die Landschaft ist fantastisch, vor allem der Tiefblick und auch die Menschenmenge zerstreut sich Gott sei Dank schon bald. Doch den ganzen Weg hätte auch meine Oma mit Krückstock zurücklegen können. Es ist nicht mehr als eine leichte, wenn man sich viel Zeit lässt, knapp zweistündige Wanderung. Aber den Helm muss man die ganze Zeit aufhaben, überall stehen durchgestylte spanische Jungs rum, die das alles überprüfen. Man kommt dann in El Chorro raus, von wo wir mit einem Bus in einer halben Stunde zum LKW zurückfahren. Hier geht es für uns umgehend zum See, damit wir uns den Angstschweiß runterwaschen können! Übernachtet wird dann kurz vor Campillos an einem anderen Stausee, aber leider gibt es hier keinen Zugang.

In Campillos müssen wir einkaufen und stellen fest, dass wir 2014 auch hier durchgekommen sind. So ein Zufall, denn der Ort hat nicht viel zu bieten. Bei 37° im Schatten setzen wir unsere Reise in den Norden fort, wir schwitzen und die ewigen Olivenplantagen sind dann auch irgendwann öde. Am Spätnachmittag erreichen wir Córdoba, wo wir uns auf dem zentral gelegenen Womo-Stellplatz installieren. Wir gehen auch gleich in die Stadt, spazieren ziellos durch die Gassen der Judería, mit den einstöckigen Häusern und den kleinen schwarzen, schmiedeeisernen Balkonen. Rote Geranien setzen Farbtupfer. Ab und an können wir einen Blick in einen schattigen Patio werfen. Da kommt einfach die maurische Architektur zum Vorschein. In der angenehm kühlen Fußgängerzone, sie ist mit Segeltuch überdacht, setzen wir uns in eine Bar und beobachten die Córdobaner. Die älteren Damen vornehm gekleidet und frisch gefärbt, die jungen Männer mit modischen Frisuren, perfekt gestylten Bärten und die Mädels , egal welche Figur, in kurzen Shorts und alle miteinander immer laut. Ein bisschen halten wir noch durch und schlendern rum, lassen uns zu Bier und Sangría verleiten und danach machen wir einfach schlapp. So viel Hitze sind wir einfach nicht mehr gewohnt!

 

Nach einer weiteren schlechten Nacht quälen wir uns aber doch aus dem Bett. Wir wollen zuerst zur Synagoge, danach in die Mezquita, Alcazár und so weiter. Doch die Synagoge ist wegen Restaurierung geschlossen, in der Mesquita sind Gottesdienste und sie macht erst um drei Uhr wieder auf und vor der Festung steht eine ziemlich lange Schlange. Gut wir stellen uns hinten an, es geht dann doch schneller als erwartet. Allerdings sind wir etwas enttäuscht. Eine Kirche mit Mosaiken und ein Turm sind zu besichtigen. Durch die vielen Besucher dauert es aber recht lange, bis wir die enge und steile Wendeltreppe rauf und dann wieder runter kommen. Der schön angelegte Garten entschädigt etwas, aber wir sind durch die Leute etwas genervt. Als wir dann draußen Eis essen wollen, verschlägt es mir fast die Sprache: eine Kugel Eis für 2,50 Euro! Das können sie selber essen. Mit Córdoba und Spanien überhaupt werden wir nicht so richtig warm und deshalb fahren wir lieber weiter und finden bei Fuencaliente einen kleinen Picknickplatz mit Brunnen, wo wir nach dem Abendessen noch eine kleine Wanderung zu einem Miniwasserfall machen können.

Ein weiterer Fahrtag beginnt! In der Park4Night-App haben wir südlich von Toledo an einem Stausee nahe von Layos einen Stellplatz entdeckt und den steuern wir nun an. Und schon wieder sind gute 200 Kilometer geschafft. Die letzten Kilometer geht es über eine ausgewaschene Piste, dafür haben wir direkten Seezugang. Das Wasser ist angenehm warm, etwas morastiger Untergrund, da lasse ich lieber meine Outdoorsandalen an! Am Abend können wir einen Wahnsinnssonnenuntergang erleben. Fast schon kitschig wird es, als ein Gänsepaar in unsere Bucht schwimmt, am Ufer nach was Fressbaren sucht und dann wieder gemeinsam von dannen weiterpaddelt.

 

Heute wollen wir mal die 300-Kilometer-Marke schaffen. Doch zuerst wird eine kleine Laufeinheit eingelegt, denn das ewige Rumgesitze macht sich an den Hüften schon ganz schön bemerkbar. Das hat allerdings zur Folge, dass wir nicht so arg früh loskommen und mal wieder mittags im Auto sitzen. Wir sind gerade etwas stadtmüde und fahren zwar durch Toledo durch, halten allerdings nur an ein paar Ampeln an. Dabei sehen wir, dass es eine tolle Stadt ist und merken sie uns für später mal! Um Madrid machen wir einen ganz großen Bogen und fahren über die kostenlosen, aber sehr gut ausgebauten, vierspurigen Autovías nach Soria, eine Kleinstadt mit viel spanischem Flair und laut Reiseführer wenig Touristen. Am Duero ist ein schöner Stellplatz, in wenigen Minuten sind wir in der Stadt. Trotz mehrerer Einkaufszentren am Stadtrand, gibt es hier in der Fußgängerzone und den angrenzenden Gassen eine lebhafte Einkaufsszene und jede Menge netter Bars. So was würde ich mir auch mal für Rosenheim wünschen, aber dort wird ja behauptet, ein Einkaufszentrum würde die kleinen Läden in der Innenstadt kaputt machen. Wenn es in Frankreich, Portugal und Spanien funktioniert, warum dann nicht bei uns? Egal, wir bummeln durch die Stadt, genießen leckere Tapas mit einem kühlen Weißwein und sind überrascht von den vielen Leuten, die hier am Spätnachmittag zuerst ihre Einkäufe erledigen und danach die Bars bevölkern. Tolle Stimmung! Nebenbei: eine Kirche haben wir uns auch noch angeschaut, nicht, dass jemand denkt, wir wären Kulturbanausen.

Und mit Kultur beginnt auch der heutige Tag! Gleich nebenan ist das Monasterio de San Juan de Duero. Diese Klosterruine stammt aus dem 12. Jahrhundert und das besondere sind die Säulen des Kreuzgangs. Denn jedes Kapitell ist anders. Zum Teil noch sehr gut erhalten, bei anderen hat die Witterung schon daran genagt. Wir sehen Ornamente, Blüten, kleine Alltagsszenen oder religiöse Motive. Das Gleiche entdecken wir in der Kirche, nur dort geht es etwas rauher zu: Köpfe werden abgeschlagen, es wird an den Haaren gezogen oder einer streckt die Zunge raus. Anschließend fahren wir nach Calatanazor, ein sehr gut erhaltenes, mittelalterliches Dörfchen. Es soll hier noch 73 Einwohner geben, doch davon haben wir nur drei alte Männer gesehen, die sich im Schatten eines Balkons niedergelassen haben. Das Dorf sieht wirklich aus, wie aus der Zeit gefallen. Kleine, gedrungene Häuschen teilweise mit Fachwerk, teilweise aus Stein, mit winzigen Balkonen. Rote Geranien sorgen für Farbtupfer. Kopfsteingepflasterte Gassen und die unvermeidliche Burg tragen zum Ambiente bei. Angeblich wurde hier ein Teil von „Doktor Schiwago“ gedreht, bei mir hat es aber nicht Klick gemacht, obwohl ich den Film etliche Male gesehen habe. Schön ist es trotzdem hier! So, nun geht es aber hurtig nach Pamplona, unserer letzten Station in Spanien. Wir steuern wieder denselben Parkplatz wie letzten Herbst an und als wir die Heckgarage aufsperren, bricht das Schloss auseinander. Na super! Zudem kommt noch eine Frau, die uns darauf hinweist, dass hier nur Anwohner parken dürfen und eventuell die Polizei kommt und kontrolliert. Egal, wir müssen jetzt noch in die Stadt, wir brauchen eine Eisenwarenhandlung. Nach hundert Meter werden wir schon fündig. Mit Händen und Füßen erklären wir, was wir brauchen und bekommen dann für 50 Euro ein wirklich stabiles Riegelschloss. Also wenn das jetzt nicht hält! Für die für uns wichtigen Schlossschrauben werden wir in eine andere Eisenhandlung geschickt, auch dort alles super. Da brauchen wir doch gleich zur Belohnung wieder Tapas mit Wein. Wir treiben noch durch die nun angenehm kühlen Gassen Pamplonas, bevor wir uns auf den Weg zum Aufzug machen, der uns von der Altstadt runter zum Parkplatz bringt. Vorsichtshalber steuern wir noch einen Stellplatz am Stadtrand an, man weiß ja nie!

 

Was ist das? Der Nebel hängt in den umliegenden Bergen und alles ist grau, dafür aber auch schön kühl. Wir finden Gott sei Dank noch eine Tankstelle, wo wir für 1,129€ den Liter Diesel bekommen. Da werden beide Tanks noch mal randvoll getankt, denn in Frankreich liegt der Liter bei Minimum 1,45€! Dann fahren wir durch das grüne und recht hügelige Baskenland, kommen aber nie aus dem Nebel raus. Schade, denn letzten Herbst war es das Gleiche. Bei Hendaye überqueren wir die französische Grenze und stehen dann kurz vor dem Ziel erst mal in einem Stau. Doch endlich können wir auf dem Stellplatz in St. Jean de Luz einparken. Idyllisch gelegen zwischen einer vierspurigen Straße und der TGV-Strecke! Wenigstens fallen wir zwischen der Weißware auf. In der Stadt beginnt morgen das Stadtfest und aus dem Grund haben fast alle Geschäfte ihre Waren reduziert und dementsprechend ist was los hier. Ich muss mir auch glatt ein Zweitkleid zulegen. Das mit Frankreich fängt schon gut an, ist eh mein Lieblingsland!

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Marokko 31.05. - 10.06.2018

Nach dem Frühstück verabschieden wir uns an der Tankstelle von Karin und Theo. Schön war’s mit den beiden, hoffentlich treffen wir uns mal wieder! Über eine schnurgerade Straße geht es für uns nun nordwärts. Die Fahrt ist nicht besonders aufregend. Ein Getreidefeld löst das andere ab, es ist brettleben und wir passieren nur wenige Ortschaften. In einer davon lassen wir endlich wieder den Hiasl saubermachen. Eine Stunde geht da gleich mal rum. Aber das Ergebnis ist mehr als dürftig: Auf den Fenstern wurde mit einem Mop der Dreck verrieben, an den Tanks klebt noch der Batz und die Frontscheibe hat deutlich mehr Schlieren als zuvor. Dafür ist jedoch der hintere Reservereifen picobello sauber! Tja, das ist halt Marokko. Kurz vor Oued Zem biegen wir auf einen Feldweg ab und parken auf einer ebenen Fläche. Nach einem ausgiebigen Abendspaziergang und feinem Abendessen, gehen wir früh ins Bett. Mitten in der Nacht klopft es kräftig an der Tür. Als Wolfgang nachsieht, stehen zwei Polizeibeamte vor dem Auto und meinen, dass es hier nicht sicher sei und wir sollen doch in die Stadt zum Schlafen fahren. Dazu haben wir aber jetzt gar keine Lust und beteuern, dass wir uns hier sehr sicher fühlen. Gott sei Dank, ziehen sie dann endlich ab. Bei mir dauert es allerdings, bis ich wieder einschlafen kann, grr.

Endlich hört die langweilige Landschaft auf, kleine Hügel tauchen auf, die Getreidefelder werden kleiner und auch wieder mit der Sichel geerntet, duftende Kamille säumt die Straße. Bei einem Stopp laufe ich etwas rum und sehe relativ große und sehr saubere Bauernhöfe. Es ist sehr idyllisch hier! Wir erreichen einen Fluss, der auch noch Wasser führt und an dessen Ufer der Oleander üppig blüht. Obwohl wir erst 40 km gefahren sind, beschließen wir hier zu bleiben. Das Wasser ist bacherlwarm, aber leider nicht tief genug zum Baden. Als ich am Ufer entlang gehe, entdecke ich eine ganze Familie von Wasserschildkröten. Sobald ich mich bewege, tauchen sie allerdings ab. Es ist echt toll hier, außer Froschgequake und Vogelgezwitscher hören wir hier nichts! Leider hat sich heute unser Wechselrichter verabschiedet, d. h. wir haben keine 220 Volt mehr zur Verfügung und können somit den Foto, das Laptop und die E-Reader nicht mehr aufladen und auch diverse andere Geräte nicht mehr benutzen. Es kann also leicht sein, dass wir früher aus Marokko rausfahren, als wir eigentlich wollen oder müssen.

Unser heutiges Ziel ist die heiße Quelle bei Tarmilat. Wir fahren durch die tolle Mittelgebirgslandschaft der Pays Zaër Zaïne nach Moulay Bouazza. Über eine ausgefranste, schmale  Teerstraße folgen wir dem Navi, das uns einen ziemlichen Umweg nach Tarmilat aufzeigt. Da sehen wir eine nicht eingetragene Piste, die in etwa in unsere angestrebte Richtung geht. Die wollen wir ausprobieren. Sie ist schmal und ziemlich ausgewaschen, quert mehrere trockene Flüsse, bis wir wieder auf eine kleine, geteerte Straße treffen. Wir fragen einen Mopedfahrer, wie wir nach Tarmilat kommen und er erklärt uns, dass wir weiter vorne den zweiten Abzweig nehmen müssen. Also gut. Der erste wäre zwar geteert und der zweite nur ein schmaler Feldweg, aber wir vertrauen dem Einheimischen und das war auch gut so. Wir müssen noch einen Fluss furten, uns durch engstehende Bäume hindurch winden, bevor wir zu einer sehr steilen Auffahrt kommen, die uns wieder auf die Teerstraße führt. Als wir die eigentliche Brücke zu Fuß inspizieren, sehen wir, dass diese nur zur Hälfte fertiggestellt ist, weswegen wir die Furt nehmen mussten. In zahlreichen Kehren geht es nun mit oft 30%iger Steigung hinauf nach Tarmilat. Wir fragen einen Einheimischen nach den heißen Quellen und er meint, das seien ca. 500 Meter. Okay, wir parken den LKW und machen uns auf die Socken. Steil geht es 500 Höhenmeter hinab in eine Schlucht. Ich bin sauer, da ich nur Birkenstocksandalen anhabe, was nicht wirklich Spaß macht bei dem Gelände. Nach einer Stunde sind wir unten angelangt und es erwarten uns zwei gruselige Badewannen, in die ein spärlicher Strahl heißen Wassers tröpfelt! Ich verzichte gleich, aber Wolfgang stellt sich tapfer in das Tröpfchenbad, bevor wir uns umgehend an den Aufstieg machen. Eine gute Stunde später habe ich es geschafft, durchgeschwitzt und durstig. Bald darauf fahren wir an schönen Lavendelfeldern, die an die Provence erinnern, vorbei nach Oulmès, wo wir noch schnell Wasser und Lammkoteletts kaufen und finden kurz danach eine gute Stelle zum Schlafen. Was wir uns auch nach der heftigen Spontanwanderung verdient haben.

Allmählich verlassen wir die Pays Zaër Zaïne mit den blühenden Feldern und erreichen ein karges Hochplateau, auf dem viel Schaf- und Ziegenherden weiden. Kurvig geht es weiter nach Mrirt, eigentlich ein netter Ort, aber bedingt durch den Ramadan ist es wie ausgestorben. Im Suq finden wir ein paar offene Stände, wo wir unsere Vorräte auffrischen können. Also momentan geht uns der Ramadan ganz schön auf die Nerven. Das quirlige Leben in den Ortschaften fehlt uns, man kann nicht mal spontan einen Minztee trinken, durch die verschlossenen Tore allerorts wirken die Dörfer wie Geisterstädte. Wir wollen weiter nach Azrou, aber nicht über die Hauptstraße, sondern über eine Piste. Doch die angestrebte hört an einer Kreuzung plötzlich auf. Also nehmen wir kurzerhand eine, die eigentlich nur als Fußpfad eingezeichnet ist und hoffen, dass wir durchkommen. Der Regen hat sie ziemlich ausgewaschen und die Steineichen lassen den Hiasl geradeso noch durch. Ein paar weitere Kratzer sind nicht zu vermeiden. Aber das tut uns schon lange nicht mehr weh! Bis auf einen Hirten sehen wir den ganzen Tag keinen Menschen. Auf einem Plateau auf ca. 1500 m Höhe ist der ideale Übernachtungsplatz für uns, auf einer Felsdurchsetzten Wiese umgeben von mächtigen Steineichen. Einfach toll!

 

Bei tollem Wetter hangeln wir uns langsam die Piste rüber nach Aïn Leuh. Je näher wir an den Ort kommen, umso öfter sehen wir kleine, einfache Unterkünfte mit großen Viehpferchen, die nur mit Zweigen begrenzt sind. Die Schafe und Ziegen sind jetzt natürlich auf der Weide, ihre Hirten liegen im Schatten von Steinen und sehen uns an, als ob wir von einem anderen Stern kommen. Drei Männer bohren einen Brunnen, mit reiner Körperkraft; als sie uns sehen, läuft einer , so schnell er kann, auf uns zu und deutet, dass er Schuhe braucht. Aber Wolfgang kann leider keine entbehren, er musste ein Paar schon in Tafraout reparieren lassen. Wir müssen in eine Ortschaft, weil unsere SIM-Karte abgelaufen ist. Für ca. 4,50€ erhalten wir wieder für 30 Tage ein 5 GB Volumen. Zur Abwechslung machen wir heute ganz was profanes: wir folgen der „Route touristique des Cèdres“. Zuerst schrauben wir uns hinauf auf 1800 m und erreichen ein Hochplateau mit vielen Schafherden und kleinen Seen, gefolgt von Steineichen- und Zedernwälder. Ganz ungestört können wir eine Familie von Berberaffen beobachten. Sie lassen sich nicht durch uns stören und gehen ihrer normalen Tätigkeit nach d. h. fressen und lausen. Beim sog. Monkey Forest halten wir nicht an, zuviele Touristen und die Affen betteln  um Futter, welches die Einheimischen praktischerweise in kleinen Beuteln verpackt verkaufen. Über einen sehr steilen, groben Kiesweg erreichen wir von hinten den Campingplatz Amazigh bei Azrou. Hier hätten wir uns gerne Rat bei Hassan, der in Köln Elektrotechnik studiert hat, wegen unseres Wechselrichters geholt, doch wir erfahren leider, dass er mit einem Schlaganfall im Krankenhaus liegt. 

Schon wieder grauer Himmel, da fällt uns ein Fahrtag nicht allzu schwer. Wir verlassen nun den Mittleren Atlas, fahren an Fès vorbei und nehmen die N8 Richtung Rif-Gebirge. Zuerst war es ein bisschen langweilig, doch dann kurven wir durch viele kleine, kegelige Hügel, die bis zum höchsten Punkt mit Getreide bewachsen sind. Ab und zu ein Bauernhof, wenig Orte, aber auch kaum Möglichkeiten zum Stehenbleiben. Doch am Fluss Leben werden wir fündig. Wolfgang springt gleich noch in die Fluten, mir ist das Ufer dann doch zu matschig. Dafür lerne ich auf einem Spaziergang Maria kennen, ein ca. 12-jähriges Mädchen. Allerdings spricht sie kein Wort französisch oder spanisch. Die Unterhaltung gestaltet sich also sehr schwierig. Als mit Händen und Füßen alles gesagt ist, schweigen wir uns an. Aber für sie kein Grund mal wieder nach Hause zu gehen. Sie fragt: Tablet? Als ich nicke, deutet sie, ich solle es ihr zeigen. Mach ich, aber nun will sie es geschenkt. Das mach ich nicht. Beim Handy verneine ich gleich mal. Ich bin müde, winke ihr zu und verziehe mich ins Auto.

