Kreta 17.11. - 11.12.2021

Wir wollen es noch mal mit den Bergen versuchen und fahren deshalb bald von der Küstenstraße Richtung Norden. Über eine nun schon gewohnt enge und kurvige Bergstraße geht es durch den nun schon herbstlichen Wald hinauf nach Orino auf ca. 650 m. Nur ab und zu kommt uns ein Olivenbauer mit seinem Pick-up entgegen, ansonsten sind wir ganz alleine unterwegs. Der Plan ist eigentlich, uns auf dem Dorfparkplatz zu installieren und dann morgen auf den höchsten Berg des Tripti-Gebirges zu gehen. Aber der Dorfparkplatz ist winzig und sehr schief, die Wanderung beträgt knapp 20 Kilometer, wie wir einer Tafel entnehmen können und die Berge sind alle in dichte Wolken gehüllt. Also spricht eigentlich alles dagegen und so brausen wir nach einem kurzen Spaziergang wieder an die Küste runter und stellen den Hiasl auf einer großen, ebenen Fläche über der steinigen Küste unweit des Klosters Kapsa ab. Es ist karg hier, nur Steine und stachelige Kugelbüsche. Ein paar kleine Fischerboote ziehen vorbei und etwas weiter östlich sehen wir schon den letzten Zipfel Kretas in dieser Richtung!

Vom Parkplatz können wir direkt die Pervolakia-Schlucht durchwandern. Von der Ausschilderung werden wir richtig verwöhnt: alle 10 Meter oder öfter ist ein Pfeil oder Punkt aufgemalt und auch sonst gefällt uns diese Schlucht ausnehmend gut. Mal rauf, mal runter, einmal eine Leiter, ab und zu etwas zum Kraxeln und viele Greifvögel über uns. Im Dorf oben wohnen sogar noch Leute, Frauen ratschen vor den weißen Häusern, nur die Taverne hat leider geschlossen. Eventuell für immer! Durch Olivenplantagen geht es nun auf einen Hügel hinauf - wir verlaufen uns natürlich wieder - und dann kommt der unangenehme Teil, nämlich der steinige Abstieg durch stachelige Macchia hinunter zum Kloster. Die letzten Sonnenstrahlen und bevor der Wind wieder Fahrt aufnimmt genießen wir noch vor dem Lkw mit Cappuccino und Buch!

Für uns geht es weiter an die Ostküste, doch dazu müssen wir erst mal wieder über alle Berge. Wir kommen an einem desolaten Solarpark vorbei, alle Spiegel sind kaputt und liegen in der Gegend rum. Warum wird so ein Projekt nicht durchgezogen? Vor allem wenn man in die nächste Bucht schaut, wo aus hohen Schloten schwarzer Rauch qualmt zur Stromgewinnung. Am Rande von Ziros, ein kleines Dorf oben auf der Ebene, steuern wir eine Ölpresse an und ordern dort ein paar Kanister Olivenöl, das wir am Montagabend abholen können. Im Dorfladen erstehen wir noch die passenden Kanister, bevor wir über eine gut ausgebaute Serpentinenstraße fahren wir hinab nach Xerokampos fahren, immer mit Wahnsinnsausblicken auf die Buchten unter uns. Unten am Strand lassen wir noch schnell 300 l Wasser in unsere Tanks rein und machen dann noch einen ausgiebigen Spaziergang. Dabei kommen wir zu einer hellenistischen Ausgrabung, wo aber wohl nur ausgefuchste Archäologen was erkennen. Doch was wir sehen ist eine kleine Kirche, die bei dem letzten Erdbeben vor drei Wochen eingestürzt ist. Gott sei Dank kam niemand zu Schaden. Überhaupt haben auch wir in der letzten Zeit mehrere Erdbeben wahrgenommen, manchmal war es nur ein längeres Grummeln, aber zweimal hörten wir auch einen lauten, längeren Knall. Im Internet kann man dann genau nachsehen wo und wie tief das Zentrum war und die Stärke. Es lag nie über drei auf der Richterskala.

Heute Nacht hat sich ein heftiger Sturm über uns ausgetobt. Die ganze Karre hat gewackelt, die Radlplane hat einen Höllenlärm gemacht und die Räder in den Aufnahmeschienen noch dazu. Zudem konnten wir kein Fenster aufmachen und ich habe kein Auge zugemacht, aus lauter Angst, dass wir umkippen. Nach dem Frühstück sind wir auch sofort los, wobei Wolfgang seine Tür gar nicht aufbekommt und über die Beifahrerseite einsteigen muss! Wir verstecken uns zehn Kilometer weiter in Kato Zakros, in der relativ kleinen Bucht hinter Tamarisken, wo wir etwas im Windschatten stehen und das Auto nur am Nachmittag für einen kurzen Gang durchs Dorf verlassen.

