Rumänien 22.10. - 05.11.2022

Mit dreiwöchiger Verzögerung brechen wir heute endlich zu unserer Winterreise Richtung Osten auf. Schnell geht es durch Tschechien, wo wir an der slowakischen Grenze unsere Mautbox abgeben. Was für ein Aufwand: 100 € Kaution dafür und eine Mindestaufladung von ca. 40 € und dann sind für über 400 km 0,89 € Mautgebühr zu bezahlen! Weiter durch die landschaftlich sehr schöne Slowakei mit tollen Buchenwäldern in leuchtenden Herbstfarben. Ungarn zeigt sich wie immer nicht von der besten Seite, alles grau in grau und brettleben. Mit diesem Land werden wir einfach nicht warm. Zumal ja auch die Ausländer, also wir, das 1,7-fache des Dieselpreises zahlen müssten als die Einheimischen. So geht EU eigentlich nicht Herr Orban. Nach einer reinen Fahrzeit von drei Tagen kommen wir in Rumänien an, tanken erstmal zu einheimischen Preisen, bezahlen 7 € Straßenbenutzungsgebühr für 28 Tage und holen uns eine SIM-Karte (60 GB für 6,50 €) , bevor wir in Oradea unseren LKW bei der Festung abstellen. Es gibt viele, schön restaurierte Jugendstilhäuser im Zentrum, jede Menge Gaststätten und Bars und Baustellen. Aber uns gefällt es sehr hier und vor allem als dann am Abend die Gebäude und Kirchen stimmungsvoll beleuchtet werden, bestimmt nur mit LEDs. 

Für die nächsten Tage ist gutes Wetter vorhergesagt und die wollen wir in den Apuseni-Bergen, südöstlich von Oradea verbringen. Wir finden traumhafte Plätze an Flüssen, allerdings wird der Hiasl dabei ganz schön eingesaut. Die Wiesen sind doch nässer als gedacht. Bei kleinen Wanderungen durch die herbstlichen Laubwälder treffen wir oft auf Hirten mit ihren Schafen, weiter oben auch mit ein paar Ziegen. Vor den recht mächtigen Hütehunden haben wir ganz schön Respekt, denn die sind recht aggressiv, wenn sie uns wittern. Wir machen uns immer laut bei den Schäfern bemerkbar und warten, bis sie ihre Hunde beruhigt haben. Sie erklären uns, dass die kleinen Hunde zum Treiben da sind und die großen wegen der Bären! Gut zu wissen. Am Nachmittag besucht uns wieder mal ein Hirte mit seiner Herde, man kennt sich ja mittlerweile, er setzt sich zu uns und murmelt immer bere. Ich denke zu italienisch und biete ihm Kaffee oder Wasser zum Trinken an. Aber er lehnt immer ab, auch Trauben will er nicht. Bis wir endlich drauf kommen, dass er ein Bier will! Bere ist Bier auf rumänisch. Endlich strahlt er und trinkt dann recht geräuschvoll ein Budweiser. 

Über einen 1200 m hohen Pass fahren wir auf die andere Seite der Apuseni-Berge. Eine Wahnsinnslandschaft ist das hier, wir können uns gar nicht satt sehen. Auch wenn die Nächte schon ziemlich kalt sind, finde ich, dass der Herbst die optimale Zeit hierfür ist. Das Farbenspiel ist unbeschreiblich. Entlang des Arieşun-Flusses fahren wir durch viele kleine Dörfer Richtung Osten. Auf einem kleinen Markt kaufen wir Obst und Gemüse, mehr als wir brauchen, aber die Dame kann unseren 10-Lei Schein, ca. zwei Euro, nicht wechseln. Bei dem kleinen Kurort Albac laufen wir eine größere Runde über die Dörfer. Viele Hunde und Zäune, aber nette alte Häuser mit gemauertem Erdgeschoss als Stall und Holzbau im ersten Stock zum Wohnen. In den Gärten wird für den Eigenbedarf Gemüse gezogen, Kartoffeln und Mais angebaut und wenn noch Platz ist, gibt es auch noch Obstbäume. Und dazwischen huschen Hühner und Gänse rum und aus einem Bretterverschlag hört man Schweine grunzen.  

In Lupsa schauen wir bei einem Kloster vorbei und wärmen uns nach einer kalten Nacht in der Sonne auf. Die eigentliche Gründung datiert auf 1429, wovon aber nur mehr die alte orthodoxe Holzkirche steht. Der Rest des Klosters wurde erst ab 1995 gebaut und auch die Fresken der Holzkirche sind neu. Aber die Lage ist wunderschön und einer der Mönche hat wohl einen Hang zu Bonsaibäumen.

 

Trotz Nebel wollen wir noch mal durch die Cheile Turzii, eine enge Schlucht am östlichen Rand der Apuseni. Und es ist wie vor sechs Jahren: der felsige Pfad ist so abgespeckt wie ehe und je, die Nässe macht es auch nicht besser und da bin ich froh über das Stahlseil, das an den abschüssigsten Stellen gespannt ist. Im kleinen Dorf oben entdecken wir ein tolles altes Bauernsachel, ein Wohnhaus aus dunklem Holz mit hellgrünen Sprossenfenstern, Wein und Rosen drumherum, ein paar Nebengebäude und einen schönen Obstgarten dahinter. Bevor wir weiter ins Schwärmen geraten, drehen wir lieber um, kaufen noch bei Kaufland ein und finden beim Fußballstadium in Turda einen Übernachtungsplatz.