 

Die N8 wird zunehmend schlechter. Ein Schlagloch reiht sich ans andere. Da wäre uns jede Piste lieber. Interessant ist dann die Stadt Taounate: vom Ortseingangsschild geht es in vielen Kehren recht steil ca. 200 Hm auf einen Berg hinauf. Dort ist dann die Ortsmitte und sofort geht es danach genauso wieder runter. Eigentlich halten wir ja Ausschau nach einer Werkstatt wegen des Ölverlusts, aber irgendwie scheint Wolfgang keine so richtig vertrauenswürdig. Überhaupt muss heute der Hiasl ganz schön arbeiten, denn das ist nicht der einzige Berg. Und dann sehen wir sie: gleich direkt neben der Straße beginnen die berühmten Hanffelder des Rif-Gebirges. Nicht etwa versteckt in Getreidefeldern oder so, nein ganz offen und schön mit tausenden von Metern Bewässerungsschläuchen versehen. Offizielle Schätzungen gehen von 80- bis 100.00 Hektar Anbaufläche aus, inoffizielle gar von 250.000 Hektar (Wikipedia). Und ab jetzt können wir uns von Haschischangeboten kaum mehr wehren. Aus jedem Auto, das uns entgegenkommt, wird eine Hand mit einem Päckchen rausgestreckt oder es werden eindeutige Rauchgesten gemacht. Ebenso bei denen, die uns überholen, meist mehrfach oder bei eigentlich allen Männern auf der Straße. Fotopausen sind deshalb sehr stressig! Wir kommen durch Issaguen (Ketama), der Hauptstadt des Kiffs. Der Ort, wie auch die anderen wirkt ziemlich runtergekommen und schmuddelig. Die Stände fürs abendliche Fressen werden gerade aufgebaut und es geht dementsprechend zu und es wird manchmal ganz schön eng für uns. Wir sind froh, als wir endlich auf ein kleines Sträßchen Richtung Mittelmeer abbiegen, denn die ganze Anmache geht einem dann doch auf die Nerven. In El Jebha soll es angeblich einen Campingplatz geben. Wir bräuchten mal wieder Strom, aber das war einmal. Also nächtigen wir halt in einem etwas vermüllten Kiefernwäldchen am Ortsende.

Über die sehr gut ausgebaute „Rocade Mediterranée“ fahren wir nur wenige Kilometer nach Amtar, ein kleines Fischerdörfchen mit einem netten Strand. Zum Baden ist uns aber der Wind zu kalt, also spazieren wir am Strand entlang. Ein kleines Fischerboot fährt ein und wie aus dem Nichts erscheinen auf einmal an die 10 Männer und mit vereinten Kräften ziehen und schieben nun an die 12 Mann das Boot über hölzerne Kufen an Land. Anschließend wird von allen der Fang begutachtet und aufgeteilt. Sehr interessant! Später besuchen uns mehrere Horden von Kindern. Immer das gleiche Schema: der mutigste wird vorgeschickt: Bonjour, ça va? Und mehr ist meist nicht drin. Vielleicht noch, dass wir aus Deutschland kommen. Ja, da wollen alle auch hin, wenn sie groß sind. Und nun das eigentliche Thema: alle möchten Geld von uns, klar wir haben ja einen Goldesel dabei. Wenn wir verneinen, dann wenigstens ein T-Shirt oder Schuhe oder, oder. Leider sind nicht nur die Kinder so. Wir wurden oft genug von Erwachsenen um Geld angegangen, aber auch um Bier, Whiskey, Zigaretten. Weiße Hautfarbe, großes Auto, da muss Geld da sein. Damit wir vorwärts kommen, fahren wir am Spätnachmittag noch weiter bis nach Oued Laou, wo wir am nördlichen Ende der Strandpromenade einen ruhigen Parkplatz entdecken.

 

Unsere letzte marokkanische Großstadt steht heute auf dem Programm: Tetouan. Unweit der Altstadt soll ein Parkplatz sein, ja, aber eine Tiefgarage. Hmm, wir dürfen aber neben der Einfahrt stehen bleiben. Tja, in Marokko gibt es für alles eine Lösung. Wir spazieren gleich zum Place Hassan II., wo sich auch der Königspalast befindet. Ist er etwa da? Denn der ganze Platz ist mit Zäunen abgesperrt und es sind viele Polizisten unterwegs. Wir tauchen in die Medina ein, die sich mit ihren weißgekalkten Häusern den Hang hinaufzieht. Als wir im Gerberviertel sind, können wir gar nicht bis drei zählen und schon haben wir uns einen Führer aufgehalst. Doch er ist gut! Für 100 DH - gut 9 Euro - zeigt er uns in ca. zwei Stunden alles was man gesehen haben muss, wie die verschiedenen Suqs, die große Moschee und deren Eingänge, die Mellah, das vormals jüdische Viertel, alte Brunnen, den größten Friedhof, Stadttore u.v.m. Er kennt sich auch in der Geschichte aus, erklärt uns den Gerbvorgang und einen Apparat für die Djellabah-Herstellung. Doch irgendwann geben wir auf, es ist heiß und wir haben Durst, doch Ramadan! Es ist gerade Gebetszeit und plötzlich treffen wir auf eine Gasse, in der an die hundert Männer auf ihren Gebetsteppichen knien. War in der Moschee kein Platz mehr? Sie knien so dicht, dass wir nicht durchkommen, da gibt auch Abdul auf und wir warten ein paar Minuten, bis der Ruf des Muezzin ertönt und sich alle mehr oder weniger schnell davonmachen.  Auf dem Weg hinaus zum Auto kommen wir durch eine endlos erscheinende Gasse, wo Gebrauchtwaren aller Art verhökert werden. Doch leider können wir keine alten Pfannen oder uralte Handyladegeräte gebrauchen. Dafür greifen wir noch mal bei den Ständen mit den Süßigkeiten zu, die schon für das tägliche Fastenbrechen aufgebaut werden. Unweit der Stadt, in Mdiq, stellen wir uns für ein paar Dirham auf den Parkplatz an der Strandpromende, schauen noch den einlaufenden Fischerbooten zu und können einen tollen, roten Seestern bewundern!

Hier sieht es aus wie in einem Badeort in Spanien. Zweispurige, topbeleuchtete Straßen, Bettenburgen, geschleckte Strandpromenade, moderne Cafés, Bars und Restaurants (natürlich jetzt alle geschlossen, grr), nur das Ganze ohne Leute. Da verzeihen wir uns lieber in die quirlige Altstadt und kaufen noch ein letztes Mal auf dem Markt ein, bevor wir den LKW wenige Kilometer weiter auf einem etwas abgelegeneren Parkplatz in Fndiq abstellen. Wir hinterlassen leider immer ein Ölpfützchen, wenn wir das Auto abstellen. Da muss Wolfgang mal wieder ran. Und ich darf die Handlangerarbeiten machen: einen 19er Gabel-Ringschlüssel, einen 24er Gabelschlüssel, Lumpen, einen Schraubenzieher und so geht das an die zwei Stunden. Die Sonne brennt zwar runter, aber gleichzeitig geht wie immer ein heftiger Wind. Als wir nach Beendigung der Arbeiten uns noch an den Strand legen und lesen wollen, geben wir nach fünf Minuten auf. Der Wind geht hier so stark, dass wir regelrecht frieren und das Mitte Juni in Marokko! Es ist zum Verrücktwerden! Also machen wir es uns im Auto gemütlich, zwei Flaschen Wein sind noch im Lager…

 

Wir wollen heute eigentlich noch mal den LKW waschen lassen und tanken. Doch keine der angegebenen Tankstellen auf unserer Karte gibt es. Dann endlich eine, doch keine Kartenzahlung möglich, fürs Waschen verlangt er doppelt bis dreifach so viel wie sonst immer. Nein, danke. Wir vertanken hier unsere restlichen Dirham und bei der Nächsten noch den Rest mit Karte. Irgendwie reicht es uns gerade mit Marokko und so beschließen wir spontan nach Tanger Med zu fahren um mit der Fähre um 16 Uhr nach Spanien überzusetzen. Wir sind mit dem ganzen Prozedere in 10 Minuten durch, denn außer uns sind nur eine Handvoll Autos da. Somit stehen wir um 14:45 am Anleger. Links und rechts von uns legt eine Fähre nach der anderen an und wieder ab, bloß bei unsere nicht. Wir haben also viel Zeit zum Stricken, zum Lesen, zum Abendessen. Um halb acht taucht dann endlich das Schiff auf. Es fahren ein paar LKWs und diverse Reisebusse und zwei PKWs runter. Dann ist erstmal Fastenbrechen und danach dürfen die sieben PKWs, ein Motorrad, zwei LKWs und wir rauffahren und um 21 Uhr legen wir schon ab! Mit der Zeitverschiebung erreichen um 1:30 einen Parkplatz am Strand von Algeciras, wo wir todmüde und halb erfroren, wegen der Klimaanlage auf dem Schiff, ins Bett fallen.

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Marokko 13.05. - 30.05.2018

Muttertagsausflug! Dazu fahren wir in das Tal von Aït Mansour, wo sich in einer engen Schlucht eine malerische Palmenoase befindet. Auf dem Parkplatz lassen wir den Hiasl stehen und holen dafür mal nach langer Zeit wieder die Räder runter. Zuerst müssen wir sie allerdings vom Schmutz befreien. Doch dann kann es auch schon losgehen. An kleinen Ansiedlungen vorbei radeln wir auf der engen Straße am Fluß entlang durch die Oase. Als dann die Palmen enden, geht es hinauf auf einen Minipass, wo man schon die nächste Ortschaft sieht. Und dann wieder runter und so fort. Es ist heiß und die Räder laufen nicht so gut, wegen dem Dreck auf der Kette, in der Schaltung, was den Spaß etwas beeinträchtigt. Also drehen wir um, denn nun müssen wir ja bergauffahren. Hundert Meter vom Auto gibt es ein paar schöne Gumpen, die Dorfjugend hat sich auch gerade verzogen, so dass wir hier noch ein herrliches Bad nehmen können. Danach lenken wir den LKW durch das tiefhängende Blätterdach. Auch hier kann im Reiseführer nachgebessert werden, mit 3,50 m Höhe hat man noch keine Probleme. Wir schwenken dann auf die Piste nach Ukas ein, wohin wir die letzten acht Kilometer einer arg steinigen Piste folgen. Dafür haben wir einen traumhaften Übernachtungsplatz und können bis spät am Abend lange den Sternenhimmel ohne lästiges Streulicht bestaunen.

Heute Morgen machen wir uns zeitig auf die Felsgravuren von Ukas zu entdecken. Obwohl wir schon mal hier waren (2000), erinnern wir uns nicht mehr so richtig. Aber ganz hinten in der Schlucht werden wir fündig und sehen relativ gut erhaltene Abbildungen von Rindern und Antilopen. Die Route nach Icht, eine kleine Palmenoase im Süden, geht nun direkt im (trockenen) Flussbett weiter. Manchmal müssen wir ein bisschen suchen, wenn die Piste plötzlich vor einem Uferabbruch endet. Wegen der großen Kiesel kommen wir nur langsam voran. Aber das macht gar nichts, denn die Berge links und rechts mit den vielfarbigen Bändern und den interessanten Aufwerfungen sind einfach toll zum Anschauen. Bei der Kaffeepause bemerken wir leider, dass die Lüftung unserer Toilette nicht geht und das ist ein No-Go, ein Angriff auf unsere Geruchsorgane. Also statt gemütliche Pause im Schatten, Klo auseinanderbauen, ewige Fehlersuche, bis wir den Übeltäter haben: im Lüfterrad ist ein Minibrösel drin. Wolfgang bläst mit Druckluft durch und siehe da, alles funktioniert wieder reibungslos! Wir sind dann fast enttäuscht, als wir auf die Teerstraße treffen. Dafür erreichen wir bald Icht und fahren schon wieder einen Campingplatz an, denn der hat einen Pool und da freuen wir uns bei 35° so richtig drauf. In dem Fall ist es gut, dass wir mal wieder die einzigen Gäste sind, so gehört uns der Pool ganz alleine.

Heute haben wir nicht so gut geschlafen, denn es kam ein starker Wind auf und ein paar Palmblätter haben ganz grässlich am Auto gekratzt. Auch am Morgen ist der Wind noch genauso heftig, so dass wir kaum unser Hörbuch verstehen, wir kleben mit den Ohren fast am Tablet! Heute sind wir faul, bleiben noch einen Tag hier, schwimmen und machen gegen Abend einen Spaziergang in den etwas verlassen wirkenden Ort. Wir finden dann noch einen kleinen Platz, wo Obst und Gemüse auf Planen am Boden liegt und wir noch was Frisches einkaufen können. Zu Hühnerfleisch nehmen wir heute Abstand, denn die müssten wir erst noch schlachten, rupfen und ausnehmen.

 

Unser Thermometer zeigt heute nur 20° an, der Himmel ist bedeckt, was ist da los? Ich geh‘ trotzdem noch mal schwimmen, Wolfgang gehört heute eher der Warmduscher-Fraktion an. Wir fahren nun weiter in westlicher Richtung und sehen nach Aït Herbil ein Schild an der Straße, das auf Felsgravuren - mal wieder - hinweist. Es geht ca. einen Kilometerauf einem Feldweg rechts ab, am Parkplatz stehen schon zwei französische Wohnmobile und wir werden auch gleich von einer älteren Dame in Empfang genommen. Was auch ganz gut ist, denn sie erklärt uns, wo wir die Gravuren finden und wir plaudern auch sonst noch ein wenig. Erstaunlich, wie gut mein Französisch geworden ist! Da hat sich die Plackerei beim Abitur doch noch rentiert. Auf dem kleinen Hügelkamm stoßen wir dann auch bald auf die kleinen Kunstwerke, wie immer viel Stiere, Antilopen und wahrscheinlich Tierfallen. Nur der Elefant kommt uns eher neuzeitlich vor. Er erinnert etwas an Benjamin Blümchen. Aber wir sind natürlich keine Experten und sowas wie Hinweistafeln gibt es in Marokko natürlich nicht. Dafür kostet es auch keinen Eintritt. Etwas später kommt in einem kleinen Laden die ganze Familie zusammen um uns zu bedienen. Ein bisschen Französisch, ein Lächeln und schon haben wir alle viel Spaß beim Erwerb von zwei Tüten Milch und ein paar Keksen. Bald darauf erreichen wir Amtoudi. Hoch oben auf einem Felssporn thront die alte Speicherburg Id Aïssa. In gut zwanzig Minuten stehen wir vor dem Eingang. Der erste ist noch offen, doch dann stehen wir vor einer geschlossenen Holztür und das Häuschen des Schlüsselverwalters ist leer. Tja, schade, aber zurück ins Dorf und nach dem Schlüssel fragen und wieder hinauf, das wollen wir auch nicht. So bestaunen wir die gut erhaltene Anlage eben von außen und wandern auf der anderen Seite wieder runter. Durch den Palmenhain hindurch kommen wir am Hiasl an und fahren noch ein Stück weiter in die Schlucht rein, wo wir übernachten.

Der Wind hat sich gelegt, der Himmel ist blau, so packen wir Badezeug in den Rucksack und gehen durch das steinige Flussbett die Schlucht hinauf. Sie wird immer enger, satt blühende Oleandersträuche  an jeder Ecke, die steil aufragenden, roten Felsen, Palmen und Arganienbäume machen den allmählich schweißtreibenden Aufstieg zumindest fürs Auge angenehm. Die Spannung steigt, als wir die ersten Gumpen sehen, doch wir wollen noch weiter. Es gibt kleine Wasserfälle, manche können wir nur hören, Frösche quaken und springen schnell ins Wasser, wenn wir uns nähern. Weit oben finden wir das optimale Becken für uns: man kann gut rein- und rausgehen, in etwa brusttief und gut 10 Meter Schwimmlänge. Ach ja und geschätzt 18/19 Grad. Also schön erfrischend! Der Hunger treibt uns dann leider zum LKW und nach einem Snack fahren wir durch Geisterorte, heute ist erster Tag des Ramadans, in die Oase Tighmert. Dort besuchen wir noch das Kasbah Museum. Mit dem Besitzer Habib haben wir eine Mordsgaudi, er bricht alle paar Minuten in laute Jubelrufe aus und umarmt uns dann immer wieder. Dann zeigt er uns ein altes deutsches Gebetbuch, das vor vielen Jahren sein Vater oder auch Großvater von einem deutschen General geschenkt bekommen hat. Und dieser hieß mit Vornamen Wolfgang. Als er uns später nach unseren Namen fragt, flippt er völlig aus, als Wolfgang seinen nennt. Und als wir dann auch noch Jutta Kleinschmidt (Rallye Paris-Dakar) auf dem Foto mit ihm erkennen, ist es ganz aus. Wir bekommen noch Tee, er und Salam müssen noch eine halbe Stunde warten!

Der Himmel ist bedeckt, also fahren wir nach Guelmim zum Marjane-Supermarkt um einen Großeinkauf zu starten. Die gleiche Idee hatten auch Karin und Theo, die auch mit ihrem IVECO in Marokko unterwegs sind. Wir plaudern ein wenig und beschließen dann zusammen zu den heißen Quellen zu fahren. Es wurde ihnen von einem Franzosen in Zagora empfohlen. Dazu fahren wir zuerst nach Abayoun. Doch das ist nicht das, was sie meinten, es muss in der Nähe von Fask sein. Wir geben nun diese Koordinaten ins Tablet ein und biegen in Fask auf die Piste ab. Für die acht Kilometer brauchen wir eine Stunde und stehen dann vor einem gefassten Bohrloch, aus dem heißes Schwefelwasser austritt. Bloß baden kann man darin leider nicht, zum Füße waschen ist es aber okay.

 

Heute am Samstag ist Kamelmarkt in Guelmim. Doch bis wir die Piste wieder rausgeschaukelt sind und uns in Guelmim ein paar Mal verfahren haben, kommen wir reichlich spät für den Viehmarkt an. Ein bissiges Dromedar versperrt den Eingang, die Leute haben Mordsrespekt vor dem Viech und wir warten auch, bis sie es mit Schlägen natürlich endlich durch das Tor gebracht haben. Drinnen sind noch ein paar Restziegen und ein größere Kamelherde zu besichtigen. Wir plaudern mit einem Mauretanier, der uns sein weißes Dromedar anpreist, aber eins ist Wolfgang zu wenig für mich. Auf dem angrenzenden Gemüsemarkt finden wir wie immer was. Es sieht halt einfach alles so gut aus!

 

Es fängt nun zu nieseln an und wir wollen in Mesti eine Frauenkooperative besuchen, die Arganienöl herstellt. Als wir dort ankommen fragen wir uns durch, doch leider ist sie wegen Bauarbeiten für zwei Monate geschlossen. Wohin jetzt? Nach Sidi Ifni, dort gibt es auf dem Flugfeld des geplanten oder schon wieder geschlossenen Flughafens viel Platz für unsere zwei Boliden. Am frühen Abend ist dann Remmidemmi in der Stadt. An jeder Ecke ist ein Stand mit Brot, Süssigkeiten, Kuchen, Obstsäfte, gebratenen Fisch u.v.m. Die Leute schleppen tütenweise das Zeug weg um für das Fastenbrechen um 19.24 Uhr gerüstet zu sein. Wir begnügen uns mit Baguette und einem kleinen Fisch, bevor es dann im Auto Coburger Bratwürste mit Kartoffelsalat gibt. Hmm, das ist mal wieder richtig gut.

 

Keine Wetterbesserung! Wir lassen uns Zeit mit dem Frühstück, bevor wir mal zum moscheeähnlichem Leuchtturm spazieren und einen Zugang zum Strand suchen. Leider ist hier alles sehr vermüllt. Zudem ist auch gerade noch Ebbe, was mit dem ganzen Plastikgerülle nicht zu einer größeren Wanderung einlädt. Somit passiert auch am Nachmittag nicht recht viel. Das Aufregendste ist noch ein alter Mann, der uns ein bisschen auf Spanisch was von den Kasernen erzählt und uns um Zigaretten und Bier anbettelt. Zwei Zigaretten steckt er in die Hosentasche und statt Bier bekommt er einen Becher Cola, den er dann trotz Ramadan ohne Hemmungen gleich leert. Zum Abendessen holen wir uns dann wieder die leckeren, gegrillten Fische wie gestern. Natürlich diesmal eine ordentliche Portion!