 

Hurra, der Sturm ist vorbei und wir können nun die nächsten zwei Tage für Wanderungen nutzen. Einmal laufen wir hinauf nach Zakros und durch das „Tal der Toten“ hinunter, so benannt, weil die Minoer ihre Toten in den Höhlen der Felswände gelegt haben. Wie die das allerdings geschafft haben, ist uns ein Rätsel! Aber sehr schön und kurzweilig, oben Oliven, dann alte Wasserleitungen  und unten leeres Bachbett und riesige Oleanderbüsche. Die zweite Tour geht zur Pelekita-Höhle an der Küste in nördlicher Richtung. Ein paar Ziegen begleiten uns bei dem Gestolpere und bei der Höhle sind wir echt überrascht. Man kann relativ weit rein gehen, aber die Räume sind sehr groß und da kommen wir nur mit unseren Handy-Taschenlampen nicht so groß raus.  

Am Nachmittag steuern wir dann noch die Ölpresse an und weil wir zu früh dran sind, werden wir von den Olivenbauern noch in die daneben liegende Raki-Destillerie eingeladen. Der Kessel mit dem Trester wird gerade aufgeheizt, aber Gott sei Dank ist vom letzten Brand noch eine Flasche übrig. Und den Schnaps ablehnen das geht gar nicht, wird uns erklärt. Na dann Prost! Aber sie sorgen sich auch um unser leibliches Wohl, denn es kommen noch Käse, Fische, Äpfel, Nüsse, Granatäpfel und natürlich frisch gepresstes Olivenöl auf den Tisch. Der junge Yannis spricht recht gut Englisch und so werden es zwei recht vergnügte Stunden! Ich muss dann auch noch den ganz frischen Raki probieren, der noch warm ist und wirklich sehr fruchtig riecht und auch schmeckt, aber der leider noch ein paar Promille mehr hat. Ich bin schon froh, als um sechs Uhr verkündet wird, dass „unser“ Öl jetzt zum Abfüllen bereit ist. Zum Abschluss bekommen wir noch eine Flasche Raki geschenkt und dann fahren wir vollbeladen noch auf den Dorfplatz in Ziros, wo wir übernachten. 

Durch eine frisch beregnete Landschaft mit viel Olivenbäumen, abgeernteten Weinfeldern und kleinen weißen Dörfern geht es nun für uns hinauf an die Nordküste, nach Sitia, wo heute Markttag ist. Der Markt ist nicht der größte, aber wir können uns gut mit frischem und günstigem Obst und Gemüse eindecken und beim Metzger nebenan erstehen wir noch Fleisch und die leckeren kretischen Würste. Nach einem Spaziergang zum kleinen Hafen machen wir noch ein paar Kilometer zum Strand bei Tholos, den wir wieder für uns alleine haben. Dort werden zwei Tage gelesen und nur ganz kurze Spaziergänge unternommen: es regnet! Leider gibt es kaum Internet hier, so dass wir diesbezüglich nicht viel erledigen können.

In Agios Nikolaos ist heute so viel los, dass wir keinen Platz bei den ersten beiden Parkplätzen bekommen, obwohl wir sogar bereit sind Gebühr zu zahlen. Also irren wir etwas in den Altstadtgassen herum, bis wir endlich an dem kleinen Fährhafen einen Parkplatz finden. Kostet hier auch nichts! Bei Sonne, aber eisigem Wind laufen wir durch die kleinen Geschäftsstraßen. Viele Läden haben nun nach Saisonende schon geschlossen, ebenso manche Gaststätten. Aber in der Nähe des kleinen Stadtsees finden wir ein nettes Lokal, wo wir uns windgeschützt in der Sonne Loukoumades (frittierte Hefeteigbällchen mit Honigsauce) und Cappuccino schmecken lassen. Und natürlich müssen wir uns noch die Segelschiffe im Yachthafen ansehen, sind ja sowas wie Kollegen von uns, bevor wir an der Küste weiter rauf in den kleinen Ort Plaka fahren. Am Strandparkplatz gegenüber der ehemaligen Pestinsel Spinalonga stellen wir den Lkw ab und gehen noch kurz durch das Dorf. Aber hier haben sie wirklich alle Gehsteige schon hochgeklappt! Auch die kleinen Supermärkte sind zu, na wenigstens funktionieren die Strandduschen noch. Da gönne ich mir, wahrscheinlich zum letzten Mal für lange Zeit, noch ein Bad im Meer. Das Wasser ist immer noch angenehm warm, bloß den Wind draußen bräuchte ich nicht unbedingt! Mal sehen, vielleicht können wir morgen noch eine Radltour machen.

