Marokko 24.03. - 06.04.2018

Typisch deutsch sind wir pünktlich eine Stunde vor Abfahrt der Fähre am Hafen und wir sind nicht die ersten! Um zwei soll es losgehen und kurz vor vier ist es dann auch schon so weit. Das Gute: wir konnten die Einreiseformalitäten noch vor dem Ablegen erledigen. Um halb sechs rollen wir dann  - mit allen Vorräten ;-) aus dem Zoll, aber für uns zu spät um heute noch nach Asilah zu fahren. Zudem sind die drei Bankautomaten, die wir ansteuern alle nicht in Betrieb. Wir finden ein einigermaßen trockenes Plätzchen 30 km vor Tanger. 

In der Nacht hat es wieder mal geregnet, was das Zeug hält. In Tanger können wir endlich Geld ziehen, tanken und einkaufen, irren dann wegen zahlreicher Baustellen und Radrennen noch eine knappe Stunde in der Stadt rum, bevor wir letztendlich über Tétouan nach Chefchaouen gelangen. Viel gesehen haben wir von der Landschaft nicht und in den Ortschaften sind nur Männer unterwegs, die sich vor dem Regen mit ihren dicken, braunen oder schwarzen Djellabas schützen, die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Es macht alles einen trostlosen Eindruck. Ein Lichtblick am Rande, im wahrsten Sinne des Wortes, die Erdbeerverkäufer, wo wir auch gleich zuschlagen. In Chefchaouen stellen wir den Hiasl auf einem Parkplatz ab, der von einer tiefen Matschschicht überzogen ist. Na super! Wenigstens dürfen wir hier übernachten und es sind auch nur wenige Schritte zum östlichen Stadttor. Wir lassen uns durch die blaue Stadt treiben, ein Gässchen schöner als das andere. Hier eine eisenbeschlagene Türe, dort ein alter Brunnen, ab und zu eine rotblühende Topfpflanze. Einfach klasse und das alles in den unterschiedlichsten Blautönen. Sogar die Hauptmeile mit den vielen Souvenirläden hat Charme. Da müssen wir morgen, es soll schön werden, noch mal her.

 

Hurra, Sonne! Wir parken den LKW auf der anderen Stadtseite, besorgen noch schnell eine Sim-Karte, kaufen noch Obst und Gemüse auf dem Suq, wandern nochmals durch die Altstadt. Mit einem Glas Minztee verabschieden wir uns von Chefchaouen. Die Fahrt geht nun über das Rifgebirge Richtung Fès. Irgendwann zweigen wir von der Hauptstraße ab, der Verkehr nervt. Wir sind nun mal nicht die schnellsten und es kommt immer wieder zu gewagten Überholmanövern. Da teilen wir uns die Straße schon lieber mit Eselskarren, Traktoren, Dreirädern oder Fußgängern. Die Leute winken uns alle freundlich zu, viele recken bei unserem Fahrzeug den Daumen hoch. Das freut uns! Am Ufer eines kleinen Stausees bleiben wir für die Nacht. Der viele Regen der letzten Tage hat das Wasser braun gefärbt, was die Bauern aber nicht davon abhält ihre weißen Rüben darin zu waschen.

Durch üppig grüne Wiesen und gelb blühende Rapsfelder führt uns die Straße langsam nach Moulay Yacoub. Dort gibt es zum einen das Grab desselbigen und zum anderen ein Thermalbad in traditionell und modern. Ich hatte mir eingebildet, das traditionelle Bad wären Becken im Freien. Doch nein, es ist eher ein Hammam mit Schwefelwasser und dazu haben wir doch keine Lust. Wir müssten uns auch erst noch Eimer, Kelle, Hocker etc. kaufen um da mitmischen zu können. Da fahren wir lieber weiter Richtung Süden, umgehen dabei Fès und schrauben uns dann schön langsam durch dichte Zedern- und Steineichenwälder nach Ifrane hinauf. Der Kurort liegt auf 1650 m und macht einen sehr aufgeräumten Eindruck. Die Häuser haben Spitzgiebeldächer, also wie bei uns, erst auf dem zweiten Blick bemerkt man das marokkanische laissez-faire! Irgendwie gefällt es uns hier nicht und darum geht es noch ein paar Kilometer zum Camping Amazigh, wo wir uns unter Kirschbäumen installieren.