Als wir beratschlagen, was wir nun machen sollen, schlägt Karin den plage blanche vor. Ja, unsere Karten zeigen eine gelbe Straße direkt am Meer entlang und das Navi sagt, gute 60 Kilometer bis zum Beginn. Aus einschlägiger Literatur wissen wir aber, dass es sich um eine Piste handelt. Wir tanken nochmals Wasser und Diesel und wir müssen mal wieder den Kraftstofffilter tauschen, weil der Hiasl ziemlich zuckt, wenn auch nur eine Ministeigung kommt. Und das können wir auf dem folgenden Abschnitt absolut nicht gebrauchen. Zuerst sind wir richtig enttäuscht, als wir auf einer guten Teerstraße südwärts brausen. Bei einer Furt über den fast trockenen Fluss Noun, der bei Foum Assaka in den Atlantik mündet, endet der Teer. Wir sehen die Piste, die sich steil den Hang hinaufwindet. Wolfgang und ich fahren voran und werden gleich durch eine sehr sandige, steile und extrem ausgewaschene Kurve überrascht. Doch der LKW tuckert ganz langsam brav hinauf. Als sich das Gelände legt, warten wir auf Karin und Theo. Sie sind zu schnell dran und schaffen die Kurve nicht. Theo bekommt einen Schnellkurs im Geländefahren, und schon sind auch sie oben.  Jetzt ist erstmal Kaffeepause angesagt. Danach geht es ein paar hundert Meter gut weiter, bis die nächste Herausforderung kommt. Ich laufe die Strecke ab. Es sieht nicht so gut aus. Sehr schmal und hohe Steine und Kuhlen. Der Hiasl ist wieder der Erste und klar, dass er es packt. Theo ist mit seinem IVECO noch mal 20 cm breiter als wir und Wolfgang weist ihn ein. Aber danach ist erstmal klar, dass wir hier nicht mehr zurückfahren wollen, also gibt es nur mehr vorwärts. (Wir lesen später - wie schlau - im Offroadführer von der Pistenkuh nach, dass dieses Stück für unsere Fahrzeuge mit der höchsten Schwierigkeitsstufe bewertet wird!!!) Wir fahren nun mit vielen Schrägfahrten und kaum schneller als 6-7 km/h bis wir zu einer kleinen Bucht kommen, wo eine kleine Fischerhütte steht und davor die zersägten Wirbel und Rippen eines Wals. Das alles mit dem nebeligen Wetter und der kargen Umgebung erinnert eher an Schottland als an Marokko.

 

Wir haben noch 14 Kilometer bis zum plage blanche und es sind noch etliche Furten zu queren, wo es immer wieder sehr steil und eng für unsere Fahrzeuge wird. Doch dann taucht er am Horizont auf: lang und alles andere als weiß! Und zur Krönung kommt noch eine arg steile Abfahrt hinunter zum Strand. Die Männer fahren und die Frauen fotografieren. Doch auf den Bildern sieht es nicht so spektakulär aus, wie es war. Gleich darauf installieren wir uns zwischen den Steinen und erkunden die Umgebung. Da bleibt natürlich das Muschelsammeln nicht aus, wobei Wolfgang da gar nicht so begeistert dreinblickt. Leider entdecken wir auch eine Meeresschildkröte, der Panzer ca. 60 cm lang, die eventuell in eine Schiffsschraube gekommen ist und nun tot am Strand liegt. Zwei Fischer tauchen auf und wir kaufen bei ihnen drei prächtige Doraden, sammeln Treibholz und schon liegen sie auf dem Grillgitter. Sehr lecker! Schade, dass das Wetter nicht mitspielt, durch das fehlende Streulicht hätten wir bestimmt einen tollen Sternenhimmel.

Heute ist alles easy, die Piste ist schön weich durch den Sand, einzig die Auffahrt ziert sich wieder etwas, aber das schaffen wir dann auch noch. Wir sehen nun auch wieder vereinzelte Maisfelder, allerdings würden da unsere Bauern nur lachen, so übersichtlich wachsen die Holme hier auf dem sandigen Feld. Mir ist sowieso schleierhaft, wie hier überhaupt was wächst. Endlich wieder Teer! Theo und Karin sind sichtlich erleichtert, dass das Abenteuer Piste zu Ende ist und wir auch, dass unsere Dieselpest Ruhe gegeben hat. Nach einem Einkaufsstopp in Guelmim, da kennen sie uns schon, fahren wir abermals über Sidi Ifni zum Strand von Legzira. Dort soll es zwei Sandbögen geben, die sich über den Strand spannen. Bei ausnahmsweise mal schönem Wetter laufen wir zum ersten Bogen, wirklich beeindruckend, und halten nach dem Anderen Ausschau. Doch den gibt es nicht mehr! Wir sehen nur mehr die Abbruchkante und einen riesigen Steinhaufen davor.  Da erinnere ich mich, dass uns der Schweizer vom Krater Lamdouar erzählt hat, dass letztes Jahr einer der Bögen eingestürzt ist! Schade, aber der Spaziergang hat sich trotzdem gelohnt, denn der Strand ist ausnehmend sauber, die kleinen roten Häuschen von Legzira leuchten nun in der untergehenden Sonne. Es erinnert ein bisschen an die Cinque Terre in Ligurien, bis auf die Tatsache, dass die Bars leer sind, tja Ramadan. Etwas weiter nördlich finden wir einen kleinen Strand, wo wir übernachten.

 

Wow, die Sonne scheint! Nichts wie ab zum Strand. Wolfgang stürzt sich gleich - unfreiwillig - in die Fluten, uns reicht es, wenn das kalte Wasser die Oberschenkel erreicht. Wir tanken noch etwas Sonne, dann machen wir die Autos startklar und wollen weiter nach Mirleft. Doch wir kommen mit unserem Hiasl nicht weit: kaum geht die Auffahrt an, bekommt er keinen Sprit mehr. Also rollen wir ganz langsam rückwärts zum Parkplatz, Wolfgang zieht seinen Blaumann an und baut unsere Reservedieselpumpe ein, obwohl er gestern noch die alte Pumpe gereinigt und geprüft hatte! Und hurra, wir schaffen den Berg und der LKW schnurrt, als ob nie was gewesen wäre. Irgendwie haben wir nun alle vier das Bedürfnis nach etwas Erholung, zudem platzt unser Wäschesack schon aus allen Nähten, so dass wir einen Campingplatz mit Waschmaschine brauchen. In Aglou Plage werden wir fündig und richten uns auf dem riesigen Zeltplatz als einzige Gäste häuslich ein.

 

Hilfe, ich wache heute auf und mir ist extrem schwindelig  - so viel habe ich doch gestern gar nicht getrunken - und wirklich übel! Erst am Nachmittag schaffe ich es etwas Tee zu trinken und trockenes Brot zu essen. Gut, dass Theo etwas zu reparieren hatte, denn ich hätte heute nicht Autofahren können. Am Abend wird es bei mir besser, aber wir ziehen uns heute alle wegen des Windes bald in unsere LKWs zurück.

Schwindel überstanden und wir packen mal wieder zusammen und starten durch nach Agadir, aber nur zum Marjane, denn nur die großen Supermärkte haben während des Ramadans tagsüber geöffnet, um Lebensmittel einzukaufen. Wir lassen Agadir links liegen und fahren nach Aourir, wo es einen schönen Strand gibt. Nun ja, schön ist er schon, sogar der Müll liegt in Tüten gesammelt auf einem Haufen. Aber es ist hier so extrem windig, dass wir nicht aus den LKWs rauskönnen. Nach einem Kaffee beschließen wir, nun doch ins „paradise valley“, einem Aussteigertal der Hippies in den 70er Jahren, zu fahren, das praktischerweise von Aourir abzweigt. Durch ein wirklich tolles Tal mit Palmen, Oleander, kleinen Bars, alle geschlossen, und vielen herrlichen Gumpen geht unsere Reise langsam ins Gebirge hinauf. Doch leider wird gerade die Straße hergerichtet und verbreitert, so dass viele Lastwägen und Bagger unterwegs sind. Und an allen Stellen, wo wir eventuell parken könnten sind Kieshaufen oder Baufahrzeuge geparkt. Wir müssen also immer weiter. Als dann das Tal enger wird und sich die Straße in vielen Kehren bergauf windet, gibt es für uns eigentlich gar keine Möglichkeit zum parken. Zähneknirschend fahren wir weiter. Am Horizont tauchen graue Wolken auf und bis wir uns umsehen stecken wir mal wieder im Nebel fest. So hatten wir uns das Paradies nicht vorgestellt! Erst in Imouzzer können wir auf dem Parkplatz der Wasserfälle für die Nacht stehen bleiben. Es ist kalt und windig und jeder zieht sich für sich in seinen LKW zurück.

 

Ok, die Sonne ist wieder da und nach dem Frühstück laufen wir ein paar Minuten hinauf zu dem Wasserfall. Dieser ist allerdings recht übersichtlich um diese Jahreszeit: ein kümmerlicher Rest ergießt sich in ein kleines Becken, die vielen blühenden Oleander und die Olivenbäume entschädigen uns jedoch. Wir spazieren noch durch den Olivenhain, aber dann sind wir auch schon durch. Was nun? Auf der OpenStreetMap entdecken wir einen Staussee und über eine enge, aber relativ gute Teerstraße geht es über diverse Pässe und durch wunderschöne Flussoasen in nordöstlicher Richtung zum Stausee Moulay Abdallah.  Von unserem ersten Übernachtungsplatz werden wir von freundlichen Soldaten aufgefordert uns doch auf der gegenüberliegenden Seeseite zu installieren, da hier campen verboten sei. Sieben Kilometer später sind wir dort angelangt und finden auch einen einigermaßen ebenen Platz. Und was soll ich sagen: Es weht wie immer ein kräftiger Wind!

Allmählich wird es Zeit mal wieder etwas Stadtluft zu schnuppern und deshalb brausen wir nun schnurstracks nach Essaouira. Am Bab Marrakesch finden wir auf dem dortigen Parkplatz gerade noch zwei Stellplätze für uns, bevor wir in die nahegelegene Medina gehen. Es sind viele Touristen hier und so sind trotz Ramadan zahlreiche Bars und Cafés geöffnet und so können wir uns endlich mal wieder einen frisch gepressten Saft schmecken lassen. Danach lassen wir uns durch die Gassen treiben, Theo testet noch einen Friseur aus - das Ergebnis kann sich sehen lassen - und schon klappen sie auch hier die Gehsteige hoch und wir gehen mit etwas Verlaufen zurück zu den Autos.

 

Unser erster Gang heute Morgen geht zum Hafen. Die Fischerboote sind alle zurück vom Fang und die Ware angefangen bei Sardinen, über Rochen, Muränen, Doraden, Shrimps bis zu Langusten liegt bereit auf den Verkaufstischen. Begleitet wird das Ganze von einem etwas strengen Geruch aus einer Mischung von Schiffsdiesel, Fischabfällen und Vogelscheisse. Dafür können wir den Fischern beim Netzeflicken zu sehen. In der Medina erledigen wir noch ein paar Einkäufe, wobei ich wunderschöne Teller für den Hiasl entdecke. Allerdings muss dazu unsere Schubladeneinrichtung umgebaut werden, da diese nun viereckig sind und nicht rund wie die alten. Am späten Mittag lassen wir uns Garnelen und Sardinen schmecken und fahren dann weiter nach Moulay Bouzerktoun. Ein Surf-Hotspot, aber wie wir erst dort sehen ein Windsurf-Hotspot, wobei die Betonung auf Wind liegt. Außer uns stehen noch eine Handvoll Wohnmobile rum, die aber gerade verwaist sind, da die Besitzer alle auf ihren Brettern auf dem Wasser sind. Zu unserem Glück finden wir einen verlassenen Schafspferch, durch dessen Öffnung unsere LKWs gerade so reinpassen und wir dadurch zumindest von unten her etwas Windschutz haben und endlich mal wieder draußen sitzen können.

 

Bei Karin und Theo neigt sich der Urlaub allmählich dem Ende zu und da sie noch zu den Ouzoud-Wasserfällen möchten, machen wir uns nun auf die lange Fahrt nach Osten auf. Zuerst geht es noch an unzähligen Arganienbäumen vorbei, bis diese langsam von Olivenbäumen verdrängt werden und noch später nur mehr endlose Getreidefelder unseren Weg säumen. Für die 200 Kilometer bis nach Ben Guerir sind wir, auf zuerst schlechten Straßen, einen guten halben Tag unterwegs. Hier hat keiner mehr Lust aufs Autofahren und es gibt an unserem letzten gemeinsamen Abend noch einen eiskalten Rotkäppchensekt mit Granatapfelsirup! Oh, das ist mal richtig lecker gewesen.

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Marokko 25.04. - 12.05.2018

Auch wenn man mitten in der Pampa steht, am Morgen stehen zuverlässig diverse Kinder da und schauen ehrfürchtig zu, wie wir abspülen, rauskehren, Haare kämen, rumräumen etc. Wenn wir Glück haben, dann betteln sie nicht um Dirham, Stylo, Bonbon, was einfach auf die Dauer nervig ist. Denn leider sind ihre französischen Sprachkenntnisse mit diesen Worten meist erschöpft, so dass wir ihnen nicht klar machen können, warum sie nichts bekommen. Da heute Kultur angesagt ist fahren wir nach Tazzarine und kurz später über eine gute Piste nach Aït Ouazik, von wo es noch ein paar Kilometer zu einigen Felsgravuren aus der Zeit, als Marokko noch von Wäldern bedeckt ist, sind. Ahmed, ein junger Berber erklärt uns die Gravuren. Es gibt Elefanten, Nashörner, Antilopen, Giraffen zu sehen, aber auch Netze und Reusen zum Fischen und Bogen mit Pfeilen. Bald kommen wir jedoch auf die heutigen Wasserprobleme zu sprechen und wir sind erstaunt, dass die Brunnen erst in hundert Meter Tiefe Wasser haben. Er sagt, ohne die heutige Technik wären die Leute hier nicht in der Lage per Hand so tiefe Brunnen zu bauen bzw. das Wasser raufzuholen. Zagora, erklärt er uns, wird von einem Stausee bei Agdz versorgt. Allerdings ist die Wasserqualität schlecht und die Menschen schimpfen. Es stimmt, wir haben leider unsere Tanks gefüllt und das Wasser ist salzig und riecht leicht. Dabei haben wir noch das Glück einen sehr guten Wasserfilter zu besitzen. Wir fahren dieselbe Strecke an einem ausgetrockneten Oued zurück. Wo immer es geht wird Landwirtschaft betrieben und die Leute beackern meist mit der Hand ihre Felder, ernten den letzten Weizen und säen neues Gemüse an. Kurz nach Tazzarine halten wir bei einem unscheinbaren Hügel, auf der Karte mit Tiouririne bezeichnet, stiefeln dort ein bisschen rum und finden nochmals drei Felsgravuren. Den Ort wussten wir, aber nicht genau wo und Ahmed hat uns in etwa erklärt, wo wir suchen müssen. Hier schlagen wir dann auch gleich unser Nachtlager auf.

Es geht wieder zurück nach Nekob, wo wir noch ein paar Liter tanken, bevor wir uns auf die Fahrt zum Tizi N’Tazazert begeben. Allerdings sind wir sehr enttäuscht, kurz hinter Nekob finden wir uns auf einer zweispurigen asphaltierten Straße wieder! Das ist eigentlich gar nicht das, was wir wollen. Die schöne Landschaft entschädigt uns, aber der Baustellenverkehr ist nervig. An einer Engstelle mit vielen Baggern und Lastern wird uns signalisiert, dass wir zurückstoßen sollen um einen Kieslaster vorbei zu lassen. Und da passiert es: ein ganz schlauer Marokkaner überholt uns genau in dem Moment und zwar rechts!!! Ich seh‘ nur sein Moped hinten liegen und wir springen gleich aus dem LKW. Ihm ist nichts passiert - Gott sei Dank - und dem Moped auch nichts. Aber gleich Palaver von allen Seiten. Wolfgang ist erleichert, aber auch stinksauer auf den Dödel. Er muss gemerkt haben, dass wir rückwärtsfahren! Wir fahren weiter, aber unsere Stimmung ist schlecht. Kurz vor der Passhöhe ist ein kleines Café, da halten wir, trinken Tee, mal wieder mit einem Ahmed und seinen kleinen Sohn Youssef. Er ist ganz begierig ein paar Brocken Englisch und Französisch zu lernen. Er führt mit seiner Familie hier ein hartes Leben und ich hoffe, dass er noch viele Besucher bekommt. Bald ist der Tizi N’Tazazert erreicht. Es ziehen Wolken auf, aber mir gefallen die kargen schwarzbraunen Berge und die Stille, ein bisschen Vogelgezwitscher und in weiter Ferne das Ia eines Esels. Noch vier Kilometer Piste, dann geht der Teer wieder an, doch genau hier biegen wir nach Nordwesten ab, auf die Piste nach Tagdilt. Es geht durch eine wunderschöne Schlucht, mit vielen Lehmdörfern, bunten Schulen und winkenden Kindern. Auch die Erwachsenen freuen sich, wenn sie uns sehen, alle lachen. Die Bäume haben schon sattgrüne Blätter, der Oleander blüht und die Felder sind auch hier frisch hergerichtet. Bei Tagdilt haben wir eine karge Schotterebene erreicht, wo wir am Fuße einiger Hügel übernachten.

 

Bald erreichen wir das Dadès-Tal. In Boumalne kaufen wir noch für die kommenden Tage ein. Ganz fein sind immer die kleinen Patisserien, wo es leckere Kuchen und Gebäck gibt. Dann geht es ab in die Dadès-Schlucht. Vor 18 Jahren waren wir schon mal mit unserem VW-Bus hier, aber wir sind trotzdem etwas schockiert, ob der vielen Häuser, Cafés, Restaurants und Hotels. Rentieren sich die wirklich? Es ist alles ein bisschen zu aufgeräumt, sieht nicht nach Marokko aus. Zudem hält der Bauboom noch an, es stehen noch jede Menge unverputzter Betonhäuser rum. Ansonsten herrscht hier die Farbe rotbraun vor. Unten im Tal zieht sich das grüne Band der Flussoase dahin. Nach der engsten Stelle der Schlucht schlängelt sich die Straße in unzähligen Kehren hinauf. Wir kommen an den Pattes de Singes vorbei, den Affenpfoten, eine Felsformation, die an riesige Affenpfoten erinnert. Allmählich werden die Dörfer kleiner und weniger schmuck, dafür sind wieder mehr Menschen auf der Straße. Berberfrauen in ihren bunten Gewändern, Jungs mit ihren Adidas-Shirts und die ganz Kleinen, die einfach nur dastehen und winken. Wir wollen heute mal ohne Kinderschar den Rest des Nachmittags verbringen und fahren deshalb kurz nach Msemrir ein paar Meter von der Straße ab, zur Auberge Asaka, wo man auch campen kann.

 

Weil es hier so angenehm ruhig ist, hängen wir gleich noch einen Tag dran und machen mal Urlaub vom Reisen. D. h. lesen, spazierengehen, essen und sonst nichts. Am Nachmittag zieht sich der Himmel zu und es beginnt zu regnen. Das hatten wir schon lange nicht mehr! In den Bergen ums uns rum ist es ganz schwarz und wir hören Donnergrollen.

Nach einer kalten Nacht auf 2000m Höhe, scheint am Morgen wieder sie Sonne, ein kleiner Bewässerungsbach plätschert direkt neben unserem Hiasl, Frauen mit dem Esel ziehen vorbei und ein Kleiner wird von seiner Mutter in die Schule oder Kindergarten gebracht. Nach der nächsten Ortschaft Tilmi hört dann bald der Teer auf und ab hier sind wir fast allein. Leider nicht ganz, denn zweimal kommt uns eine geführte Tour mit mehreren Geländewägen bzw. Quads entgegen. Und es ist jedes Mal eine Engstelle, aber wir können uns auch nicht in Luft auflösen, obwohl sie es gerne hätten. Wolfgang fährt jeweils soweit es geht den Hang rauf und die kleineren Fahrzeuge müssen dann eben talseitig an uns vorbei. Alles Franzosen und Spanier! Mit dem Weilheimer und seinem VW-Bus gibt es keine Probleme, wir ratschen und er sagt, dass die Gruppen ihm erklärt hätten, dass es weiter vorne eine Schlammstelle gibt und er mit seinem Auto da wohl Probleme hätte. Da hat er dann lieber umgedreht. Ich könnte ihm jetzt sagen, es war nichts! Immer diese falschen Ratschläge!