 

Nein, das mit den Rädern fällt sozusagen ins Wasser, aber mit Regenjacken wandern wir dafür an der Küste entlang und fragen uns, ob die ganzen Hotelanlagen je alle belegt sind? Und es entstehen immer noch neue, wer soll denn da alles wohnen? Also die Nordküste ist uns zu touristisch, diese riesigen Bettenburgen, auch wenn sie teilweise gut in die Landschaft integriert sind, sind halt gar nicht nach unserem Geschmack. Diese geisterhafte Stille in den Orten, die verrammelten Tavernen, das macht einfach keine gute Stimmung. Darum fahren wir doch noch ins Landesinnere auf die Lassithi-Hochebene hinauf. 

Über das Bergdorf Kritsa geht es zuerst hinauf auf das Katharo-Plateau mit viel Landwirtschaft und wenigen Sommerhäusern. Ab hier geht eine Piste hinauf auf 1200 m, von wo wir einen tollen Blick auf die fast kreisrunde Lassithi-Hochebene. Auf der Ringstraße liegen außen rum eine Handvoll Dörfer und in der Mitte auf ca. 850 m Höhe und einer Fläche von etwa 130 km² die fruchtbaren Obst- und Gemüsefelder. Steil, kurvig und eng lassen wir den Hiasl hinunterrollen zu einem kleinen Parkplatz bei der Havga-Schlucht. Wir radeln am Nachmittag noch schnell - weil es nämlich kurz vor Sonnenuntergang recht kalt wird - einmal um die Eben rum. Vielerorts sieht man noch die alten Windräder, die bis zum Bau von modernen Wasserpumpen noch bis in die achtziger Jahre zum Bewässern benutzt wurden. Bei Superwetter wandern wir in die wilde Havga-Schlucht rein. Es ist nicht so ausgelatscht wie die letzten Schluchten, eher eine recht geröllige Angelegenheit mit zum Schluss ein paar leichten Kletterstellen. Und dann steht man vor dem „Schlussstein“, ein kreisrunder Fels mit ca. drei Metern Durchmesser versperrt das Tal. Sieht schon toll aus! Wir kraxeln wieder etwas zurück und gehen noch hinauf zu einer Kapelle und beenden dann die Runde über einen steilen Pfad hinunter zum Stausee in der Nähe des Autos. Schön war es, auch wenn vor allem im Mittelteil der Weg nicht immer erkennbar ist.

Bei dichtem Nebel machen wir uns heute auf den Weg hinunter nach Iraklio, wo wir eine dringend benötigte Wäscherei anfahren. Doch davor besichtigen wir noch die größte minoische Palastanlage Kretas, Knossos. Hier sollen vor 3500 Jahren zwischen 10.000 und 100.000 Menschen gelebt haben. Der britische Historiker Sir Arthur Evans leitete die Ausgrabung, hat aber bei der Rekonstruktion vielleicht seine Phantasie walten lassen. Die bunten Säulen und Fresken sind mal etwas anderes und sieht gut aus, aber bei manchen Archäologen sträubten sich die Haare und Konossos erhielt deswegen auch den Beinamen: Disneyland der Archäologie. Wir verbringen gute zwei Stunden auf dem fast menschenleeren Gelände, bevor uns der Hunger und die bald einbrechende Dunkelheit weitertreiben. Nach der Wäscheabgabe nutzen wir die Zeit bis zum Abholen zum Einkaufen. Da wir gerade keine Lust auf Großstadt haben, fahren wir mit frischer Wäsche am Abend dann noch hinauf auf einen Aussichtspunkt hoch über der Stadt. Das hat sich wirklich rentiert! Ein Lichtermeer breitet sich vor uns aus! Gut, dass wir den Lkw so geparkt haben, dass wir optimal aus dem Fenster schauen können. Leider sind die Fotos nicht so prickelnd geworden.