 

Ein Radausflug ist angesagt. Aber da hat sich wohl irgendwer mal an unseren Rädern zu schaffen gemacht, obwohl die ja wirklich hoch genug hängen. Denn mein Rad hat einen brutalen Achter im Hinterrad. Auch die Bremsscheibe ist total verbogen. Sehr ärgerlich! Eine Stunde später hat Wolfgang es soweit hingebracht, dass ich zumindest fahren, schalten und bremsen kann. Mit wenig Kondition geht es hinauf zur 40 m hohen, mittlerweile abgestorbenen Cèdre Gouraud. Neben zahlreichen Männern, die Pferdetouren anbieten erwarten uns auch zahlreiche, recht zutrauliche Berberaffen. Wir spazieren ein bisschen rum und beobachten die Affen vorwiegend beim Lausen. Danach geht es 500 Hm runter nach Azrou. Durch die kleine Medina mit den winzigen Lädchen gelangen wir zum Suq, wo wir uns noch mit Lammfleisch und Würsten eindecken, bevor die Auffahrt zum Zeltplatz beginnt. Und dann endlich Lesen und faulenzen, d. h. nach der Reparatur unserer Fahrradabdeckung!

 

Wir suchen uns eine Piste, die über Azrou und Ain Leuh sich immer auf ca. 1700 m durch den Mittleren Atlas schlängelt. Bei einer wilden Affenherde bleiben wir stehen. Ganz neugierig kommen die mutigeren näher und schauen, was wir so machen. Ich gehe ganz langsam auf sie zu, bis auf 10 Meter, aber dann wird es ihnen doch unheimlich und sie treten den Rückzug an. Wir können sie aber noch lange beobachten. Sehr schön! Kurz danach erreichen wir die Source de l’Oum-er-Rbia. Dieser Fluss wird von einer süßen und von einer salzigen Quelle gespeist. Entlang der vielen kleinen Zuflüsse reiht sich eine Teebude an der anderen. Ein selbsternannter Guide geht mit uns hinter zum Wasserfall und schleppt uns danach natürlich zum Tee bei seiner Schwester oder was auch immer ab. Als er dann beim Auto für den Tee 30 DH will und für seine „Dienste“ noch was oben drauf, erkläre ich ihm in meinem besten Französisch, dass er unverschämt ist, was er zwar nicht einsieht, aber er bekommt trotzdem nichts. Unsere Fahrt geht weiter, die Ansiedlungen werden spärlicher,  dafür aber auch sehr ärmlich. Es ist jetzt kalt am Spätnachmittag und aus den winzigen Kaminen raucht es. Autos begegnen uns nicht, Teerbelag gibt es auch schon lange nicht mehr. Wir kommen an einem Forsthaus vorbei und schlagen bald danach unser Nachtlager auf.

Als wir aufwachen sehen wir nichts. Es ist dichter Nebel um uns herum. Die Piste ist durch den Regen und dem Schnee ziemlich ausgewaschen, sodass wir kaum mehr als 15 km/h fahren können. Ab und zu taucht ein kleines Dorf auf, die Kinder stürzen sofort aus den Häusern, wenn sie uns hören und winken. Die Frauen schauen etwas zurückhaltend, aber die Männer grüßen alle freundlich. Doch es ist nicht zu übersehen, dass alle frieren. Es hat draußen 7 Grad und es nieselt. Überall sehen wir frisch gepflanzte Obstbäume, die Felder werden gerade gepflügt, mit Man- und Eselpower. Die Erde ist mit vielen großen Steinen durchsetzt, die auch erst mühsam gesammelt werden müssen. Und zwar jedes Jahr, immer wieder. Die reinste Sisyphosarbeit. Wir stochern weiter im Nebel rum, bis wir auf ca. 2000 m auf etwas Schnee stoßen, doch gerade mal so viel, dass wir ein Foto machen können. Die lehmige Straße zieht sich nun in vielen Kehren und mit vielen Pfützen rauf und runter, immer Richtung Osten. Allmählich kommen wir tiefer und die Sonne setzt sich durch und wir können nun auch wieder mit etwas höherer Geschwindigkeit fahren. Kurz vor Itzer erreichen wir wieder eine bessere Straße. Bei einer Tasse Kaffee überlegen wir, wo wir nun hinwollen. Als wir dann auch noch von Marina und Schorsch eine Whatsapp-Nachricht bekommen, dass sie zu den Ouzoud-Wasserfällen fahren, disponieren wir wieder um und rollen nun durch eine staubige, windige, eintönige Landschaft über Zaida Richtung Beni Mellal. Als dann endlich Obst- und Olivenplantagen auftauchen, gefällt es uns wieder und ein paar Kilometer hinter Ouamoumane übernachten wir oberhalb eines Stausees.