Gerade richtig zur Kaffeepause erreichen wir den Tizi N’Ouano mit 2914m. Leider entdecken wir da, dass sich links auf unserem Stabilitätsträger eine Schraube verabschiedet hat und jetzt der Koffer nach rechts hängt. Also Wagenheber raus, fluchen und rumbasteln, bis wir eine Ersatzschraube wieder an Ort und Stelle haben. Wir fahren lustig weiter und auf einmal macht es Kling, wir halten sofort, jetzt ist die Schraube rechts abgerissen. Na gut, eine haben wir noch. Die geht auch schneller rein. Allerdings fahren wir nun recht vorsichtig, so ein Mist! Kurz vor Agoudal treffen wir zwei Männer, von denen einer eine Autobatterie schleppt. Sie bitten uns, sie zu ihrem Bedford-Laster  einen Kilometer zurück zu fahren. Aber gerne! Wir warten noch ab, ob der alte LKW auch anspringt und als dann der Motor läuft, bedanken sie sich recht herzlich und wir ziehen weiter. Aber nicht lange, denn es ist schon fünf Uhr und da kommt uns ein ebener Platz gerade recht zum Schlafen.

 

Über Agoudal, ein kleiner langgezogener Ort mit winzigen Lädchen, ein paar Imbissbuden, Benzin aus Fässern und ganz vielen winkenden Kindern, die kaum betteln, geht es auf einer schlechten Teerstraße nach Imilchil. Da unser Brot heute morgen verschimmelt war, essen wir ein paar Brochettes und beobachten die Leute auf der Straße. Leider wird die Straße nach Norden gerade hergerichtet und ist deshalb zwischen 10 und 16 Uhr gesperrt. Um halb drei versuchen wir es dann mal und erwischen genau den Zeitpunkt nach der Sprengung. Zwei Motorradler aus Miesbach erzählen uns, dass sie drei Stunden warten mussten. Am Lac Tislit finden wir einen tollen Platz direkt am Ufer. Wir wollen noch schnell um den See spazieren, doch dazu müssen wir mal wieder unsere Daunenjacken rausholen, denn unser Thermometer zeigt trotz Sonnenschein nur magere vier Grad plus an!

Wir stehen zeitig auf, also so gegen acht Uhr, damit wir noch vor der Straßensperrung durchkommen. Über viele Kehren auf mal breiter, mal schmaler Straße mit mehr oder weniger Teerbelag fahren wir an unzähligen, gerade blühenden Apfelbäumen vorbei bis Tizi N’Isly. Dort kaufen wir zuerst ein Huhn und danach noch frisches Berberbrot. Vor uns sind zwei alte Berberfrauen dran, mit diversen (Schlafanzug-) Hosen übereinander und vielen Tüchern um den Körper geschlungen und natürlich ein großes Kopftuch über die Haare. Ihre alten Gesichter sind mit Berbersymbolen tätowiert. Als sie ihr Brot haben, stecken sie es zu den anderen Einkäufen in die Tasche. Eine holt ihre Sonnenbrille hervor und packt sie zum Schutz in ihre Reserveschuhe ein. Die andere holt einen Taschenspiegel hervor und schiebt ihre Haare noch an Ort und Stelle und als sie schon fast weg sind, fällt der einen noch was ein: Ach ja, sie hatte ja ihr Handy zum Laden angehängt, holt es und dann kann es losgehen. Wir mussten da so richtig schmunzeln. Das Leben in diesem Teil Marokkos ist noch sehr archaisch, aber ohne Handy kommt keiner mehr aus. Hinter Naour biegen wir links auf eine kleine Straße ein, die uns in ein wunderschönes Flusstal führt. Die einfachen Höfe sind blitzsauber, die Felder alle bestellt oder es wird noch fleißig umgegraben. Alles grünt und sprießt vom Feinsten. Die Kinder strahlen, wenn wir uns zuwinken, kein einziges bettelt. Die Männer heben freundlich die Hand und auch die Frauen lachen uns zu. Wir merken, dass hier noch keine „Spendertouristen“ unterwegs waren, Gott sei Dank. Allmählich ändert sich die Landschaft, die Erde wird fast dunkelrot und ebenso die Häuser. Es ist karger geworden, die Gehöfte weniger. Als ich aussteige um Blumen zu fotografieren, kommt eine junge Frau zu mir. Wir sprechen miteinander, obwohl wir uns nicht verstehen, und lachen und da pflückt sie mir einen Strauß der sehr stacheligen, blauen Blümchen! Einfach nur nett! Hinter Taghleft übernachten wir nahe der wenig befahrenen Straße.

 

Wir fahren erst mal bis Ouaouizeght. Der schmucke Ort liegt oberhalb des Stausees Bin-El-Ouidane, wo wir vor vier Wochen ja schon mal waren. Und heute ist hier Markt. Im ganzen Ort sind einfachste Buden aufgebaut und die gesamte Bevölkerung der Umgebung ist anscheinend hier zum Einkaufen. Von gebrauchten Badelatschen, Einkaufstüten, alten Pfannen, Handyladegeräte bis zu farbenprächtigen Unterhosen und Plüschmäntel findet man alles. Wir konzentrieren uns dann mehr auf die Obst- und Gemüsestände und kommen dann mit vollen Taschen und mit Abstecher in der Konditorei nach geraumer Zeit wieder zum Hiasl. Nun geht es am Stausee vorbei und nach der Staumauer hinauf auf den Pass Richtung Beni Mellal, wo wir aber nach Aït Attab abbiegen. Nach der kurvigen Passstraße erreichen wir ein Hochtal mit Gerstenfeldern, Olivenbäumen und - für das Auge wunderschönen - Mohnfeldern. Ob die Bauern davon auch so begeistert sind wie ich? Wir sind schon sehr froh, dass wir uns für diese Variante entschieden haben und nicht auf der langweiligen N8 dahinrasen müssen. Wobei rasen ja immer relativ ist. Doch irgendwann stoßen wir dann doch drauf und in der Nähe des Ortes mit dem süßen Namen Nid de Cigogne (Storchennest) bleiben wir für die Nacht.

So heute geht es nach Marrakesch. Wir wissen noch nicht, ob wir uns darauf freuen sollen oder eher nicht. Aber es gibt einfach ein paar Dinge zu erledigen. Schon fast am Ziel passieren wir einen Unfall mit einem Kleinstlaster, dessen Fahrer, das wohl kaum überlebt hat. Das Fahrerhaus ist nur mehr so dick wie eine Zeitung. Im Stadtteil Gueliz essen wir in einem Lokal einer Fraueninitiative. Das Essen ist sehr gut, wir haben gerade noch einen Tisch in dem schön bepflanzten Garten bekommen. Von hier ist es nicht mehr weit zu einem Carrefour und mit viel Glück ergattern wir einen Parkplatz unweit des Eingangs zur Mall. Doch irgendwie kommt keine so rechte Shoppinglaune auf und so beschränken wir uns auf wichtige Dinge, wie Wein, Bier und Kaffee. Tja, da muss man einfach Prioritäten setzen. Übernachten wollen wir auf dem Parkplatz bei der Koutoubia-Moschee. Unser (neuester) Reiseführer sagt 80 DH pro Nacht, wurde aber nun auf 110 DH erhöht! Na gut, dafür sind es nur wenige Schritte in die Medina. Es ist mittlerweile fünf Uhr und so machen gerade alle Läden wieder auf und wir gehen kreuz und quer durch die Gassen der Suqs. Allerdings ist es ziemlich nervig hier - wie auch schon früher - kaum schaut man was länger als eine halbe Sekunde an, kommt auch schon ein geschäftstüchtiger Verkäufer angedackelt. Und sobald man nach dem Preis fragt, steht man schon im Laden und es beginnen zähe Verhandlungen. Wenn man einen Preis unter der Gürtellinie nennt, kommt man wieder raus, mit wüsten Beschimpfungen zwar, aber eigentlich wollte ich mir ja nur was ansehen. Also mit mir würden die Marokkaner viel mehr Geschäft machen, wenn sie nicht so aufdringlich wären. Schöner wird es dann nach den Touriläden, hinten in der Altstadt, wo nun am frühen Abend die Leute ihre Besorgungen machen, wobei fast jeder zweite dies mit halsbrecherischer Geschwindigkeit mit seinem Moped erledigt, dazu kommen noch für größere Lieferungen die Eselskarren du ein paar richtige Angeber, die sich mit ihrem Auto in die engen Gassen zwängen. Ein olfaktorisches Erlebnis ist dann das Gerberviertel. Obwohl jetzt die meisten Bottiche abgedeckt sind, kommt der Gestank unter den Wolldecken natürlich trotzdem hervor. Bei einem „Coiffeur“ kann Wolfgang nicht vorbeigehen und so gibt er sein Haupt in die Hände eines jungen Marokkaners. Am Anfang dachte ich schon, er bekommt einen side-cut verpasst, dann sieht es wieder nach Tonsur aus und zu guter Letzt wie immer, nur viel kürzer. Zudem werden sämtliche anderen Gesichtshaare in Form gebracht bzw. ganz entfernt! So, jetzt muss was zum Essen her und wir machen leider den Fehler auf dem Jema el Fna, dem Platz der Gehenkten, was zu essen. Die Aquise ist extrem nervig, Wolfgang wird so richtig sauer, irgendwann knicken wir ein und bekommen ein arg überteuertes Essen von mäßiger Qualität. Eigentlich hätten wir es ja wissen müssen…

 

Nach einer ruhigen Nacht laufen wir noch mal durch die Souks und jetzt am Vormittag sind die Händler auch nicht so aufdringlich. Doch irgendwann haben wir alles (fast) gesehen und machen uns auf den Weg zu Afriquia Gas, das an der Straße nach Safi liegt um unsere Gasflasche füllen zu lassen. Allerdings brauchen wir für die 17 km im chaotischen Verkehr Marrakeschs doch länger als gedacht und so kommen wir gerade während der Mittagspause an. Ein sehr freundlicher Mann sagt, dass wir um drei Uhr wieder kommen sollen und will uns auch gleich noch was von seinem Couscous fürs lunch einpacken. Doch wir lehnen dankend ab, weil wir die Zeit nutzen wollen um noch einzukaufen und zwar diesmal was zum Essen! Bei einem riesigen Marjane-Hypermarché bekommen wir alles, was wir möchten sogar ein paar „Schweinereien“ aus der „Giftecke“. Auf dem Rückweg ergattern wir mit Hilfe eines Einheimischen gegen etwas Bakschisch noch die benötigten Schrauben und schon sind wir bereit zum Gasfüllen. Für 12 Euro wird in Nullkommanix unsere Alugasflasche gefüllt und der nette Herr von vorhin überreicht Madame noch eine Blume! Durch die viele Autofahrerei sind wir etwas platt und so fahren wir etwas südlich von Marrakesch auf den Camping Jnane Baroud, nicht ganz billig, aber in einem sehr schön angelegten Garten mit vielen blühenden Rosen.

Wir haben uns gerade entschlossen noch einen Tag hier am Pool zu entspannen, als man uns sagt, dass heute hier eine Hochzeit stattfindet. Und da sehen wir sie schon: die vielen aufgebrezelten und geschniegelten, englischen Hochzeitsgäste, die Kinder laufen mit ihren Plastiktieren zum Pool und wir bezahlen und fahren weiter. Den Trubel müssen wir uns nicht antun. Unsere Route führt uns wieder über den Hohen Atlas. In Tahanaoute tanken wir und lassen auch gleich den LKW mal wieder waschen. Das ist auch dringend nötig! Durch eine wunderschöne Gebirgslandschaft geht es weiter an einem Fluss hinauf Richtung Tizi N’Test. Die Reichen aus Marrakesch machen mit ihren VW Touaregs, Audi Q7, Lexus usw. am heutigen Sonntag, ja auch in Marokko ist da offiziell arbeitsfrei, einen Ausflug in die Berge, dementsprechend viel ist auf der Straße los. In Asni überlegen wir uns spontan nach Imlil hinauf zu fahren, dem Ausgangspunkt für eine Toubkal-Besteigung, den höchsten Berg Marokkos. Zwei Kilometer vor dem Ort ist eine ebene Fläche zwischen Straße und Fluss, wo wir den Hiasl abstellen und uns zu Fuß auf den Weg machen. In Imlil kann man neben dem üblichen Touristenkram jede Menge gebrauchter Alpinausrüstung kaufen, also abgelatschte Bergschuhe, uralte Tourenski, ausgebleichte Rucksäcke u.v.m. Wir wandern über einen steilen Steig hinauf nach Armoud, dem letzten Ort im Tal. Über eine Brück geht es auf die andere Seite und ein Eselspfad führt uns wieder zurück zum Auto.

 

Leider ist heute Morgen alles in Wolken gehüllt und so frühstücken wir erst mal in Ruhe, essen die gestern noch gekauften Herzplätzchen - denn heute ist unser 35. Hochzeitstag!!! - und fahren dann das Tal wieder hinaus nach Asni und weiter Richtung Pass. Endlich verziehen sich die Wolken und wir haben wieder eine fantastische Sicht auf das Tal unter uns und die Berge ringsum. Die Frauen waschen fleißig ihre Wäsche und die Männer ackern auf den Feldern oder trinken Tee in den Teestuben. Arbeitsteilung halt! Unterwegs besichtigen wir die alte Moschee Tin Mal. Diese wurde im 12. Jahrhundert erbaut und schon 120 Jahre später zerstört. Seit gut 20 Jahren wird sie von Stuttgarter Architekten restauriert und da sie nicht mehr als Moschee benutzt wird, dürfen auch wir Ungläubige hinein! Dies ist sonst nur mehr bei der Moschee Hassan II. in Casablanca der Fall. Die Sicht durch die vielen Bogengänge ist beeindruckend, die noch erhaltenen Verzierungen der Säulen lassen die einstige Schönheit erahnen. Nach Kaffeepause und einer kleinen Schraubereinheit, grrr, schrauben wir uns weiter den Pass hinauf. Blauer Himmel, Sonne! Doch was sehen meine Augen so 500 Meter vor der Passhöhe? Ganz eklige Wolken schieben sich von der anderen Seite herüber! Und tatsächlich stehen wir bei dichtem Nebel in der Kälte am Tizi N’Test auf 2093m. Da ist auch der Mineralienhändler  froh, als wir ihn recht schnell abwimmeln und er wieder in seine Hütte kann. Für uns beginnt nun der unangenehme Teil, denn auf der kurvigen, einspurigen Strecke bergab kommen uns leider immer wieder Marokkaner entgegen, die trotz Sichtweite unter 50 m ohne Licht fahren und natürlich mit Volldampf sämtliche Kurven schneiden. Manchmal könnte ich die wirklich aus ihrer Karre rausziehen und ungespitzt in den Boden rammen. Entgegen den Angaben in unserem Reiseführer haben wir mit einer Höhe von 3,50 m keine Probleme bei den überhängenden Felsen, da ist noch reichlich Luft dazwischen! Schon ziemlich weit unten entdecken wir ein schönes Fleckchen neben einem riesigen Arganienbaum, ideal zum Übernachten.

 

Heute Morgen ist es noch immer neblig und es regnet leicht. Doch was mich sehr ärgert ist, das wir nach wenigen Kilometern auf eine Baustelle treffen, die die Straße auf ein paar hundert Metern unter einer dicken, roten Lehmschicht bedeckt. Die Baustellen-LKWs kommen auf dem Schlamm nicht durch, sie werden teils von Baggern raufgeschoben, andere geben gleich auf. Nicht dass wir ein Problem gehabt hätten, nein, aber unser Fahrzeug ist nun wieder total eingesaut. Der Batz klebt bis an den Spiegeln oben! Gut dass es in Ouled Barhil gleich wieder eine Waschanlage gibt. Das Sieb dort ist erst mal verstopft. Über die gut ausgebaute N10 brausen wir nach Taroudant, wo wir uns auf einem Parkplatz an der Stadtmauer installieren. Wir machen uns gleich in die City auf. Der Souk hier ist noch ziemlich unverfälscht, bis auf ein paar Schuhläden und Arganienproduktanbieter gibt es wirklich nur Dinge für den täglichen Bedarf. D. h. Obst, Gemüse, Gewürze, Lebensmittel, Metzger, Schreiner, Haushaltswaren, Kleidung. Wir kaufen Gewürze, frische Himbeeren, Mispeln, Brot, Gemüse und Milch bevor wir uns mit einer Art Ausgezogenen und Orangensaft stärken, noch mal durch den Souk wandern und dann geht es auch schon zurück zum Auto. Nach dem Abendessen machen wir es wie die Einheimischen und spazieren noch im Park oder an der Stadtmauer entlang, kaufen Chips in der Papierstranitze und staunen, ob der vielen Sportplätze, die auch fleißig frequentiert werden.

 

Auf der Karte entdecken wir eine kleine Straße, die sich südlich von Taroudant  in die Berge des Anti-Atlas hinaufwindet. Zuerst durchqueren wir die breite Sous-Ebene, bevor wir durch lichte Arganienwälder allmählich an Höhe gewinnen. Die Bäume sind voll mit Arganienfrüchten. Mit ihrer gelb-grünen Farbe stechen sie aus dem dunklen Grün des Laubes heraus. Dieser Baum wächst nur hier in einem Gebiet grob begrenzt von Agadir im Westen, dem Hohen Atlas im Norden und dem süd-westlichen Verlauf des Anti-Atlas. Aus seinen Kernen wird das hochwertige Arganienöl gewonnen, das gegen alle möglichen Zipperlein helfen soll, aber vor allem durch seinen nussigen Geschmack besticht. Wir sehen einen halbzerfallenen Agadir (Speicherburg), zu dem eine kleine, schmale Piste abzweigt. Nichts wie hin, zumal er auch nicht in unserem Guide erwähnt wird! Mit Müh und Not finden wir an der Moschee einen ziemlich schiefen Miniparkplatz und laufen den Pfad zum Agadir hinauf. Zwei Männer, die leider nur arabisch und Berbersprache reden, begleiten uns und sperren die mächtige Holztür auf. Der Regen macht der Lehmbauweise arg zu schaffen, so ist schon viel verfallen. Wir hoffen, dass es noch ein paar Minuten hält. Die intakten Zellen werden auch heute noch von den Familien als Getreidespeicher, aber auch als Depot für Dokumente und Wertsachen benutzt. Mohammed erklärt uns, dass es ursprünglich 366 Zellen waren. Es ist recht lustig mit denen, wenn sie uns mit Händen und Füßen und Zeichnungen was erklären wollen. Die Durchschlüpfe sind recht niedrig, Wolfgang kommt schon mal auf den Knien daher. Als wir wieder am LKW sind, verabschieden wir uns, die Essenseinladung müssen wir ausschlagen und nach einem spannenden Wendemanöver tuckern wir die Piste wieder hinauf zur Straße. Es ist einsam hier, ab und zu ein Hirte mit seinen Tieren, nur wenige Ansiedlungen sind zu sehen, aber die hügelige Landschaft gefällt uns super. Als wir einen schönen Platz gefunden haben, umringt uns bald darauf eine Ziegenherde und wir können die Tiere beobachten, wie sie auf den Arganienbäumen rumklettern um an die leckeren Früchte zu kommen. Da die Kerne schlecht vom Fruchtfleisch gehen, sammelten früher die Frauen die von den Ziegen ausgeschiedenen Kerne auf, um daraus dann das Öl zu pressen! 

Bevor wir heute weiter fahren, wandern wir noch auf den Hügeln rum und geraten diesmal in eine größere Dromedarherde. Und wie wir sehen, verschmähen auch diese nicht die Arganienfrüchte. Unsere Route führt uns nun über Aït Baha und Aourguenz bis kurz vor Tanalt. Die Berge werden nun höher, felsiger und die Dörfer kleben oft wie Vogelnester an den Hängen oder sie sitzen auch oft auf einer Kuppe. In vielen Serpentinen geht es rauf und runter, Flussbette werden gequert - viele trocken, aber einige führen noch ordentlich Wasser, das von den Frauen fleißig zum Wäschewaschen genutzt wird. Die Schlafplatzsuche ist da etwas schwierig und so müssen wir mit einem Platz in einer Kurve zufrieden sein. Dafür ist es ein Logenplatz mit traumhaftem Ausblick und die paar Autos, die hier vorbeifahren, stören uns nicht.