Bei der Runterfahrt heute Vormittag gibt es noch eine kleine Offroadeinlage. Laut Karte gibt es einen Feldweg, mit dem wir ein paar Kilometer abkürzen können, aber der wird wohl nicht mehr so stark befahren, denn irgendwann ist er einfach zu stark von Büschen und Bäumen zugewachsen. Also wenden und alles zurück hoppeln. Unser Reiseführer preist uns Anogia, das größte Bergdorf Kretas an. Die Fahrt hinauf auf 800 m geht durch eine schöne Berglandschaft mit vielen Schaf- und Ziegenherden. Anogia hat eine tolle Lage nördlich vom Psiloritis, eine gute Infrastruktur mit vielen Läden, Gaststätten, Museum, Schule etc. Doch leider ist alles bis auf drei kleine Supermärkte und einem Kiosk geschlossen. Nach einem kalten Gang durchs Dorf machen wir uns weiter Richtung Westen und halten schon zeitig Ausschau nach einem Übernachtungsplatz. Doch nichts zu machen, entweder ein Zaun oder es geht links und rechts steil rauf oder runter. Die Dunkelheit sitzt uns schon wieder im Nacken, aber es hilft alles nichts und Wolfgang fährt einen heißen Reifen bis zum Parkplatz des Klosters Arkadi. Dort kommen wir trotz einer nervigen Ortsdurchfahrt pünktlich um halb fünf sozusagen zum Zapfenstreich an. Hier gibt es auch richtig gutes Internet und so können wir auch gleich noch den Termin für unsere dritte Corona-Impfung am 15.12. klarmachen. Das heißt, in zwei Wochen müssen wir also spätestens zu Hause sein!

Das Kloster Arkadi ist meiner Meinung nach das schönste von uns besichtigte Kloster auf Kreta. Es liegt in den Bergen südöstlich von Rethymno und sieht von außen eher wie eine Festung aus. Im Inneren verbirgt sich ein wunderschöner Innenhof, in dessen Mitte die zweischiffige Klosterkirche steht. Außen rum befinden sich die Mönchszellen, ehemalige Provianträume und Munitionslager, der Abtsitz und historische Gemeinschaftsräume. In einem kleinen Museum werden Ikonen und sakrale Gegenstände ausgestellt. Für die Kreter ist dieses Kloster ein Symbol für den Widerstand gegen jegliche Fremdherrschaft. 1866 begingen hier fast 1000 Menschen Selbstmord um nicht den Osmanen in die Hände zu fallen.

Eine kretische Stadt muss doch noch sein: Rethymno. Unweit der Altstadt parken wir unterhalb der Festung für die Nacht. Die Sonne scheint und wir machen uns gleich noch zu einem Spaziergang durch die Stadt auf. Am kleinen venezianischen Hafen steht noch der alte Leuchtturm, danach entdecken wir in der Altstadt kleine Plätze, einen venezianischen Brunnen, viele nette Cafés und Tavernen, zwei ehemalige Moscheen und in den Gassen Häuser mit den unverkennbaren osmanischen Holzerkern. Im Erdgeschoss sind viele kleine Läden untergebracht, natürlich auch touristenkram, aber auch ganz „normale“ Schuh-, Kleider-, Haushaltswaren-, Gewürze- und Lebensmittelläden. Auch gibt es hier noch die alten Handwerksbetriebe, wo in winzigen Lädchen Messer, Lederwaren und Bouzoukis produziert werden. Unseren Sundowner müssen wir schon lange nach dem Sonnenuntergang zu uns nehmen, denn um halb fünf gibt es bei uns noch keinen Alkohol! Donnerstags ist hier Markt und da decken wir uns zum letzten Mal mit frischem Obst und Gemüse ein. Also die Mandarinen sind die besten ever!