 

Heute ist Großeinkauf in Beni Mellal angesagt. Auf dem Suq besorgen wir Obst, Gemüse, Oliven, Brot und Fleisch und ihm nahe gelegenen Einkaufstempel Marjane den Rest. Nach französischem Vorbild gibt es hier alles, bis auf Alkohol. Aber noch haben wir ja was. Bald nach der Stadt führt uns eine Passstraße hinauf zum Stausee Bin El Oudiane. Die Landschaft ist fantastisch. Immer wieder adrette Ortschaften inmitten von grünen Felder und Obstbäumen.  Man sieht, dass es den Menschen hier besser geht. Es wird viel gebaut, auch Straßen- und Kanalisationsarbeiten sind im vollen Gange. Ebenso werden überall Wasserleitungen verlegt. Wir sind nun im Vorgebirge des Hohen Atlas und am Horizont sehen wir die noch tief verschneiten Gipfel. Die Sonne scheint, es hat an die 20 Grad, was will man mehr? Am Stausee finden wir noch einen einsamen Platz, von wo wir das Geschehen, wie Bootfahren und auch Wasserskifahren genau beobachten können, aber trotzdem in Ruhe Lesen können.

 

Heute machen wir eine ausgiebige Wanderung um die nächsten Lagunen. Wir kommen durch ein kleines Dorf, wo wir die Kinder in der Schule hören. Die Schulen sind immer schon von weitem auszumachen, da sie alle in rosa, hellblau, gelb und hellgrün gestrichen sind. Die Klassenzimmer gruppieren sich um einen Innenhof, ohne Schnickschnack, aber alles ordentlich. Die Leute grüßen uns freundlich mit Salam. Manchmal sehen wir Hirten im Schatten unter einem Baum sitzen. Ich überlege mir, was die den ganzen Tag machen. Als wir bei ihnen ankommen, weiß ich es: sie daddeln auf dem Handy rum. Zurück beim LKW kommt eine Gruppe von Männern und ein Schaf. Stunden später fahren die Männer wieder, aber ohne Schaf. Das musste sein Leben lassen, oben unter den Bäumen wurde es zappzerapp geschlachtet, gegrillt und verspeist.

Über Azilal fahren wir weiter nach Ouzoud. Doch schon ein paar Minuten nach dem Stausee sind wir von dichtem Nebel umhüllt. Die Sicht beträgt zwischen 15 und 20 Meter, wobei es die entgegenkommenden Marokkaner nicht der Rede wert finden ihre Scheinwerfer einzuschalten. Und auf ihrer Seite fahren sie ja auch nicht immer. Sobald wir uns begegnen, blinken sie ein paarmal mit dem Warnblinker und weiter geht die Geisterfahrt. Erst weit hinter Azilal setzt sich die Sonne durch und wir erreichen Ouzoud. Wolfgang fährt fast bis auf den letzten Parkplatz, es wird eng und er will wenden. Dabei stößt er mit dem Lenker vom Fahrrad an eine Hausmauer. Sofort großes Palaver von den Umstehenden! Wir hätten eine Hausmauer zum Einstürzen gebracht und das kostet 500 Dh. Es lehnt tatsächlich ein großes Stück Mauer am Haus, aber wir können uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass wir das waren. Wolfgang ist genervt und gibt dann dem Bruder vom Hausbesitzer 100 DH und wir fahren weiter. Am großen Parkplatz stehen dann auch schon Marina und Schorsch aus dem Chiemgau, mit denen wir uns verabredet haben. Wir marschieren zu den Wasserfällen, für die Ouzoud berühmt ist. Sie sind auch wirklich beeindruckend, also für Marokko jedenfalls. Ansonsten herrscht hier die übliche touristische Geschäftigkeit wie schon bei den Sources letztens. Zum Übernachten entscheiden wir uns für den Camping Zebra einen Kilometer oberhalb der Ortsmitte. Schöne Parzellen, sehr saubere und ansprechende Sanitäranlagen und eine Waschmaschine, die wir morgen in Anspruch nehmen wollen. Nach einem langen Abend fallen wir dann um drei Uhr endlich in die Betten.

 

Zuerst die Hausarbeit und dann eine Wanderung runter zum Fluss und durch die Gärten zurück nach Ouzoud, wo wir leckere Kringel mit Thé à la menthe genießen, bevor wir zum Campingplatz rauflaufen.

Ein Deutscher hat uns eine schöne Tour über den Hohen Atlas hinüber ins Dadès-Tal empfohlen und die wollen wir heute gemeinsam angehen. Doch wir werden schon bald gestoppt. Denn in Tanannt ist heute Wochenmarkt und den wollen wir uns nicht entgehen lassen, zumal wir auch noch Obst und Gemüse brauchen. Hier gibt es alles: Eier, Haushaltswaren, Türen, Hühnern, Fenster, Fisch, Obst in rauen Mengen, Gemüse, Gewürze, Brot. Wir decken uns mit Erdbeeren, Kartoffeln, Karotten, Orangen, Eier, Brot und Gewürzen ein. Es ist ein Gewusel und Geschreie, die Waren liegen alle auf Planen auf dem Boden, die Händler wedeln den Staub weg, Esel schreien. Herrlich! Wir gönnen uns noch ein Glas Tee mit wieder sehr leckeren Hefekringel, bevor wir uns wieder zu den LKWs begeben. In Demnate muss ich unsere Sim-Karte noch aufladen und wir brauchen noch Milch, aber schon kann es weiter gehen. Doch bald schon kommt der nächste Stopp: die Naturbrücke in Imi-n-Ifri. Über einen gemauerten Pfad steigen wir zum Fluss hinunter und schauen uns die ausgewaschenen Felsen an, in dem zahlreiche Vögel nisten.  Es ist nun schon ganz schön spät und so suchen wir einen ebenen Stellplatz und werden auch bald fündig. Er eignet sich hervorragend für ein Feuer, wo wir unser Abendessen grillen. Der Sternenhimmel ist überwältigend!