 

Heute sind noch ein paar steile Pässe mit engen Kurven dabei, bevor wir Tanalt erreichen und uns dort noch mit frischem Gemüse auf dem Markt eindecken. Danach wird die Vegetation geringer und wir kommen in die Granitberge, mit den riesigen, bizarren Felsformationen, die rötlich-braun in der Sonne leuchten. Bald ist nun Tafraout erreicht, wo wir mal wieder auf einen Campingplatz fahren wollen. Die Auswahl ist nicht groß, jetzt außerhalb der Saison ist nur der Camping Tazka geöffnet. Ein kahler Platz mit Mauern außenrum, wenigen Bäumen und recht verdreckten Sanitäranlagen. Gut, dass wir alles selbst dabeihaben und zwar sauber und ordentlich. Am Abend, als es kälter wird spazieren wir noch den Kilometer ins Städtchen, lassen uns bei Zaide vom Maison Tuareg sämtliche Teppicharten erklären und bekommen dafür aber einen Tee. Die Teppiche sind wunderschön, auch gar nicht so teuer, aber wir brauchen einfach keinen, und schon gar nicht einen Läufer für den Hiasl. In einem kleinen Lebensmittelladen entdecken wir einen Camembert und damit und Lammkoteletts, Tomaten und sehr leckerem Baguette marschieren wir zurück zum Auto, wo wir uns dann diese Schmankerl mit einem Glas Rotwein und Bier schmecken lassen.

 

 

Die nächsten zwei Tage bleiben wir hier auf dem Platz, nicht weil er so toll ist, sondern weil wir etwas Erholung brauchen, weil er in Stadtnähe liegt und weil man zu Fuß zu den „Bemalten Steinen“ laufen kann. Als wir dorthin aufbrechen, ist es leider später geworden als gedacht und somit von der Temperatur her fast schon grenzwertig. Aber selber schuld, was lauschen wir auch so lange dem spannenden Hörbuch zum Frühstück (Blackout - Morgen ist es zu spät - von Marc Elsberg). Zuerst durch einen lichten Palmenhain zu einem kleinen Dörfchen, danach weiter durch schöne, braune Granitfelsen hinauf zu einem Pass und nun durch eine relativ karge Landschaft zu den Steinen. Diese wurden 1985 von einem französischen Künstler mit 20.000 l Farbe in Rot-, Lila- und Blautönen bemalt. Vor 18 Jahren haben wir sie noch in den Originalfarben gesehen, doch diese verblassten mit der Zeit und sie wurden 2010 in Pastelltönen erneuert, was mir allerdings nicht so gefällt. Es wird nun unangenehm heiß und so sehen wir zu, dass wir nach einer Pause im Schatten eines großen Blocks wieder zum Auto zurückkommen. Alles in allem waren wir dann doch drei Stunden unterwegs. Den Rest der Tage in Tafraout verbringen wir mit Lesen, träumen, einkaufen und Schuhe besorgen.

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Marokko 07.04. - 24.04.2018

Der kräftige Wind heute Nacht hat uns unsere Ersatzplane für die Räder mal wieder zerfetzt, jetzt müssen sie eben ohne Schutz auskommen. Weiter geht es durch eine etwas eintönige Landschaft, die durch langgezogene Straßendörfer unterbrochen wird. Die vorherrschende Häuserfarbe ist ein helles Rotbraun, wie die umgebende Erde. Winzige Lebensmittelläden wechseln sich mit Autowerkstätten ab, dazwischen mal ein Schnellimbiss oder eine Teestube. In Aït Ridi steigen wir auf einen pilzförmigen Aussichtsfelsen, vorher müssen wir allerdings mal wieder ein paar hartnäckige Kinder loswerden. Manchmal geht uns ihre Bettelei schon auf die Nerven. Ganz besonders nervt es mich, wenn einer der Jungs seine Hand zur Pistole formt. An einem Ziehbrunnen für die Tiere machen wir Kaffeepause und sind doch überrascht, wie tief der Wasserspiegel unten ist. Ich schätz mal so an die 15 Meter. Schorsch und Wolfgang hängen sich an die Pumpe, aber ich fürchte unsere Tiere müssten verdursten! Am Spätnachmittag haben wir endlich Tinerhir erreicht. In einem Laden mit Alkohollizenz gibt es mal wieder etwas Nachschub für unseren Bier- und Weinvorrat. Bei knapp drei Euro pro 0,5 l Bier und sieben Euro für die günstigste Flasche Wein fällt der Einkauf allerdings recht spärlich aus. Wir laufen noch ein bisschen durch die Stadt und entdecken dabei einen Polsterer! Dieser spricht kaum französisch und so machen wir mit ihm mit Händen und Füßen aus, dass er unsere drei Vordersitze neu bezieht, sie morgen gegen 11 Uhr am Campingplatz Ourti abholt und am Montag um 10 Uhr dort wieder abliefert. Preis: 55 Euro für alle drei Sitze inklusiv Stoff und allem!

Wolfgang und Schorsch wollen heute eine Schraubereinheit einlegen, d. h. abschmieren (beide LKW), Keilriemen wechseln, Bremsen einstellen und Ventile einstellen. Dabei würden Marina und ich nur im Weg umgehen und so laufen wir in die Stadt und wandern von hier auf einen Hügel rauf, von wo wir einen guten Blick auf Tinerhir haben, hinunter in die Palmengärten und kommen dann mitten im Zentrum raus. Dort gönnen wir uns einen frisch gepressten Fruchtsaft, bevor wir am Nachmittag wieder am Camping aufschlagen. Am Abend gehen wir zum Essen gleich gegenüber. Der Hendlgrill hat es uns angetan! Sie schauen köstlich aus und riechen auch so, und wir sind zuerst enttäuscht, als wir zu viert ein Hendl bekommen. Ein paar Minuten später sind wir jedoch heilfroh darüber, denn der Gummiadler ist zäh wie Schuhsohle! Wahrscheinlich dreht er schon seit ein paar Tagen seine Runden.

 

Während wir auf unsere Sitze warten, kaufe ich mit Marina noch auf dem Suq gleich gegenüber ein. Wie immer ist das Angebot reichhaltig und fast immer von guter Qualität und außerdem macht es einfach Spaß durch die Reihen der Händler zu schlendern, hier eine Erdbeere zu probieren oder dort einen Kokosschnitz. Nach zähen Verhandlungen erstehe ich einen neuen Wasserkessel, der Verkäufer tut zwar so, als ob er nun verarmen würde, aber ich bin mir sicher, dass er noch ein Geschäft gemacht hat! So gegen drei Uhr kommt nun Wolfgang endlich mit einem Tuktuk und unseren Sitzen. Sie sehen wirklich gut aus, wir bauen sie gleich ein und starten dann gleich noch weiter. Nach 20 km finden wir im Nichts einen wie wir glauben etwas windgeschützten Platz. Wir spannen sogar noch eine Plane zwischen den Autos, aber lange halten wir es draußen nicht auf. Ich bin gespannt, ob sich der Wind irgendwann mal legt. So schön langsam geht er uns auf die Nerven, grr.

Über die gut ausgebaute N10 und ab Tinejdad die R702 geht es weiter nach Erfoud. Hier machen wir eine kurze Pause zum Besorgen von schwereren Dingen wie Wasserkanister, Softdrinks und Kartoffeln. Nach einem kleinen Imbiss, es gab salade maroccaine, Hamburger und casse-crôute, einem Eis als Nachtisch machen wir uns auf zur Ostumfahrung des Erg Chebbi. Anfangs rollen wir noch gemütlich über Teer an den vielen Korallenriffen mit den ebenso vielen Steineverkäufer vorbei, bis es dann endlich auf die Piste geht. Die Hauptspur ist nerviges Wellblech, doch nur wenige Meter daneben ist entspanntes Fahren auf steinigem Sand möglich. Als wir uns den ersten Dünen nähern, schauen wir nach einem Platz für die Nacht, möglichst fernab der inzwischen zahlreichen Zeltcamps. Wolfgang und ich fahren voran und einmal nicht aufgepasst und schon sanden wir ein. Bei dem Spruch: Einmal versuch ich es noch, habe ich allerdings ein dejà-vu an Griechenland und bestehe darauf sofort Luft abzulassen, bevor das Ganze in eine größere Schaufelaktion ausartet. Das dauert natürlich eine geraume Zeit, Schorsch lässt vorsichtshalber auch schon mal ab und siehe da, wir kommen sofort frei! Da es nun doch schon fünf Uhr ist, bleiben wir gleich da, holen unser Holz vom Dach und machen ein Feuer um darauf zu grillen. Außer dem Knistern des Feuers hören wir nichts, einfach himmlisch!

 

Wir wollen auf die höchste Düne hier rauf, doch dazu müssen wir noch etwas näher ran. Es macht richtig Spaß durch den Sand zu cruisen. Wir peilen einen kleinen Palmenhain an und lassen dort die LKWs stehen. Natürlich alles künstlich angelegt, ein kleines Camp ist dahinter. Wenigstens sind hier noch die dunkelbraunen Stoffzelte, bis jetzt haben wir nur die weißen Plastikzelte gesehen. Als wir einen Angestellten fragen, wie weit es in etwa bis zur Düne ist, meint er dreißig Minuten.  Doch bis zum Fuß sind noch etliche kleine Dünen zu überwinden, das heißt immer wieder rauf und runter, bevor es dann endlich über den Kamm hinauf geht. Und natürlich ist es jetzt genau 12 Uhr. Schorsch kehrt um und bei mir ist der Ehrgeiz erwacht. Ich schaffe es in 45 Minuten bis auf den Top. Bald danach trudeln auch Wolfgang und Marina ein. Doch genau in dem Moment beginnt ein Sandsturm. Im Nu knirscht es zwischen den Zähnen. Wir machen uns so schnell es geht vom Acker und müssen den Rest des Tages im Windschatten bzw. später bei 37° im Fahrzeug verbringen. Fenster öffnen ist auch nicht gut, innerhalb kurzer Zeit ist alles mit einer feinen Sandschicht bedeckt.

 

Kein Dunst mehr am Morgen und wir machen uns wieder auf die Piste. An einem trockenen Brunnen treffe ich ein Mädchen. Ana, 12 Jahre alt und sie spricht ein paar Brocken französisch. Sie erzählt mir, dass sie noch drei Geschwister hat, Mama und Papa zu Hause sind und sie in Merzouga zur Schule geht, zu Fuß natürlich und dazu malt sie die Zahl 11 auf den Boden. Wir können leider nicht klären ob sie 11 Minuten meint - eher unwahrscheinlich - oder 11 Kilometer, klingt plausibel, wäre aber doch sehr weit. Sie zeigt mir ihren Lieblingsbaum, klettert mit mir in der alten Tamariske rum und wir verbringen viel Zeit mit dem Malen im Sand und ich sage ihr dazu die französischen Vokabeln. Als wir uns Kaffee machen reiche ich ihr ein Glas Orangensaft noch aus Portugal, aber da verzeiht sie das Gesicht; er ist ihr zu sauer. Als ich ihr erkläre, dass Zucker nicht gut für die Zähne ist, lacht sie. Leider sind auch ihre Zähne schon braun verfärbt. Sie wird das Schicksal der meisten Marokkaner erleiden, von denen die wenigsten noch mehr als ein paar (gruselige) Zähne im Mund haben. Am Schluss brausen wir weiter durch Sand auf Merzouga zu. In einer längeren Aktion befüllen wir die beiden LKWs wieder mit Luft, da Schorsch keinen Schlauch mit hat, geht es nur nacheinander und das zieht sich. Am Spätnachmittag erreichen wir den Campingplatz Haven la Chance. Recht neu, noch wenig Schatten, aber es werden schon fleißig Palmen, Olivenbäume und Granatapfelbäume angepflanzt. Ob das, wie auch die ganzen anderen künstlichen Bepflanzungen gut für den Grundwasserspiegel ist, wage ich zu bezweifeln. Ebenso ist ein Pool vorhanden und recht saubere und intakte Sanitäranlagen. Heut ist unser letzter gemeinsamer Abend und so sitzen wir noch lange bei Kerzenschein vor den Trucks und führen wie jeden Abend mehr oder weniger tiefsinnige Gespräche!

Nachdem wir uns von Marina und Schorsch verabschiedet haben, machen wir uns auf den Weg nach Rissani. Ein paar Kilometer weiter westlich zweigt in nördlicher Richtung eine Piste zum Krater Lamdouar ab. Dieser, von oben ziemlich rund Berg, ist innen, ähnlich wie ein Vulkankrater, fast leer; er wurde von den Franzosen als Militärlager benutzt. Man sieht noch Mauerreste, auch der einzige Zugangsweg auf der Westseite wurde von ihnen mit Steinen eingefasst. Es gibt zwei Bäume, bei einem installieren wir uns und spazieren auch gleich hinauf auf den Kraterrand. Dieser Berg ist wie auch all die anderen hier ein Überbleibsel aus der Zeit, als dort noch alles mit Wasser bedeckt war und so können wir einige fossile Abrücke von Ammoniten entdecken. Später kommt eine spanische Tourigruppe mit einheimischen Führern an und  gegen die Leihgabe von zwei Weingläsern erhalten wir eine Pizza bèrbère. Sehr gut, mit Fleisch, Mandeln und vielen Gewürzen gefülltes Fladenbrot. Am Abend bekommen wir noch Besuch eines jungen Schweizer Pärchens mit einem VW-Bus.  

 

Und weil es uns hier so gut gefällt, beschließen wir noch einen Tag hier zu bleiben. Es gibt gemeinsame Handarbeitsstunde mit Andi und Sandra. Dabei wird geknüpft, geschnitzt, Schmuck gemacht und gestrickt. Sehr lustig! Später spielt Andi noch auf dem Didgeridoo und danach holt er noch seinen Bogen raus und gibt sich dem „meditativen Bogenschießen“ hin.

 

So schön langsam geht uns das Essen aus und wir müssen weiter. Auf dem Weg nach Jorf treffen wir auf unzählige kleine Erdhügel. Erst als wir auf einen hinaufklettern, erkennen wir, dass das alles Brunnen sind. Doch wie das mit den hunderten Brunnen funktioniert und wozu so viele, das erschließt sich uns nicht. Nicht mal meinem Technikgenie Wolfgang. In Jorf klappen sie gerade die Gehsteige hoch und wir können gerade noch etwas Gemüse und Brot kaufen und schon sind wir wieder weg. Auffällig ist, dass die Frauen hier ziemlich schwarz verschleiert rumlaufen. Ein bisschen Sprit für die nächsten Tage wäre auch gut, aber erst an der vierten Tankstelle in Erfoud können wir mit Karte bezahlen. Denn Geld abheben am heutigen Sonntag ist auch nicht möglich. Wir rollen nun wieder nach Merzouga, diesmal direkt im Ort zum Camping Le Petit Prince. Zur Feier des Tages (eigentlich kein besonderer Anlass) bestellen wir ein Menü für den Abend: Salat, Tagine mit Hähnchen und Obst inkl. Wasser für 70 DH pro Person. Die Krönung des Ganzen: eine Flasche Bordeaux für 150 DH! Man gönnt sich ja sonst nix. Hier auf dem Camping treffen wir per Zufall eine Gruppe Berliner Motorradfahrer, mit denen wir schon im Krater geratscht haben. Einer von ihnen ist öfters in Amerang und vielleicht besucht er uns mal - falls wir gerade zu Hause sind.

Nach Wasserbunkern, was bei dem Wasserdruck hier geraume Zeit in Anspruch nimmt, und endlich Briefmarken kaufen und Vorräte aufstocken geht es los auf die Piste Merzouga - Zagora. Die ersten 25 km sind noch auf Teer, aber ab Taouz geht das Geschaukele los. Es kommen uns viele Lastwägen entgegen, die schwer mit Gestein beladen sind. Hoffentlich hört das irgendwann mal auf, denn a) zieht der eine Riesenstaubfahne hinter sich, die fahren auch was die Karre hergibt! und b) muss einer von uns von der Piste runter, breiter ist es nicht. Bei einer Pause im Schatten einer Akazie kommt ein Junge auf einem Mofa angebraust und erzählt uns, dass jetzt dann viel Fech-Fech, also Weichsand, kommt. Ja, wir haben davon gelesen und versuchen dann ihm ausführlich zu erklären, dass wir es alleine probieren wollen und auf seine Dienste als Guide verzichten werden. Doch der Bursche ist zäh, er fährt lange mit uns, vielleicht hofft er uns beim Schaufeln zusehen zu können. Gott sei Dank gibt er dann auf, Wolfgang ist schon etwas angepisst. Bei einer Auberge machen wir noch einen Teestop. Auch hier warnt uns der Besitzer vor Fech-Fech, nun aber zwischen Ramlia und Sidi Ali. Die Hauptpiste wäre mit unserem schweren Truck nicht zu machen. Aufgrund des vielen Regens gibt es viel Schlamm im Flussbett, der nun mit Sand bedeckt ist und nicht auszumachen sei. Auch er kennt natürlich einen Guide. Als wir dankend ablehnen, sagt er aber, dass es noch eine kleine Piste nördlich um Ramlia gibt, zwar mit viel Sand, aber ohne Schlamm. 25 km vor Ramlia schlagen wir unser Lager im Schatten zweier Akazien auf, machen ein Feuer und genießen unseren Hühnereintopf aus dem Potje. Als dann der Mond aufgeht und der Sternenhimmel rauskommt und nur mehr ein paar Fledermäuse um uns rumschwirren ist der Abend perfekt, zumal wir auch noch ein Gläschen Wein hervorzaubern.

 

Gegen neun fahren wir weiter, die LKWs sind nun auch weg und wir schaukeln zwischen den schwarzen Bergen durch, die von rotem Sand zugeweht sind. In Ramlia winken uns ein paar Jungs schüchtern zu, keiner will was von uns - auch ungewöhnlich - und wir nehmen die nördlichste Route. Zuerst geht es durch die kleine Oase durch, eine Hirtin fragt nach Wasser. Wir geben ihr gerne eins, doch eigentlich halten wir nur ungern an, denn der Sand nimmt allmählich zu. Es hilft alles nichts, wir müssen in das Oued hinein, wo wir ein paar angetrocknete alte Spuren erkennen und hoffen, dass es hält. Das geht erstmal gut. Wir fahren nach Gespür in nordwestlicher Richtung. Der Sand ist weich und tief, doch der Hiasl hält sich wacker, wenn man bedenkt, dass wir noch keine Luft abgelassen haben. Das geht so an die vier Kilometer und wir sehen schon das Sandende, noch eine kleine Düne und da passiert es! Wir stecken fest. Also raus, Luftablassen und den Sand vor den Reifen wegschaufeln. Und beim zweiten Anlauf sind wir wieder frei. Wie schon die letzten Tage zuvor ist blauer Himmel mit ca. 32° im Schatten, so dass wir in der größten Mittagshitze eine längere Pause einlegen. Wir treffen auf drei deutsche LKWs, die von Zagora kommen und tauschen uns über die Pistenverhältnisse aus. Und später dann im Nirgendwo taucht wie eine Fata Morgana eine Hotel-Kasbah am Horizont auf und gleich daneben ein Mobilfunkmast.  Na da müssen wir doch gleich mal schauen, was auf Facebook so los ist, hehe! Kurz nach Sidi Ali biegen wir links ab, da wir südlich über Nesrate nach Zagora wollen. Leider geraten wir da in eine französische Rallye hinein. Der Rennleiter weist uns höflich darauf hin, dass uns viele Fahrzeuge entkommen und wir doch bitte etwas aufpassen sollen. Okay. Bei den ersten paar Quads, die Vollpower an uns vorbeidonnern, weichen wir noch aus, aber dann haben wir genug und zwingen die unzähligen Geländewägen, Quads, Motorräder und Racetrucks uns auszuweichen. Scheiß auf deren Wertung, uns reicht der Staub, den wir schlucken müssen. Auf einer brettlebenen Fläche steuern wir die einzige Akazie weit und breit an, das Abendprogramm ist genauso schön wie gestern, allerdings hören wir immer noch die Rallyefahrzeuge, die bis spät in den Abend hinein mit Christbaumbeleuchtung hinter uns vorbeirauschen.