Bei Nieselwetter kommen wir am Hafen von Georgioupoli an und für uns schließt sich somit der Kreis, denn hier auf der Apokoronas-Halbinsel waren wir schon vor ein paar Wochen. Außer uns sind noch drei Wohnmobile mit allein reisenden Männern da, die aber auch entsprechende Angewohnheiten haben. Im Freien Pinkeln ist mir ja egal, aber warum man von seinem Mobil weggeht und den Baum zwei Meter von uns entfernt benutzen muss, hat sich mir nicht ganz erschlossen. Wie fast überall an der Nordküste ist auch Georgioupoli umrahmt von Hotelanlagen, doch in der Stadt finden wir noch eine kleine Platia mit Kafenion und alten Männern, die Tavli, das griechische Backgammon, spielen. Als wir am Nachmittag nach Souda zum Fährhafen fahren, machen wir gleich noch das Ticket für heute Abend - wie wir dachten - klar. Doch Abfahrt ist schon um 17:00 Uhr. Erst beim Boarding erfahren wir, dass die Fähre zuerst noch zurück nach Iraklio fährt und von dort um 21:00 Uhr nach Piräus ablegt. Tja so lange auf dem Kahn war eigentlich nicht geplant, aber geht ja jetzt nicht anders. Zudem müssen die vier Wohnmobile in Iraklio aus- und dann wieder eingeladen werden. Gott sei Dank lernen wir Leute aus Konstanz kennen und so bringen wir die Zeit bis kurz vor elf Uhr dank gemeinsamer Interessen sehr gut rum. Leider meldet dann mein Magen, dass der Seegang recht rauh ist und ich muss mich sehr schnell von den beiden verabschieden. Da wir keine Kabine haben, muss ich recht unbequem auf den Sitzen verbringen, aber mit ein paar Pillen geht auch das vorüber. Wolfgang macht es sich, wie viele andere Reisende auch, auf dem Fußboden bequem und unterhält mit seinem Geschnarche den ganzen Raum!

Der Sturm wurde in der Nacht immer schlimmer und wir sind dann froh, als wir gegen halb sieben endlich in Piräus ankommen. Wir schlafen im Hafen erst noch mal und frühstücken dann gemütlich, bis wir uns am späten vormittag auf die lange Heimreise machen. Wie auf der Hinfahrt ist uns die Maut für unser Fahrzeug zu teuer und deshalb kommen wir halt nicht so schnell vorwärts. Dafür sehen wir noch etwas von Griechenland, zumal unser Navi wie immer tolle Strecken für uns bereit hält! Auch in Griechenland herbstelt es nun schon ordentlich und im Parnassos-Gebirge sind die Berge oben schon verschneit. Bei Lamia finden wir trotz Dunkelheit einen Strand zum Übernachten.

Am Morgen sind ein paar Angler da, die Sonne scheint und ich würde gerne noch mal schwimmen gehen, aber ich kann leider immer noch nicht meinen Hals richtig bewegen, also lasse ich das lieber.

 

355 km später, teils durch dichten Nebel und auch auf wahrscheinlich für uns gesperrten Straßen (> 3,5 to) vorbei an riesigen Agrarflächen, durch ärmliche Dörfer und hässliche Vorstädte erreichen wir pünktlich zum Abendessen Polikastro, die letzte Stadt vor der Grenze zu Nordmazedonien, wo wir einen guten Platz am Fluss wissen.

Die Grenzformalitäten sind schnell erledigt - Ausweise, Fahrzeugschein und Impfzertifikate - und dann geht es erst mal zum Tanken. Der Vorteil in Nordmazedonien ist, dass der Sprit überall gleich viel kostet, also kann man auch gleich die erste Tankstelle nehmen (1,06€/l). Nach schlechten Straßen, egal ob Autobahn oder Landstraße, nehmen wir dann auch noch die letzte Tankstelle, bevor es nach Serbien reingeht. Impfzertifikat interessiert hier niemanden, nur was wir hinten drin haben. Aber außer Olivenöl nichts Interessantes. Weiter wie gehabt, schlechtes Wetter und schlechter Straßenbelag. Es wird viel zu schnell dunkel und wir wollen nicht auf einem Autobahnplatz schlafen. Also zweigen wir noch weit im Süden zu einem See ab. Es geht ewig durch eine langgezogene Stadt hindurch. Aus den Schornsteinen kommt schwarzer Rauch, der Regen wird heftiger und schwupps, schon ist es stockfinster. Die Straße windet sich steil und eng den Berg hinauf, kein Plätzchen weit und breit. Endlich auf 900 m Höhe neben einem verfallenen Haus eine Ausbuchtung. Es ist zwar total vermüllt, aber wir wollen uns gar nicht mehr groß draußen aufhalten, nur nach hinten, Heizung an, was essen und trinken, bisschen lesen und schlafen. Doch unsere Batterien haben fast keine Spannung mehr! Wir wissen, dass sie schlecht sind, aber mit Sonne oder Fahren, sind wir bis eben gut über die Runden gekommen. Okay, Licht war heute Fehlanzeige, aber wir sind doch genügend gefahren? Gemütlich wird jetzt gar nichts, Wolfgang misst alles durch, x-mal raus und rein, Motor starten usw. Mist, der Ladewandler hat seinen Geist aufgegeben. Es ist lausig kalt, also schnell was kochen, das wärmt ja auch, aber um acht gehen wir trotzdem ins Bett.