 

Die Straße windet sich in den Hohen Atlas hinauf. Die Landschaft ist einfach klasse, unten im Flusstal sind die Getreidefelder, Obst- und Gemüsegärten, oben an den Hängen kleben die Dörfer wie Vogelnester. Viele Häuser sind noch in traditioneller Lehmbauweise errichtet, doch mancherorts hat auch hier der Beton Einzug gehalten. Leider fehlt wohl oft das Geld, um diese Neubauten fertig zu stellen, sodass sie oft unverputzt oder nicht angestrichen mit hochragenden Eisenarmierungen nicht ganz so toll aussehen. In dem winzigen Ort Aït Tamlil wollen wir Brot und Eier kaufen. Doch die älteren Ladenbesitzer sprechen kein Französisch und auch mit Händen und Füßen kommen wir nicht weiter, bis uns endlich ein paar Jungs entdeckt haben und uns weiterhelfen. Erstaunlich ist auch, dass es hier in diesen winzigen Läden von Kaugummi, über Schuhcreme bis zu Nutella fast alles gibt. In einer Teestube bestellen wir eine Kanne Tee und unterhalten uns „ausführlich“ über Fußball! Es geht weiter über den Tizi n’Outfi mit 2180 m und wir schauen uns nun allmählich nach einem Schlafplatz um. Bei dem Ort Idarn N’Ouareg entdecken wir unten am Fluss Tassaout eine ebene Kiesfläche, zu der auch eine von oben gut aussehende Piste führt. Wolfgang und ich fahren voran. Schon nach wenigen Metern merken wir, dass sie kaum breiter als unser Auto ist. Die Kurven sind höllisch eng, wir müssen sogar einmal zurückstoßen und das ist uns noch nie passiert! Tja, wir sind nun unten und Schorsch und Marina? Marina streikt nach der zweiten Kurve und geht zu Fuß, aber Schorsch fährt seinen Rundhauber tapfer runter. Leider hat sein LKW nicht so einen guten Einschlagwinkel, sodass er in den Kurven ganz schön rangieren muss! Jetzt hätten wir uns eigentlich eine Erholung verdient, aber denkste. Wir werden sofort von sämtlichen Kindern des Dorfes umzingelt und sehr intensiv unter Beschlag genommen! Die Mädchen sind begeistert von unserem Hiasl: Très jolie, magnifique! Mais très petit! Als es zu dunkeln beginnt, trollen sie sich nach Hause und wir atmen auf, denn es war doch anstrengend bis zu 18 Kinder zu unterhalten.

 

Kleiner Ärger am Morgen, denn von Marina wurde in der Nacht ihr Einstiegshocker aus Holz geklaut. Hmmm.  Mit einem kräftigen Frühstück stärken wir uns für die Auffahrt. Doch dank Untersetzung und Sperre des Mitteldifferentials geht es wunderbar! Die Landschaft wird  nun karger, die Anbauflächen kleiner und oft ziemlich weit von den Dörfern weg. Wahnsinn, wie mühselig sich die Menschen hier ihr Auskommen erarbeiten müssen. Es kommt uns mal wieder eine geführte Rallye entgegen, Spanier mit lauter Kleinwägen wie Peugeot 205, alte Polos, R4, Käfer und so. Wir schrauben uns nochmal hinauf auf knapp 2200 m auf den Tizi N’Fedhrat. Die Luft ist klar und wir haben eine Superaussicht auf den Atlas und das im Süden liegende Draatal. Nun geht es durch unzählige Kehren hinab zum Draa. Sobald wir aus den Bergen raus sind, wird die Gegend etwas öde, fast brettleben und der Wind treibt den Staub und Sand übers Land. In Skoura kaufen wir ein und stellen uns bald danach ein paar hundert Meter neben der Straße ins steinige Gelände. Trotz kräftigen Windes können wir es dank einem kleinen Lagerfeuer noch lange draußen aushalten und wie immer den Wahnsinnssternenhimmel betrachten.