Die Landschaft ist nun eintöniger geworden, fast nur mehr Steinfelder mit Sand vermischt. Das Fahren ist ruppig, man ist eigentlich immer auf der Suche nach der Ideallinie, die man aber nur selten findet. Es ist sehr heiß und die Luft am Horizont flimmert. Obwohl wir nach Westen fahren und die Sonne noch hinter uns steht, ist gleißendes Licht. Nur mehr ab und zu sehen wir ein paar ausgetrocknete niedrige Sträucher, aber einige davon haben ganz frische, leuchtende, gelbe Blüten! Wir passieren zwei Militärposten, denen wir unsere vorbereiteten „fiches“ in die Hand drücken, kommen an einem Ziehbrunnen vorbei, wo sich eine Gruppe Esel und eine Gruppe französischer Motorradfahrer aufhalten. Kurz darauf kommt uns ein Franzose mit Minilastwagen und kleinem Wohnaufbau entgegen und äußert Bedenken zu unserer Weiterfahrt. Er meint, wir wären zu breit für den kommenden Streckenabschnitt über zwei Pässe. Doch Wolfgang sagt, vor eng hat er keine Angst! Und eng ist es auch wirklich nicht, aber sehr ausgewaschen und hohe Stufen. Da ging es nur mehr im ersten Gang mit Untersetzung. Der Hiasl hat gestöhnt und geächzt, aber er schafft es ohne Probleme auf den Pass rauf und genauso heftig drüben wieder runter. Auch wir sind nun müde, denn wir sind nun acht Stunden unterwegs und haben gerade mal 75 km geschafft. Wir stellen uns mitten in diese steinige, schwarze Wüste, müssen aber wegen des starken Windes leider drinnen essen.

 

Wir haben noch 25 km bis Nesrate vor uns, wo wieder der Teer beginnt. Doch auch die haben es wieder in sich. Der nächste Pass ist wie gestern, Gott sei Dank nicht so hoch. Und als wir meinen, jetzt geht es nur mehr eben dahin, gibt es Wellblech vom Feinsten, egal wo man fährt. Bald kommen die ersten Häuser in Sicht. Auf den dazugehörigen Kleinstfeldern liegen die Getreidegarben schon abgeerntet da. Eine Überschlagsrechnung  zeigt mir aber, dass der Ertrag mäßig ist. Als wir die Straße erreichen, halten wir, um die Reifen endgültig auf 4 bar aufzupumpen, denn aufgrund der immer wieder zu querenden Sandfelder, sind wir die letzten Tage nur mit 3,5 bar gefahren. Auf der Fahrt nach Zagora sehen wir, dass im Draa noch etwas Wasser steht und das Flusstal im frischen Grün in der ansonsten eher kargen Landschaft leuchtet. In Zagora fallen wir in die nächste Konditorei und kaufen leckeren Kuchen und gönnen uns dazu feine Obstsäfte. Danach fahren wir zur Garage Iriki, wo wir den LKW waschen lassen und einen Ölwechsel machen lassen wollen. Wolfgang ratscht mit dem Chef und sie kommen überein, dass hier auch gleich noch unsere hinteren Federpakete neu gemacht werden. Denn von Federspannung kann hier keine Rede mehr sein. Er meint, wir können dann gleich hier im Auto schlafen und sie würden sofort mit der Arbeit beginnen. So vier bis fünf Leute wuseln nun um unser Auto rum, doch arbeiten tut nur einer. Wolfgang kann das gar nicht mit ansehen und nach dem Abendessen schmeißt er sich in seinen Blaumann und zeigt ihnen mal, wo der Bartl den Most holt! Um halb elf kommt er ölverschmiert und todmüde rein und ich sehe mich schon die nächsten Tage hier auf der Straße verbringen, oje.

 

Zwei weitere spannende Tage hängen wir noch vor der Werkstatt ab. Zudem ist gerade viel Sand in der Luft und es geht ordentlich Wind, was mich nicht so arg motiviert irgendwas alleine zu unternehmen. Mal abgesehen vom Einkaufen auf dem Markt oder ein kurzer Spaziergang - ausnahmsweise mal mit Wolfgang - in die Palmeraie. Die meisten Felder liegen brach, es ist heiß und staubig und macht nicht so richtig Spaß. Also noch schnell einen Orangensaft in der Stadt trinken, bevor wir wieder unsere Arbeiter beaufsichtigen. Denn das ist leider nötig, wenn wir hier nicht verrotten wollen. Kaum dreht man sich um, versuchen sie immer meditativ Probleme zu lösen!

Am Sonntagabend ist es endlich soweit, die hinteren Federpakete sind neu aufgesprengt, eine zusätzliche Blattfeder kam dazu, eine gebrochene Feder musst leider geschweißt werden, hoffentlich hält das auch. Es wird noch ein Foto mit der gesammelten Mannschaft gemacht und wir ziehen ein paar Meter weiter auf den Campingplatz „Les jardins de Zagora“.

 

Der Platz ist gekiest, also ist heute mal Großreinemachen angesagt. Sämtliche Fenster müssen von Sand befreit und geputzt werden, ebenso das Fahrerhaus, die Garage wird komplett ausgeräumt und gereinigt, der Hiasl bekommt noch einen neuen Luftfilter, innen wird durchgesaugt, Betten frisch bezogen und Wäsche gewaschen und zu guter Letzt noch ein paar Lackierarbeiten und schon sind wir fertig und können die Harira und Tagine von Mohammed genießen.

 

Wir verabschieden uns erst mal von Zagora und fahren nach Agdz. Unterwegs halten wir in Tinzouline um das alte Ksar anzuschauen. Die meisten der Lehmmauern sind zerfallen und eingebrochen, nur hinter wenigen Fenstern rufen uns Kinder ein Bonjour zu, die restlichen Häuser sind verlassen. Die ehemaligen Bewohner sind in moderne Ziegelhäuser umgezogen, auch ist der Erhalt der alten Lehmbauten nach starken Regenfällen recht arbeitsintensiv. Als wir durch die angrenzenden Palmengärten schlendern, hören wir ein Donnergrollen. Und wirklich verdunkelt sich der Himmel ziemlich schnell. Da wir keine Lust haben bei Regen durch Schlamm zu waten, gehen wir zügig zum LKW zurück und fahren weiter. Und bald darauf klatschen schon die ersten dicken Tropfen auf unsere Scheibe. Es kühlt gleich auf 21° ab. In Agdz kaufen wir ein und nach einem Blick auf die Karte verwerfen wir unseren ursprünglichen Plan nach Marrakesch zu fahren und drehen stattdessen um Richtung Nekob. Unweit eines Oueds vor Nekob finden wir einen, leider arg windigen, Übernachtungsplatz.

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Marokko 24.03. - 06.04.2018

Typisch deutsch sind wir pünktlich eine Stunde vor Abfahrt der Fähre am Hafen und wir sind nicht die ersten! Um zwei soll es losgehen und kurz vor vier ist es dann auch schon so weit. Das Gute: wir konnten die Einreiseformalitäten noch vor dem Ablegen erledigen. Um halb sechs rollen wir dann  - mit allen Vorräten ;-) aus dem Zoll, aber für uns zu spät um heute noch nach Asilah zu fahren. Zudem sind die drei Bankautomaten, die wir ansteuern alle nicht in Betrieb. Wir finden ein einigermaßen trockenes Plätzchen 30 km vor Tanger. 

In der Nacht hat es wieder mal geregnet, was das Zeug hält. In Tanger können wir endlich Geld ziehen, tanken und einkaufen, irren dann wegen zahlreicher Baustellen und Radrennen noch eine knappe Stunde in der Stadt rum, bevor wir letztendlich über Tétouan nach Chefchaouen gelangen. Viel gesehen haben wir von der Landschaft nicht und in den Ortschaften sind nur Männer unterwegs, die sich vor dem Regen mit ihren dicken, braunen oder schwarzen Djellabas schützen, die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Es macht alles einen trostlosen Eindruck. Ein Lichtblick am Rande, im wahrsten Sinne des Wortes, die Erdbeerverkäufer, wo wir auch gleich zuschlagen. In Chefchaouen stellen wir den Hiasl auf einem Parkplatz ab, der von einer tiefen Matschschicht überzogen ist. Na super! Wenigstens dürfen wir hier übernachten und es sind auch nur wenige Schritte zum östlichen Stadttor. Wir lassen uns durch die blaue Stadt treiben, ein Gässchen schöner als das andere. Hier eine eisenbeschlagene Türe, dort ein alter Brunnen, ab und zu eine rotblühende Topfpflanze. Einfach klasse und das alles in den unterschiedlichsten Blautönen. Sogar die Hauptmeile mit den vielen Souvenirläden hat Charme. Da müssen wir morgen, es soll schön werden, noch mal her.

 

Hurra, Sonne! Wir parken den LKW auf der anderen Stadtseite, besorgen noch schnell eine Sim-Karte, kaufen noch Obst und Gemüse auf dem Suq, wandern nochmals durch die Altstadt. Mit einem Glas Minztee verabschieden wir uns von Chefchaouen. Die Fahrt geht nun über das Rifgebirge Richtung Fès. Irgendwann zweigen wir von der Hauptstraße ab, der Verkehr nervt. Wir sind nun mal nicht die schnellsten und es kommt immer wieder zu gewagten Überholmanövern. Da teilen wir uns die Straße schon lieber mit Eselskarren, Traktoren, Dreirädern oder Fußgängern. Die Leute winken uns alle freundlich zu, viele recken bei unserem Fahrzeug den Daumen hoch. Das freut uns! Am Ufer eines kleinen Stausees bleiben wir für die Nacht. Der viele Regen der letzten Tage hat das Wasser braun gefärbt, was die Bauern aber nicht davon abhält ihre weißen Rüben darin zu waschen.

Durch üppig grüne Wiesen und gelb blühende Rapsfelder führt uns die Straße langsam nach Moulay Yacoub. Dort gibt es zum einen das Grab desselbigen und zum anderen ein Thermalbad in traditionell und modern. Ich hatte mir eingebildet, das traditionelle Bad wären Becken im Freien. Doch nein, es ist eher ein Hammam mit Schwefelwasser und dazu haben wir doch keine Lust. Wir müssten uns auch erst noch Eimer, Kelle, Hocker etc. kaufen um da mitmischen zu können. Da fahren wir lieber weiter Richtung Süden, umgehen dabei Fès und schrauben uns dann schön langsam durch dichte Zedern- und Steineichenwälder nach Ifrane hinauf. Der Kurort liegt auf 1650 m und macht einen sehr aufgeräumten Eindruck. Die Häuser haben Spitzgiebeldächer, also wie bei uns, erst auf dem zweiten Blick bemerkt man das marokkanische laissez-faire! Irgendwie gefällt es uns hier nicht und darum geht es noch ein paar Kilometer zum Camping Amazigh, wo wir uns unter Kirschbäumen installieren.

 

Ein Radausflug ist angesagt. Aber da hat sich wohl irgendwer mal an unseren Rädern zu schaffen gemacht, obwohl die ja wirklich hoch genug hängen. Denn mein Rad hat einen brutalen Achter im Hinterrad. Auch die Bremsscheibe ist total verbogen. Sehr ärgerlich! Eine Stunde später hat Wolfgang es soweit hingebracht, dass ich zumindest fahren, schalten und bremsen kann. Mit wenig Kondition geht es hinauf zur 40 m hohen, mittlerweile abgestorbenen Cèdre Gouraud. Neben zahlreichen Männern, die Pferdetouren anbieten erwarten uns auch zahlreiche, recht zutrauliche Berberaffen. Wir spazieren ein bisschen rum und beobachten die Affen vorwiegend beim Lausen. Danach geht es 500 Hm runter nach Azrou. Durch die kleine Medina mit den winzigen Lädchen gelangen wir zum Suq, wo wir uns noch mit Lammfleisch und Würsten eindecken, bevor die Auffahrt zum Zeltplatz beginnt. Und dann endlich Lesen und faulenzen, d. h. nach der Reparatur unserer Fahrradabdeckung!

 

Wir suchen uns eine Piste, die über Azrou und Ain Leuh sich immer auf ca. 1700 m durch den Mittleren Atlas schlängelt. Bei einer wilden Affenherde bleiben wir stehen. Ganz neugierig kommen die mutigeren näher und schauen, was wir so machen. Ich gehe ganz langsam auf sie zu, bis auf 10 Meter, aber dann wird es ihnen doch unheimlich und sie treten den Rückzug an. Wir können sie aber noch lange beobachten. Sehr schön! Kurz danach erreichen wir die Source de l’Oum-er-Rbia. Dieser Fluss wird von einer süßen und von einer salzigen Quelle gespeist. Entlang der vielen kleinen Zuflüsse reiht sich eine Teebude an der anderen. Ein selbsternannter Guide geht mit uns hinter zum Wasserfall und schleppt uns danach natürlich zum Tee bei seiner Schwester oder was auch immer ab. Als er dann beim Auto für den Tee 30 DH will und für seine „Dienste“ noch was oben drauf, erkläre ich ihm in meinem besten Französisch, dass er unverschämt ist, was er zwar nicht einsieht, aber er bekommt trotzdem nichts. Unsere Fahrt geht weiter, die Ansiedlungen werden spärlicher,  dafür aber auch sehr ärmlich. Es ist jetzt kalt am Spätnachmittag und aus den winzigen Kaminen raucht es. Autos begegnen uns nicht, Teerbelag gibt es auch schon lange nicht mehr. Wir kommen an einem Forsthaus vorbei und schlagen bald danach unser Nachtlager auf.

Als wir aufwachen sehen wir nichts. Es ist dichter Nebel um uns herum. Die Piste ist durch den Regen und dem Schnee ziemlich ausgewaschen, sodass wir kaum mehr als 15 km/h fahren können. Ab und zu taucht ein kleines Dorf auf, die Kinder stürzen sofort aus den Häusern, wenn sie uns hören und winken. Die Frauen schauen etwas zurückhaltend, aber die Männer grüßen alle freundlich. Doch es ist nicht zu übersehen, dass alle frieren. Es hat draußen 7 Grad und es nieselt. Überall sehen wir frisch gepflanzte Obstbäume, die Felder werden gerade gepflügt, mit Man- und Eselpower. Die Erde ist mit vielen großen Steinen durchsetzt, die auch erst mühsam gesammelt werden müssen. Und zwar jedes Jahr, immer wieder. Die reinste Sisyphosarbeit. Wir stochern weiter im Nebel rum, bis wir auf ca. 2000 m auf etwas Schnee stoßen, doch gerade mal so viel, dass wir ein Foto machen können. Die lehmige Straße zieht sich nun in vielen Kehren und mit vielen Pfützen rauf und runter, immer Richtung Osten. Allmählich kommen wir tiefer und die Sonne setzt sich durch und wir können nun auch wieder mit etwas höherer Geschwindigkeit fahren. Kurz vor Itzer erreichen wir wieder eine bessere Straße. Bei einer Tasse Kaffee überlegen wir, wo wir nun hinwollen. Als wir dann auch noch von Marina und Schorsch eine Whatsapp-Nachricht bekommen, dass sie zu den Ouzoud-Wasserfällen fahren, disponieren wir wieder um und rollen nun durch eine staubige, windige, eintönige Landschaft über Zaida Richtung Beni Mellal. Als dann endlich Obst- und Olivenplantagen auftauchen, gefällt es uns wieder und ein paar Kilometer hinter Ouamoumane übernachten wir oberhalb eines Stausees.

 

Heute ist Großeinkauf in Beni Mellal angesagt. Auf dem Suq besorgen wir Obst, Gemüse, Oliven, Brot und Fleisch und ihm nahe gelegenen Einkaufstempel Marjane den Rest. Nach französischem Vorbild gibt es hier alles, bis auf Alkohol. Aber noch haben wir ja was. Bald nach der Stadt führt uns eine Passstraße hinauf zum Stausee Bin El Oudiane. Die Landschaft ist fantastisch. Immer wieder adrette Ortschaften inmitten von grünen Felder und Obstbäumen.  Man sieht, dass es den Menschen hier besser geht. Es wird viel gebaut, auch Straßen- und Kanalisationsarbeiten sind im vollen Gange. Ebenso werden überall Wasserleitungen verlegt. Wir sind nun im Vorgebirge des Hohen Atlas und am Horizont sehen wir die noch tief verschneiten Gipfel. Die Sonne scheint, es hat an die 20 Grad, was will man mehr? Am Stausee finden wir noch einen einsamen Platz, von wo wir das Geschehen, wie Bootfahren und auch Wasserskifahren genau beobachten können, aber trotzdem in Ruhe Lesen können.

 

Heute machen wir eine ausgiebige Wanderung um die nächsten Lagunen. Wir kommen durch ein kleines Dorf, wo wir die Kinder in der Schule hören. Die Schulen sind immer schon von weitem auszumachen, da sie alle in rosa, hellblau, gelb und hellgrün gestrichen sind. Die Klassenzimmer gruppieren sich um einen Innenhof, ohne Schnickschnack, aber alles ordentlich. Die Leute grüßen uns freundlich mit Salam. Manchmal sehen wir Hirten im Schatten unter einem Baum sitzen. Ich überlege mir, was die den ganzen Tag machen. Als wir bei ihnen ankommen, weiß ich es: sie daddeln auf dem Handy rum. Zurück beim LKW kommt eine Gruppe von Männern und ein Schaf. Stunden später fahren die Männer wieder, aber ohne Schaf. Das musste sein Leben lassen, oben unter den Bäumen wurde es zappzerapp geschlachtet, gegrillt und verspeist.

Über Azilal fahren wir weiter nach Ouzoud. Doch schon ein paar Minuten nach dem Stausee sind wir von dichtem Nebel umhüllt. Die Sicht beträgt zwischen 15 und 20 Meter, wobei es die entgegenkommenden Marokkaner nicht der Rede wert finden ihre Scheinwerfer einzuschalten. Und auf ihrer Seite fahren sie ja auch nicht immer. Sobald wir uns begegnen, blinken sie ein paarmal mit dem Warnblinker und weiter geht die Geisterfahrt. Erst weit hinter Azilal setzt sich die Sonne durch und wir erreichen Ouzoud. Wolfgang fährt fast bis auf den letzten Parkplatz, es wird eng und er will wenden. Dabei stößt er mit dem Lenker vom Fahrrad an eine Hausmauer. Sofort großes Palaver von den Umstehenden! Wir hätten eine Hausmauer zum Einstürzen gebracht und das kostet 500 Dh. Es lehnt tatsächlich ein großes Stück Mauer am Haus, aber wir können uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass wir das waren. Wolfgang ist genervt und gibt dann dem Bruder vom Hausbesitzer 100 DH und wir fahren weiter. Am großen Parkplatz stehen dann auch schon Marina und Schorsch aus dem Chiemgau, mit denen wir uns verabredet haben. Wir marschieren zu den Wasserfällen, für die Ouzoud berühmt ist. Sie sind auch wirklich beeindruckend, also für Marokko jedenfalls. Ansonsten herrscht hier die übliche touristische Geschäftigkeit wie schon bei den Sources letztens. Zum Übernachten entscheiden wir uns für den Camping Zebra einen Kilometer oberhalb der Ortsmitte. Schöne Parzellen, sehr saubere und ansprechende Sanitäranlagen und eine Waschmaschine, die wir morgen in Anspruch nehmen wollen. Nach einem langen Abend fallen wir dann um drei Uhr endlich in die Betten.

 

Zuerst die Hausarbeit und dann eine Wanderung runter zum Fluss und durch die Gärten zurück nach Ouzoud, wo wir leckere Kringel mit Thé à la menthe genießen, bevor wir zum Campingplatz rauflaufen.