Sehr interessant ist in Târgu Mureş die Biblioteca Teleki mit über 230.000 Bänden. Eine Dame sperrt extra für uns den Saal auf, in dem sich bis auf wenige ausgestellte Exemplare alles hinter Schloß und Riegel befindet. Doch allein die unter Glas ausgestellten begeistern uns sehr, darunter sind alte Bibeln fast höher als breit aus dem 16. Jh., alte rumänische Landkarten, ägyptische Payrusrollen, Galileo Galileis Werke, Carl von Linnés Illustrationen der Pflanzen, mathematische Abhandlungen, Newton usw. Einfach super! Schöner Tagesabschluss ist dann ein Kneipenbesuch innerhalb der Festung, die mit ihrem ringsumlaufenden Wehrgang und dem ruhigen Park eine richtige Oase ist im Gegensatz zur Stadt, die uns trotz schöner Jugenstilgebäude nicht so überzeugt hat.

Umso mehr gefällt uns Sighişoara, das deutsche Schäßburg. In der Oberstadt sind die Gassen mit Kopfsteinen gepflastert, die Häuschen haben bunte Fassaden z. T. hübsch restauriert. Doch gerade die nicht hergerichteten haben ihren Reiz. Man lebt hier eben! Von der Festung sind noch die Zunfttürme wie z. B. Gerber-, Zinngießer- oder der Schneiderturm aus dem 13./14. Jh. erhalten. Über eine steile Treppe mit 176 Stufen und überdacht erreichen wir ganz oben die Bergschule, wo sich auch jetzt noch ein deutsch-rumänisches Gymnasium befindet und die Bergkirche. Vlad Dracul, also Graf Dracula, war im 15. Jh. in Schäßburg für ein paar Jahre im Exil und das wird natürlich touristisch ausgenutzt mit allen erdenklichen Vampirsouveniers.

Da die letzten Tage recht neblig waren, sind wir froh heute mal wieder in der Sonne Kaffee zu trinken, vor allem nach der anstrengenden Wasserpumpenreparatur. Wir ärgern uns ein bisschen, weil wir erst um 15:00 in Biertan ankommen, wo sich eine sehr schöne Kirchenburg befindet. Aber die Kassiererin hatte kein Einsehen mit uns, so haben sie halt nichts mit uns verdient. An einem Stausee bei Mediaş treffen wir einen Holländer, der seit über 30 Jahren hier wohnt und mit einer Rumänien verheiratet ist. Er hat mehrere Häuser gekauft von den Rumänen, die nach der Wende in das vermeintliche westliche Paradies aufgebrochen sind, hat einen Campingplatz aufgebaut, so was machen Holländer gerne, ihn mit knapp 70 verkauft und nun mit 80 immer noch seinen Nachfolgern unter die Arme greift. Jetzt freut er sich, dass sein rumänischer Führerschein nach fragwürdigen Pflichtbesuchen bei fünf Ärzten wieder um 10 Jahre verlängert wurde. Wir fahren weiter nach Wurmloch (Valea Viilor) und haben hier Glück mit der Aufseherin der Kirchenburg, die nach einem kurzen Telefonat kommt und uns in relativ gutem deutsch eine Privatführung gibt. Interessant ist der Speckturm, wo früher jede Familie einen zugewiesenen Platz hatte um in dem kühlen Gemäuer ihre geräucherten Speckseiten zu lagern. Und es wurde genau darüber Buch geführt, wer wann wie viel entnommen hat. Sonntags wurde der Turm immer geöffnet! 

Nach einer windigen Nacht oberhalb von Sibiu (Hermannstadt) mit einer Wahnsinnsaussicht über die beleuchtete Stadt, da hat sich auch die ruppige Auffahrt rentiert, laufen wir heute durch die Altstadt. Sie gefällt uns noch genauso gut wie vor sechs Jahren. Man findet überall kleine und größere Plätze mit französischem Flair, moderne Cafés und Restaurants, schicke Läden, aber auch jede Menge Fastfood. Eine schnelle Pizza auf die Hand für den eiligen Touristen. Auf den beiden Hauptplätzen sind schon die Weihnachtsbäume aufgestellt und auch die Buden warten nur mehr darauf, dass der Verkauf beginnt. Auch die Eislaufbahn braucht bloß noch mit Wasser gefüllt zu werden. Es ist kalt heute und wir wärmen uns in einem kleinen Bistro mit Cappuccino und Kuchen auf, bevor wir noch eine Shopping Mall besuchen und uns dann an einem Fluss einen Platz suchen. Eine Reise um diese Jahreszeit ist nicht so einfach, weil es doch schon sehr früh dunkel wird, momentan so um viertel nach fünf. Und wir merken erst zu spät, dass sich nicht weit entfernt ein Haus befindet, wo dann ab neun Uhr eine fette Party stattfindet mit extrem lauter Musik. Balkanpop, mag ich manchmal aber nach elf eher nicht.

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Kommentare: 2
  • #1

    Ulrich und Ulrike Riedel (Samstag, 12 November 2022 09:00)

    Hallo, sind seit 4wochen wieder auf Kreta, wollten grad fragen, ob ihr auch übermorgen in der amoudi Bucht seid.... Schön die Rumänien Bilder, toll, dass ihr euch nochmal dahin aufgemacht habt! Wir grüßen, Uli und Rike mit dem grünen Bus

  • #2

    CaRiBa2� (Samstag, 12 November 2022 10:55)

    Wunderschön, eure farbenprächtigen Bilder von Rumänien. Für uns war es vieler Orts nochmals eine kleine Reise in die kürzliche Vergangenheit. Wir wünschen weiterhin viel Spass beim Abenteuern und allzeit genug Luft in den Reifen - oder was auch immer��