 

Keiner will aus den warmen Federn raus, als ich das Rollo hochziehe, die nächste Überraschung: es liegen gut 10 cm Schnee! Na prima. Wir freuen uns schon auf die Straße hinunter, mit 11% und viele Kurven. Ganz langsam rollen wir runter. Es schneit den ganzen Tag. Man muss schon sagen, die Serben sind wirklich topp, was das Mautsystem betrifft. Alles elektronisch, kaum Personaleinsatz und zumindest für uns nicht billig. Doch die Bevölkerung haust teilweise in Bruchbuden, marode Orte, viel Dreck, die Grundstücke vermüllt. Wir schaffen es bis kurz vor Novi Sad auf einen Parkplatz bei einem Kloster. Zwei Serben kommen vorbei, sie sind total begeistert von unserem Auto, Foto, Foto, Foto und finden es in Ordnung, wenn wir etwas Strom von den Säulen am Parkplatz abzapfen. Hurra, wir können einheizen und auch ohne Sorge die Handys aufladen.

Am Morgen ist alles vereist, aber der Himmel ist blau und die Solarpaneele nehmen endlich wieder ihre Arbeit auf! Wir schauen uns noch schnell das Kloster an und dann kommt unsere Lieblingsgrenze zu Ungarn dran. Lange Wartezeit an der Grenze und unfreundliche Beamte. Wie immer Ärger mit den Vignettenverkäufern. Zuerst wollen sie uns keine Wohnmobilvignette verkaufen, weil wir über 3,5 to haben, obwohl das nicht richtig ist. Dann lenken sie ungnädig ein, verlangen aber statt der offiziellen 19,70€ zwischen 28 und 32 Euro. Wir fahre zur nächsten Tankstelle und siehe da, es klappt sofort: 10 Tage, Kategorie D2 für 19,70 Euro. Durch extrem langweilige Landschaft fahren wir nach Kesckemet und bleiben dort auf dem Parkplatz bei einem Einkaufszentrum stehen. Bei Decathlon und im Auchan erledigen wir noch ein paar Einkäufe und machen es uns dank Sonne im Lkw gemütlich.

 

Es schneit mal wieder. Auf einem Rastplatz treffen wir einen jungen Deutschen, der gerade schnurstracks aus Georgien kommt. In zwei Monaten von der Lüneburger Heide nach Armenien zurück, schon sportlich! Das Wetter heute macht ihm aber Sorgen, denn er will noch 500 km fahren und bis jetzt ca. zwei Uhr ist nichts geräumt. Wir überfahren im Dreiländereck bei Nickelsdorf die österreichische Grenze. Auch hier will der Grenzer keinen Impfnachweis sehen und bei einbrechender Dunkelheit und anhaltendem Schneefall geht es über Wien nach Herzogenburg im Mostviertel. Ja, wir fahren durch Wien, vorbei am Zentralfriedhof, Hauptbahnhof und Schloss Schönbrunn. Dauert halt ewig, da gefühlt jede Ampel rot ist, aber Wolfgang meint, bis wir da außen rum gockerln… In Herzogenburg gibt es einen wunderbaren Womostellplatz mit noch wunderbareren Stromsäulen!

Bei tollem Wetter brausen wir durch die Wachau an der Donau entlang, eine wirklich tolle Landschaft, wo wir eigentlich erst einmal auf einer Radltour nach Wien waren. In Linz verlassen wir die Donau und es geht mit nochmaligem Tankstopp nach Passau, wo wir unsere letzte Nacht am Stellplatz an der Ilzbrücke verbringen. Wir spazieren noch durch die schöne Altstadt, bummeln durch die Fußgängerzone - alles mit 2G und Ausweis - und gönnen uns noch ein deftiges Abendessen.

Am nächsten Tag kommen wir am frühen Nachmittag zu Hause an.

 

Wir waren dreieinhalb Monate unterwegs, haben acht Länder durchquert, viele tolle und interessante Leute kennengelernt, und sind total begeistert von Kreta!

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Kommentare: 2
  • #1

    Thomas (Donnerstag, 23 Dezember 2021 17:20)

    Super Gschicht!!!

  • #2

    hans-peter Mönckert (Freitag, 24 Dezember 2021)

    super Bericht, na dann sehen wir uns im Jahr 2022 mal im bayr.wald ?