Ein Deutscher hat uns eine schöne Tour über den Hohen Atlas hinüber ins Dadès-Tal empfohlen und die wollen wir heute gemeinsam angehen. Doch wir werden schon bald gestoppt. Denn in Tanannt ist heute Wochenmarkt und den wollen wir uns nicht entgehen lassen, zumal wir auch noch Obst und Gemüse brauchen. Hier gibt es alles: Eier, Haushaltswaren, Türen, Hühnern, Fenster, Fisch, Obst in rauen Mengen, Gemüse, Gewürze, Brot. Wir decken uns mit Erdbeeren, Kartoffeln, Karotten, Orangen, Eier, Brot und Gewürzen ein. Es ist ein Gewusel und Geschreie, die Waren liegen alle auf Planen auf dem Boden, die Händler wedeln den Staub weg, Esel schreien. Herrlich! Wir gönnen uns noch ein Glas Tee mit wieder sehr leckeren Hefekringel, bevor wir uns wieder zu den LKWs begeben. In Demnate muss ich unsere Sim-Karte noch aufladen und wir brauchen noch Milch, aber schon kann es weiter gehen. Doch bald schon kommt der nächste Stopp: die Naturbrücke in Imi-n-Ifri. Über einen gemauerten Pfad steigen wir zum Fluss hinunter und schauen uns die ausgewaschenen Felsen an, in dem zahlreiche Vögel nisten.  Es ist nun schon ganz schön spät und so suchen wir einen ebenen Stellplatz und werden auch bald fündig. Er eignet sich hervorragend für ein Feuer, wo wir unser Abendessen grillen. Der Sternenhimmel ist überwältigend!

 

Die Straße windet sich in den Hohen Atlas hinauf. Die Landschaft ist einfach klasse, unten im Flusstal sind die Getreidefelder, Obst- und Gemüsegärten, oben an den Hängen kleben die Dörfer wie Vogelnester. Viele Häuser sind noch in traditioneller Lehmbauweise errichtet, doch mancherorts hat auch hier der Beton Einzug gehalten. Leider fehlt wohl oft das Geld, um diese Neubauten fertig zu stellen, sodass sie oft unverputzt oder nicht angestrichen mit hochragenden Eisenarmierungen nicht ganz so toll aussehen. In dem winzigen Ort Aït Tamlil wollen wir Brot und Eier kaufen. Doch die älteren Ladenbesitzer sprechen kein Französisch und auch mit Händen und Füßen kommen wir nicht weiter, bis uns endlich ein paar Jungs entdeckt haben und uns weiterhelfen. Erstaunlich ist auch, dass es hier in diesen winzigen Läden von Kaugummi, über Schuhcreme bis zu Nutella fast alles gibt. In einer Teestube bestellen wir eine Kanne Tee und unterhalten uns „ausführlich“ über Fußball! Es geht weiter über den Tizi n’Outfi mit 2180 m und wir schauen uns nun allmählich nach einem Schlafplatz um. Bei dem Ort Idarn N’Ouareg entdecken wir unten am Fluss Tassaout eine ebene Kiesfläche, zu der auch eine von oben gut aussehende Piste führt. Wolfgang und ich fahren voran. Schon nach wenigen Metern merken wir, dass sie kaum breiter als unser Auto ist. Die Kurven sind höllisch eng, wir müssen sogar einmal zurückstoßen und das ist uns noch nie passiert! Tja, wir sind nun unten und Schorsch und Marina? Marina streikt nach der zweiten Kurve und geht zu Fuß, aber Schorsch fährt seinen Rundhauber tapfer runter. Leider hat sein LKW nicht so einen guten Einschlagwinkel, sodass er in den Kurven ganz schön rangieren muss! Jetzt hätten wir uns eigentlich eine Erholung verdient, aber denkste. Wir werden sofort von sämtlichen Kindern des Dorfes umzingelt und sehr intensiv unter Beschlag genommen! Die Mädchen sind begeistert von unserem Hiasl: Très jolie, magnifique! Mais très petit! Als es zu dunkeln beginnt, trollen sie sich nach Hause und wir atmen auf, denn es war doch anstrengend bis zu 18 Kinder zu unterhalten.

 

Kleiner Ärger am Morgen, denn von Marina wurde in der Nacht ihr Einstiegshocker aus Holz geklaut. Hmmm.  Mit einem kräftigen Frühstück stärken wir uns für die Auffahrt. Doch dank Untersetzung und Sperre des Mitteldifferentials geht es wunderbar! Die Landschaft wird  nun karger, die Anbauflächen kleiner und oft ziemlich weit von den Dörfern weg. Wahnsinn, wie mühselig sich die Menschen hier ihr Auskommen erarbeiten müssen. Es kommt uns mal wieder eine geführte Rallye entgegen, Spanier mit lauter Kleinwägen wie Peugeot 205, alte Polos, R4, Käfer und so. Wir schrauben uns nochmal hinauf auf knapp 2200 m auf den Tizi N’Fedhrat. Die Luft ist klar und wir haben eine Superaussicht auf den Atlas und das im Süden liegende Draatal. Nun geht es durch unzählige Kehren hinab zum Draa. Sobald wir aus den Bergen raus sind, wird die Gegend etwas öde, fast brettleben und der Wind treibt den Staub und Sand übers Land. In Skoura kaufen wir ein und stellen uns bald danach ein paar hundert Meter neben der Straße ins steinige Gelände. Trotz kräftigen Windes können wir es dank einem kleinen Lagerfeuer noch lange draußen aushalten und wie immer den Wahnsinnssternenhimmel betrachten.

Portugal/Spanien 11.03. - 23.03.2018

Begleitet von heftigem Wind fahren wir auf die Aussichtsplattform der Christus-Statue hinauf. Leicht im Dunst liegt Lissabon vor uns, begrenzt durch den Tejo und links die Brücke des 25. April und ganz rechts am Horizont können wir noch die Pfeiler der Vasco da Gama Brücke erkennen, mit 17 km Länge die längste Brücke Europas. Weiter geht’s zum Parkplatz am Fähranleger in Seixal, wo wir den LKW für zwei Tage abstellen. Auf den 100 Metern vom Auto zum Terminal regnet es so stark, dass unsere Hosen komplett durchweicht sind. Als wir nach der kurzen Fahrt in Lissabon ankommen, scheint wieder die Sonne. Es ist das reinste Aprilwetter. Wir laufen uns erstmal warm: ins Bairro Alto hinauf, dann wieder steil hinunter. Die Wartezeit bis die Vroni kommt, überbrücken wir bei einem der vielen Kioske. Glücklich vereint, fahren wir mit Uber über die Hügel in unsere Wohnung im Bairro Alto. Den Rest des Tages spazieren wir so halb durchnässt durchs Viertel, gehen gut Fischessen und lehnen dann aber dankend die Haschischangebote ab und fallen danach todmüde ins Bett.

Für heute ist gleichmal Straßenbahnfahren angesagt. Mit der 25 zum Jardim Estrela und dann mit der 28 zurück ins Zentrum. Erstaunlich, wie sich die alten Bahnen den Berg hinauf quälen, um enge Kurven kratzen und bis auf wenige Zentimeter an den parkenden Autos vorbeikommen. Die Fenster sind geöffnet, aber ich trau mich nicht mal den Kopf rauszustecken, vor lauter Angst an einem Lieferwagen oder Verkehrsschild zu kleben. Aufzugfahren steht eigentlich auch auf der Liste, aber die Wahnsinnsschlange vor dem Elevador de Santa Justa schreckt uns ab. Nach einem Mittagssnack laufen wir durch enge Gassen hinauf zum Castelo und weiter ins alte Viertel Alfama. Lauschige Plätze wechseln sich mit urigen Gässchen ab. Winzige Kneipen mit modernen Touristenlokalen. Eine alte Frau verkauft aus dem Wohnzimmer raus den portugiesischen Kirschlikör Ginjinha. Den muss ich mal probieren: nicht so ganz mein Ding, aber auch nicht so schlimm wie Eckes Edelkirsch. Allmählich brennen uns die Füße und wir beschließen mit der Tram zur LX-Factory ans andere Ende zu fahren. Hier wurden in einer alten Textilfabrik hippe Läden und Bars untergebracht. Ich habe es mir größer vorgestellt und nicht so gastronomielastig, ist aber ganz nett. Nach einem Sundowner lassen wir uns von der Tram wieder nach Alfama bringen. Im angestrebten Lokal bekommen wir leider keinen Platz mehr, so dass wir ein paar Meter weiter müssen. Wieder mal Fisch, der super geschmeckt hat, allerdings frieren wir ziemlich, weil alles mehr oder weniger offen ist. Gut, dass auf dem Nachhauseweg auch noch ein Fußmarsch drin ist.

Unsere Rucksäcke sind schnell gepackt, so dass wir auf dem Weg zur Fähre noch in der Markthalle vorbeischauen können. Zurück beim Hiasl - es wurde nicht eingebrochen, wovor ich Angst hatte - verstauen wir unser Zeug und fahren über Setubal Richtung Évora. Kurz davor drehen wir bei Nossa Senhora de Guadeloupe zu den Steinkreisen von Almendres ab. Die letzten paar Kilometer geht´s über eine Holperpiste zum Parkplatz. Die Sonne ist kurz vorm Untergehen und die 95 Menhire mitten in einem Korkeichenwald verbreiten eine mystische Stimmung. Wir sind fast allein und suchen die Felsritzungen, wie auf der Tafel angegeben. Erfolglos! Der Parkplatz ist mittlerweile leer, also der perfekte Schlafplatz für uns.

 

Schlimmes Geräusch heute Morgen: Es schüttet! Wir holpern die Piste wieder zurück und nach längerem Suchen entdecken wir in der Nähe noch einen Menhirtisch, wohl ein Grab. Foto gibt‘s nur aus dem Auto raus. Über aufgeweichte, erdige Straßen fahren wir an Eukalyptusalleen entlang, entdecken im Regenschleier stämmige Rinder, die an Bisons erinnern mit vielen Kälbern. „Ach, sind die süß!“ O-Ton vom Kind, hehe. Bald sind wir in Évora und eilen ganz alleine durch die nassen Straßen zur Knochenkapelle. Klosterbrüder haben hier vor 250 Jahren aus den Gebeinen der Verstorbenen eine Kapelle ausgekleidet. Bisschen gruselig. Im Museum können wir sakrale Kunst bestaunen, nun ja Geschmackssache. Gut gefallen hat mir die Krippenausstellung aus aller Welt, allen voran die japanischen Josef, Maria und Jesus. Der Regen hört einfach nicht auf und so finden wir, dass wir den Tag noch nutzen um nach Mértola zu fahren. Im Auto werden wir wenigstens nicht nass. Fast nicht, denn durch das Kühlergitter wird das Wasser reingepeitscht und durchweicht unentdeckt meinen linken Fuß.

 

Mértola ist ein kleines, aufgeräumtes Städtchen mit Geschäften für das alltägliche Leben, aber mit drei Schuhläden. Schon viel für die 2000 Einwohner. Wir laufen hinauf zur Burg, kommen noch an dem kleinen Museum eines islamischen Hauses aus dem 12. Jahrhundert vorbei und haben vom Turm aus einen weiten Blick über den Ort, auf den recht braunen Fluss und die frisch begrünten Hügel. Hat sich schon rentiert, dass wir hierher gefahren sind. Ich mag so kleine Ortschaften mit den kopfsteingepflasterten Gassen, den Häusern mit ihren vergitterten Fenstern, die roten Dächer, alte Frauen im Morgenmantel beim Ratschen, alte Männer vor ihrem Café in der Bar u.v.m. Doch nun geht es weiter über eine kurvige Bergstraße rauf und runter an die Algarve. Wir kennen uns nicht aus und steuern einfach irgendeinen Strand auf der Karte an. Es ist der Praia de Coelha westlich von Albufeira.  Nicht groß, aber links und rechts von gelben, ausgehöhlten Felsen gesäumt, feiner Sand und sehr ergiebig für Muschelsucher. Vroni und ich können nicht an uns halten, während Wolfgang ein kleines Nickerchen macht. Leider ist der Kühlschrank leer, so dass wir noch was einkaufen müssen. Aber danach gleich zum nächsten Strand mit großem Parkplatz zum Schlafen. Wir sind etwas irritiert von einem kurzen, merkwürdigen Geräusch des Motors, aber Wolfgang sieht auf die Schnelle nichts.

Bei blauem Himmel starten wir zu einer Wanderung an den Klippen entlang, bleiben alle paar Meter für ein Foto stehen, sammeln frischen Thymian, bestaunen wilde Blumen und freuen uns, weil es hier so schön ist. Vroni und ich stecken auch mal unsere Füße ins Wasser, aber mehr würden wir nicht aushalten. Brrr! Einziger Wermutstropfen: ein kurzer, aber heftiger Schauer! Zurück beim LKW gibt es noch Kaffe und dann wollen wir weiterfahren. Doch was ist das? Kein Luftdruck? Unser Bordmechaniker wirft einen Blick auf den Motor und schon erklärt sich das gestrige Geräusch: da hat es uns wohl einen Keilriemen durchgezogen. So ein Mist! Aber wir haben Ersatz dabei. Fahrerhaus kippen, neuen Keilriemen drauf und siehe da, er um ein paar Zentimeter zu groß. Viele Flüche später hat Wolfgang mit Strick und Gaffaband ein Provisorium gebastelt. Ein Portugiese erklärt uns mit Händen und Füßen, wo die nächste Werkstatt ist - 7 km - und dass sie noch 1,5 Stunden auf hat. Mit viel Gequietsche fahren wir also nach Lagoa und bekommen zwei kürzere Keilriemen. Wir fahren so lange, wie das Provisorium hält, wobei wir natürlich die Hoffnung hatten bis Faro, gute 50 Kilometer, zu kommen. Doch nach 10 Kilometern ist Schluss. Die Sonne ist schon fast am Untergehen und es ist nun recht kühl. Aber hilft nix, Vronis Flieger geht morgen früh in Faro! Die Enttäuschung ist groß, diese sind nun zu klein. Mit viel Gewürge bekommt Wolfgang einen drauf und wir schaffen die Strecke bis Faro. So haben wir uns den letzten Abend mit Vroni nicht vorgestellt. Traurig!

 

Um sieben Uhr läutet der Wecker. Wir wollen wenigstens noch in Ruhe frühstücken, bevor wir um halb neun zum Flughafen fahren. Wir machen den Abschied kurz, bevor doch noch die Tränen kommen. Ganz in der Nähe ist ein Autozulieferer, der uns wieder mal zwei Keilriemen und gleich noch einen Außenspiegel verkauft. Es regnet wieder, Stimmung schlecht. Wir haben keine Lust zu fahren und steuern den Stellplatz in Olhão an. Gekiest mit Betonmauer drumherum, dafür Ver- und Entsorgung und warme Dusche und Toiletten für 10 € pro Tag. Am Nachmittag regnet es so heftig, dass es das Wasser manchmal zum Küchenfenster reindrückt. So allmählich kotzt uns das hier in Portugal richtig an. Den Rest des Tages verbringen wir mit Lesen, Schlafen und am Handy rumdaddeln.

 

Wir können es kaum glauben: kein Regengeräusch am Morgen! Wir duschen ausgiebig und bereiten das Frühstück zu, als es an der Türe klopft und die „Platzwartin“ davor steht. Sie spricht nur französisch. Ob wir heute abreisen? Ja, das sagte ich ihr gestern schon. Da meinte sie, dass wir bis um 10 Uhr weg müssen. Es ist viertel vor 10. Können wir nicht eine halbe Stunde länger bleiben? Nein, dann müssen wir nochmals 10 € bezahlen. Blöde Zicke, so schön ist es hier nicht und außerdem hätte sie uns das gestern auch sagen können. In 10 Minuten spülen wir ab, räumen zusammen, entleeren die Toilette und um 9.59 fahren wir zum Tor, bleiben noch eine Minute drin stehen und dann weg.

Frühstück gibt es ein paar Meter weiter und danach haben wir uns einen Waschsalon in Tavira ausgesucht, denn leider ist eine Daunendecke etwas angemodert. Die lange Überwinterung in dem feuchten Klima war doch nicht so optimal für den Hiasl und seinem Inhalt. Nach der Arbeit das Vergnügen. Wir streifen noch durch Tavira mit seiner schönen Bogenbrücke, die mit den alten Handelshäusern am Ufer des Gilão um die Wette leuchtet.

Nach einer kurzen Fahrt sind wir schon in Cacela Velha. Ein kleines Fischerdörfchen mit kleinen, weißen Häusern und den typischen gelben oder blauen Farbstreifen an den Ecken und winzigen Vorgärten. In einer alten Wehranlage ist nun die Polizei untergebracht. Für den Miniort sind erstaunlich viele Touristen da. Durch einen Opuntienhain gelangen wir zum Meer und ich hole mir beim Muschelsuchen leicht nasse Füße. Nun kommt für uns die letzte portugiesische Ortschaft vor der spanischen Grenze. Castro Marim mit dem alten und neuem Castelo und außen um die Stadt rum die Salinen zur Salzgewinnung. Laut unserem Reiseführer soll ja von hier das beste Salz Portugals herkommen, darum kaufen wir auch gleich ein Säckchen mit Flor de Sal. Mit einsetzendem Nieselregen besichtigen wir das alte Castelo, wo einst die Nachfolger der Templer ihren Hauptsitz hatten und das auf einer ursprünglich maurischen Festung gebaut wurde. Im Salzmuseum um die Ecke schauen wir uns Fotografien zum heutigen ländlichen Leben in Portugal an, bevor wir recht schnell zum Auto zurücklaufen um nicht wieder patschnass zu werden. Ein paar Minuten später überqueren wir den Rio Guadiana und rollen nun auf spanischer Seite auf der kostenfreien Autovia bis nach El Rocío, das am Rand des Naturparks Doñana liegt. Ein sehr interessanter Ort, denn es gibt keine geteerten Straßen und diese bestehen nun nach den starken Regenfällen eigentlich nur aus einer Aneinanderreihung von riesigen, braunen Pfützen. Auf der Suche nach einem Parkplatz sauen wir das Auto ein bisschen ein und finden dann in einem Kiefernwald außerhalb eine schöne Stelle für die Nacht.

 

 

Eigentlich wollen wir ja ein paar Vögel beobachten, aber zuerst geht es noch in die imposante Wallfahrtskirche Ermita de Nuestra Senora del Rocío. Die restlichen Häuser des Ortes gehören fast alle diversen Bruderschaften - mehr als 70 - , die bei wichtigen Prozessionen, wie jetzt dann Ostern, Marienstatuen auf prächtigen Gestellen durch die Straßen tragen.  Für die Vögel haben wir wohl nicht die richtige Zeit erwischt. In Ufernähe sehen wir zwar einige Löffler und Sichler und weiter drin in der Lagune können wir mit dem Fernglas noch eine kleine Flamingokolonie ausmachen, aber das war es dann auch schon. Schade. Da es über den Guadalquivir keine Brücken gibt, müssen wir bis nach Sevilla rauffahren, bevor wir endlich nach Süden abbiegen können. 20 km vor Jerez de la Frontera übernachten wir beim Schwimmbad von El Cuervo de Sevilla.

In Jerez de la Frontera gehen wir zuerst in die Altstadt, widerstehen einer Tour in eine Jerez-Bodega, vor zwölf vertrage ich noch keinen Alkohol und wuseln dort mit vielen Einheimischen und Touristen durch die Gassen. Nach Stärkung in einem Café schauen wir den Alcazar an, der einer der am Besten erhaltensten in Andalusien sein soll. Ist schon immer wieder toll zu sehen, was die Mauren für geschmackvolle Bauten errichtet haben. Viele kleine Innenhöfe drin und einen geometrisch angelegten Garten. Nicht ganz so dazu gepasst haben heute die vielen Schulklassen auf Wandertag, die sich alle nur sehr laut unterhalten können. Für uns geht es weiter nach Cádiz und heute mal nicht während der Siesta, wie vor vier Jahren. Es macht uns viel Spaß durch die engen Straßen zu streifen, in den ein oder anderen Laden zu gehen und kurz vor Sonnenuntergang auf einer Plaza einen Sundowner zu trinken. Später am LKW erleben wir noch eine kleine Überraschung, denn genau neben uns ist das Theater und dort wird von neun bis halb zwölf von so knapp 70 Mann mit Pauken und Trompeten für die Osterprozession geprobt. Zuerst sehr schräg, aber als dann endlich der Dirigent eintrifft, kann man eine gewisse Melodie erkennen!

 

Am Vormittag waren wir noch auf dem Markt um einzukaufen und eine Tüte frisch gebackenen Tintenfisch zu essen und schon fahren wir weiter zum südlichsten Zipfel Spaniens. Doch ganz so schnell geht es leider nicht, denn auf einmal hat der Hiasl einen totalen Leistungseinbruch, natürlich genau auf den paar Kilometern Autobahn, die wir wegen einer Umleitung nehmen müssen. Und da werden vier Kilometer bis zur Ausfahrt ganz schön lang! Irgendwann sind wir endlich rausgehoppelt und siehe da, der Vorfilter ist wieder total zu. Hmm, hat sich die Pest wieder zurückgemeldet oder ist es normaler Dreck im Tank? Der Filter wird freigeblasen und bald sind wir in Tarifa angekommen. Wir bunkern nun für Marokko noch ein paar wichtige Sachen wie Wein und Bier und treffen uns später am Eingang zur Altstadt mit Rita und Barni, die wir vor ziemlich genau einem Jahr in Griechenland kennengelernt haben. Ich freue mich sehr, dass es mit dem Treffen geklappt hat, denn wir haben uns viel zu erzählen. Nach einem feinen Essen in einem Fischlokal verabschieden wir uns von den beiden mit dem Vorsatz uns im nächsten Frühjahr wiederzusehen. Mal schaun!

 

 

Wegen dem Mistwetter in der letzten Zeit, eigentlich seit wir hier sind, sind wir beide arg erkältet, aber Tarifa wollen wir uns wenigstens noch etwas anschauen. Auch hier werden die Häuser und Straßen, wie auch schon in den Orten vorher gefegt, frisch gestrichen und geputzt, damit für die Semana Santa auch ja alles in Ordnung ist. Lange halten wir es aber nicht aus, der Wind ist wieder so eklig, ich will eigentlich nur mehr ins Auto. Wir fahren rüber nach Algeciras, wo man von einem kleinen Pass einen tollen Ausblick auf Gibraltar und die nahe Küste Marokkos hätte. Aber heute ist alles grau und sehr diesig. Bei „Carlos“ kaufen wir für morgen ein Fährticket und verbringen den Nachmittag mit Blogschreiben. Tschüss Europa!

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Portugal 22.02. - 10.03.2018

Mit ein paar Ersatzteilen im Gepäck verlassen wir das kalte Bayern und starten um 16.40 Uhr von Memmingen aus nach Porto. Nach einem ruhigen, aber kalten Flug - bei Ryanair ist anscheinend nicht mal eine Heizung drin - landen wir nach einem tollen Ausblick von oben auf Porto um 19.10 Uhr pünktlich zum Sonnenuntergang. Mit Metro und Uber-Taxi gelangen wir in annehmbarer Zeit nach Vila Nova de Gaia zum Campingplatz, wo uns unser Hiasl und auch die Angestellten - finalmente! - erwarten. Es ist noch alles an Ort und Stelle und die Batterien voll aufgeladen, super!

Wir wachen auf bei blauem Himmel und Sonnenschein, herrlich nach so viel Grau in der letzten Zeit zu Hause. Nach dem Frühstück machen wir uns über die Reparatur des Wasserhahns her. Und beenden sie auch gleich wieder! Wir haben die falschen Schläuche mitgebracht, grr. Also nur einen Filter getauscht und die Schubladen neu ausgerichtet und schon haben wir den Nachmittag zur freien Verfügung. Wir laufen am Strand entlang bis fast nach Porto und entdecken noch ein Waschhaus, in dem fleißig per Hand gewaschen wird. Die frische Wäsche wird dekorativ gleich daneben an Seilen und Stangen aufgehängt. Bei einem kleinen Lokal stehen die Tische noch so schön in der Sonne und da können wir nicht nein sagen, zu Weißwein und Portwein. Leicht beschwipst machen wir uns auf den Heimweg und beenden den Tag mit Rummy-Spielen. Es geht unentschieden aus!

 

Nach dem Bezahlen für die Standzeit und insgesamt dreimal Übernachten sind wir für 73 Tage 274€ los. Aber ich finde es ganz in Ordnung, der LKW stand sicher und war rund um die Uhr bewacht.

Ein paar Kilometer weiter findet Wolfgang in einer winzigen Eisenwarenhandlung die passenden Wasserschläuche, kurz darauf bekommen wir auch unsere Gasflasche aufgefüllt und der nächste Supermarkt ist auch gleich um die Ecke, wo wir unsere Schubläden und Kästen wieder auffüllen. Wir haben nun keine Lust mehr noch viel zu fahren und steuern deshalb den Parkplatz in Pardilhó an, den wir vom Dezember schon kennen.

 

Auf einer Info-Tafel wird ein Wanderweg angezeigt und da verschieben wir unsere Weiterreise gleich nochmal und laufen so zwei Stunden an den Lagunen rum. Von den angepriesenen Vögeln, wie z. B. Flamingos, sehen wir zwar keine, aber die kleinen Dörfer sind interessant anzuschauen. Prunkvillen neben winzigen z. T. auch schäbigen Behausungen. Viele sind mit Azulejos beklebt, was jetzt nicht so mein Geschmack ist. Beim nachmittäglichen Faulenzen spricht uns ein portugiesisches Paar an, das über 25 Jahre in Deutschland gelebt hat. Alles was Geld und Arbeit betrifft ist in Deutschland besser, doch das Leben an sich gefällt ihnen in Portugal viel mehr! Und mit deutscher Rente kann man es sich auch leisten.

 

Heute stürzen wir uns mal wieder in eine Stadt und zwar geht es nach Aveiro, auch das Venedig Portugals genannt. Aveiro wird von mehreren Kanälen durchzogen, auf denen die Touristen in bunt bemalten, ehemaligen Fischerbooten durch die Stadt geschippert werden. Wir gehen lieber zu Fuß durch kleine Gassen in die Altstadt und kaufen uns in einem Café die hiesige Spezialität Ovos Molos, ein pappsüßes Zeug aus Eigelb und Zucker. In einem Friedhof schauen wir uns die Familiengruften an, wo die Särge zumeist hinter Glastüren über- oder nebeneinander aufgebahrt sind. Auf einem kleinen Platz genießen wir die Sonne auf einer Bank und lauschen dem Fadogesang aus einem nahe gelegenen Musikgeschäft. Doch unsere Parkuhr läuft ab und wir rollen weiter nach Condeixa-a-Velha, südlich von Coimbra. Hier schauen wir uns die Reste und Ausgrabungen einer antiken römischen Stadt an, welche die Römer vor ca. 2000 Jahren auf den Siedlungen von keltischen Ureinwohnern errichteten. Immer wieder faszinierend! Auch die Exponate im angrenzenden Museum wie z. B. Scheren, Schmuck, Gläser, Geschirr u.v.m. sind wirklich super. Und was für uns auch recht gut ist: man darf auf dem Parkplatz übernachten!

Seit gestern Spätnachmittag regnet es, gut, dass wir vorher noch in der Ausgrabung waren. Wir nutzten das schlechte Wetter zum Wäschewaschen beim Intermarché und machen uns anschließend auf den Weg ins Landesinnere. Wieder mal ist alles links und rechts der Straße verbrannt, doch bei vielen Eukalyptusbäumen zeigen sich schon frische Triebe am Stamm. Doch bis diese Wälder wieder sattgrün sind, sind sie bestimmt schon von neuem abgebrannt. In dem winzigen Dorf Dornes am Ufer des zweitgrößten Flusses Zêzere hat uns Wolfgang einen Parkplatz auserkoren. Wunderschön oben auf der Kuppe neben einer Kirche mit nur einem Haken: wir verkeilen uns mal wieder in den engen Gassen. Mit Müh und Not können wir die Karre wenden - Balkon und Vordach bleiben auch an Ort und Stelle - und finden dann an der Landstraße einen ebenen Platz. Dornes ist ein verschlafenes Nest, aber anscheinend ist im Sommer etwas Tourismus mit Boot- und Kanuverleih und vielleicht ist dann auch die ein oder andere Bar geöffnet.  Wir vertreiben uns den verregneten Nachmittag mit Orangenmarmeldekochen. Sehr lecker!

 

Mit Schirmen bewaffnet starten wir zu einer kleinen Wanderung, die aber recht bald von einer arg großen Pfütze beendet wird. Tja, unsere Gummistiefel haben wir halt nicht dabei. Also ab ins Auto und auf nach Tomar. Auf dem Stadtparkplatz finden wir umgeben von vielen Pfützen einen Stellplatz. Doch ein Blick ins Internet zeigt uns, dass das Convento an genau drei Tagen im Jahr zu hat und heute ist einer davon: am 1.1., 1.3. und am ersten Sonntag im Mai. Also wieder runter in die Stadt, aber nun auf den Womo-Stellplatz, der bis vor kurzem der Camping municpal war und nun zwar kein warmes Wasser und keinen Strom bietet, dafür aber auch nichts kostet. Super!

 

So, heute aber ins Kloster. Allerdings schüttet es so, dass wir auf dem kurzen Weg vom Parkplatz bis zum Eingang schon ziemlich nasse Hosen haben, was für so zugige, alte Gemäuer auch nicht das Wahre ist. Wir drücken pro Person 6 Euro ab und dann treten wir ein in die Welt der Tempelritter. Dieser Orden errichtete im 12. Jh. die Burg mit der beeindruckenden Rundkirche, alles reich mit Steinmetzarbeiten verziert und sehr großzügig erbaut. Geld spielte wie immer bei der Kirche keine Rolle. Ganz toll sind die vielen Wasserspeier an den Dächern, die heute besonders hervorstechen. Die Templer hatten hier bis ins 15. Jh. ihren Hauptsitz. Danach wurde drumherum ein Kloster angebaut mit diversen Innenhöfen, Kreuzgängen, Türmen, einem riesigen Refektorium, knapp hundert Klosterzellen - von sehr winzig bis großzügig für den Abt - und der Großküche, die ja nicht nur die Bruderschaft sondern auch die Pilger versorgen musste, mit den gewaltigen Vorratsräumen. Wir können Wandmosaike bestaunen, Kieselmosaike in den Kreuzgängen und unzählige Wandverkleidungen mit Azulejos. Dank der Jahreszeit und auch wegen des Regens zeigt der Ort einen Hauch von Mystik. Ich bin sehr froh, dass wir dafür einen Wartetag in Kauf genommen haben. Nach dem Besuch fahren wir noch ein paar Kilometer weiter nach Fátima, wo wir uns auf einem der zahlreichen Pilgerparkplätze installieren. Wozu brauchen Pilger Parkplätze?

 

An der Wetterfront gibt’s nichts neues, also wieder mit Schirm auf zum Heiligtum. Vor 101 Jahren ist hier drei Hirtenkindern eine strahlende Madonna erschienen und seitdem ist dies hier der wichtigste Pilgerort Portugals. Die katholische Kirche hat diese ominösen Erscheinungen abgesegnet und die drei Kinder wurden später heiliggesprochen. Tja, ich kann so einem Unfug nichts abgewinnen und darum sagt mir auch der ganze Kommerz nicht zu. Denn Fátima besteht gefühlt nur aus Läden, in denen man Madonnenfiguren in allen Größen, Kerzen in allen Längen und Bilder in allen Scheußlichkeiten erwerben kann. Und die Geschäfte gehen nicht schlecht! Es gibt drei Kirchen hier, eine davon fasst 8600 Leute, in einer sind die Gräber der Kinder und die letzte ist die Erscheinungskapelle drin.  Im Freien ist ein ca. 150 m langer Streifen markiert, auf dem die Allerheiligsten auf Knien rumrutschen. Vor den Beichtstühlen in mehreren Sprachen gibt es lange Warteschlangen. Nur gut, dass ich nichts zu beichten habe. In unserem Reiseführer steht, dass sich kaum jemand der Spiritualität dieses Ortes verschließen kann, nun ich gehöre zu den Ausnahmen. In einem buddhistischen Tempel, ja da kann ich verweilen. 

Wir machen wieder einen Katzensprung nach Porto de Mós, ein kleines Städtchen mit einem tollen Stadtpark, wie es sie so oft in Portugal gibt. Dort sind z. B. Spielplatz, Fitnessgeräte, Halfpipe, Beachvolleyballplatz, Piknikplätze, Toiletten und oft auch ein Womo-Stellplatz zu finden. Und hier gibt es auch noch eine schön restaurierte Burg zu besichtigen. Ihre zwei mit grünen Kacheln verzierten Türme schauen genau zu unserem Auto und trotz Schnürlregen machen wir uns auf den Weg hinauf und freuen uns an der ausgefallenen Architektur, wie z. B. der tollen Loggia mit weitem Blick übers Land.

Hurra, unsere Wetterapp sagt eine Regenpause bis 14 Uhr! Wir treiben den Hiasl ein steiles Sträßchen mit tief hängenden Zweigen zu einem Parkplatz hinauf, von wo es einen markierten Wanderweg gibt. Es geht an einem Bergkamm an ein paar alten Windmühlen vorbei hinauf zu diversen Mobilfunkmasten und einem Beobachtungsturm mit Vermessungspunkt auf 605 m Höhe. Hier ist unser Ziel. Wenn es nicht so diesig wäre, hätten wir bestimmt eine tolle Rundumsicht. Es ist halb eins und obwohl ich noch einen Zacken zulege, schaffe ich es nicht trocken zum Auto zu kommen. Die App hat sich um eine Stunde geirrt, grr. Wir sind beide bis auf die Unterhose nass und beschließen nun gleich zum Intermarché (wie immer) zum Waschen und vor allem zum Trocknen von Wolfgangs Daunenjacke zu fahren. Eine gute Stunde später ist alles frisch und trocken und wir können nun weiter nach Nazaré fahren. Ein moderner Küstenort, der vor allem durch seine hohen Wellen weltberühmt wurde. Erst im Januar dieses Jahres hat ein Deutscher einen neuen Rekord aufgestellt: er konnte eine ca. 30 m hohe Welle surfen! Wow, das ist schon eine Nummer. Wir müssen heute mit anderen Dingen kämpfen. Der mittlerweile einsetzende Starkregen hat die Straßen teilweise komplett überflutet und auch Kanaldeckel hochgehoben, sodass Wolfgang extrem aufpassen muss, damit er nicht mit einem Reifen in einem Loch hängen bleibt. Aber alles geht gut und von unserem Parkplatz können wir nun die Pkws beim teilweise sehr mutigen Durchfahren der riesigen Wasserlachen beobachten. Manche bevorzugen es dann doch umzudrehen. Feiglinge!

 

Heute stürzen wir uns ins Strandvergnügen. Bei ausnahmsweise mal blauem Himmel und Sonne laufen wir arg gebeugt, wegen des starken Windes, am fast menschenleeren Strand von Nazaré entlang. Laut tosend krachen die Wellen ans Ufer, zwar keine 30 m hoch, aber teilweise bestimmt an die zehn Meter. Die Luft ist von Aerosolen gesättigt, was die Weitsicht gewaltig einschränkt. Hoch oben auf den unterspülten Klippen sehen wir die Häuser der Oberstadt und ab und an auch den Schrägaufzug, der die beiden Stadtteile verbindet. Der Hunger treibt uns in eines der zahlreichen Fischlokale und wir genießen bald Tintenfisch und Sardinen mit diversen Vorspeisen . Danach sind wir mehr als satt und müssen zur Verdauung noch mal an den Strand, wo wir frisch bestückte Gestelle entdecken, auf denen Sardinen getrocknet werden. Der einsetzende Regen treibt uns leider wieder ins Auto zurück. Es geht weiter zur Muschelbucht von Saõ Martinho - nomen est omen - , wo wir nach einer Stranderkundung eine ruhige Nacht verbringen. Was ich noch erwähnen muss, dass sehr viele Portugiesen mit ihren Autos auf Parkplätze fahren, dort schlafen, auf dem Handy rumtippen, Zeitung lesen und dann wieder wegfahren. Aber ja nicht aussteigen, wer weiß, was da passieren könnte!

Unser nächstes Ziel ist Peniche, eine Halbinsel, auf der sich das nette Städtchen, mit allem was der gemeine Tourist so braucht, befindet. Das wäre eine Altstadt, ein Fort, malerische Küste, Kap mit Leuchtturm, hässliche Plattenbauten für die weniger betuchten, eine Markthalle für frisches Obst und Gemüse und diverse Supermärkte für den Rest. Wir sind zwei Tage geblieben und haben das oben aufgelistete in drei Märschen zu Fuß erkundet. Und schön war’s, trotz ein paar Tröpfchen und Wind vor allem am Cabo Carvoeira!

 

Bücher und Strickzeug warten, also haben wir uns für heute die kleine, lauschige Bucht von Saõ Lourenço ausgesucht. In einer kurzen Regenpause sind wir in dem wie ausgestorbenen Ort rumgestrichen. Fast lauter Ferienwohnungen, nur ein paar Häuser sind wohl ganzjährig bewohnt. Dort rauchen die Kamine oder es hängt ein Neoprenanzug zum Trocknen über dem Zaun.

 

In Ericeira besuchen wir einen alten Freund meines Vaters, der vor acht Jahren mit 75 Jahren nach Portugal auswanderte und mich als kleines Kind immer mit Sanostol versorgte, damit ich gut wachse. Nicht auszudenken, wie klein ich dann jetzt wäre, wenn ich das Zeug nicht bekommen hätte. So wurden es immerhin 1,63 m! Danach wagen wir uns trotz des heftigen Regens und Sturms zum Cabo de Roca, dem westlichsten Punkt des europäischen Festlandes. Leider ist alles in Nebel verhüllt, man kann gerade noch den Leuchtturm und das große Kreuz erkennen und eine Busladung voll Asiaten, aber das ist auch schon alles. Nach ein paar Pflichtfotos geht es im Laufschritt wieder zum LKW zurück, bevor wir völlig aufgeweicht sind. Irgendwie macht das alles mittlerweile gar keinen Spaß mehr. Wir steuern nun einen angeblichen Stellplatz zwischen Sintra und Lissabon an, verfahren uns in den unzähligen Kreisverkehren, denn unser Auto ist schneller als das Navi! Und stehen dann zu guter Letzt auf dem Parkplatz eines Tennisplatzes: Nur für Mitglieder! Okay, also Plan B d. h. der Parkplatz an der Cristo Rei Statue in Almada. Sind ja nur 16 km. 12 davon verbringen wir im Stau auf den Stadtautobahnen, den Rest in den verdammten Kreisverkehren, kapitulieren bei Einbahnstraßen und kommen dann endlich gegen sieben Uhr abends an. Parkplatz ist natürlich zugesperrt, doch am Straßenrand gesellen wir uns zu einem französischen Womo, machen alle Fenster dicht und gönnen uns nun einen Sundowner: Vinho verde bzw. Sagres und dann gute Nacht, denn Jesus wacht über uns.

 

Hurra, strahlend blauer Himmel! Für fünf Euro pro Person kann man mit dem Aufzug gen Himmel fahren, die restlichen 60 Stufen dann per pedes. Von oben haben wir eine fantastische Aussicht über den Tejo auf Lissabon und auf die Brücke des 25. April. Oh, ich freu mich schon auf morgen, wenn unsere Tochter Veronika nach Lissabon kommt und wir ein paar Tage mit ihr verbringen können. Doch nun wollen wir das gute Wetter endlich mal wieder für einen ausgiebigen Strandspaziergang nutzen und fahren deshalb noch etwas weiter südlich nach Fonte da Telha, ein verschlafenes Küstendorf mit ein paar Bars, einer vom Sand zugewehten Straße und ebensolcher Eisenbahnschienen und einem supertollen, langen Sandstrand mit Wellen vom Feinsten. Das mag ich, das laute Tosen und die immer wieder heranrollenden Wellen, keine gleicht der anderen, die aufspritzende Gischt, die Schaumhäufchen am Strand, die Muschelreste, das Strandgut… Nach einem schönen Sonnenuntergang wollen wir gerade das Abendessen zubereiten, als wir von den Bombeiros (Feuerwehr) von einem sehr starkem Sturm heute Nacht gewarnt werden und dass es schon besser sei, wenn wir den Platz in erster Reihe verlassen. Hmm, schade, aber bei angesagten Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h fahren wir doch lieber ein paar Meter von der Küste weg und bleiben nun die Nacht über auf einem höher gelegenen Platz nicht direkt am Atlantik.

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