Kreta 08.10. - 26.10.2021

Um halb sechs kommen wir in Chania an und fahren gleich auf einen nicht sehr schönen, aber praktischen Parkplatz in der Nähe des venezianischen Hafens, wo wir uns nach der kalten Nacht auf der Fähre erst noch mal ein paar Stunden auf‘s Ohr legen. Frisch gestärkt laufen wir hinüber zum alten Hafen und sind erstaunt, wie viele Touristen noch hier sind. Da waren wir vom Festland anderes gewöhnt! Chania soll ja die schönste der kretischen Städte sein und ja, sie schaut nicht schlecht aus. Trotz der Unmengen an Restaurants, Souvenirläden mit dem üblichen Kitsch, Pferdekutschen, die auf zahlungskräftige Kunden warten finden wir doch noch ein paar stille Gassen, gesäumt von bunten Häusern mit vielen Pflanzkübeln davor und schwarz gekleidete, ältere Frauen, die die letzten Neuigkeiten austauschen. Wir kommen an der alten Janitscharen-Moschee vorbei, an den ehemaligen Arsenalen, stärken uns mit Cappuccino und später mit Bier und Wein - Alkohol am Nachmittag, dabei kann man so gut die Leute beobachten, haha - und gehen gefühlt dreimal durch sämtliche Sträßchen und Gässchen. Vor dem feinen Abendessen direkt an der Strandpromenade springen wir am Stadtstrand noch schnell ins Meer.

 

Samstags ist immer Markt in Chania und der ist wirklich toll! Obst und Gemüse, Käse und Honig in rauen Mengen, alles frisch und recht preiswert. Mit prall gefüllten Taschen kommen wir am LKW an und auch etwas müde, wo wir dann nach einem kleinen Snack noch ein paar Kilometer auf die etwas westlich von Chania gelegene Akrotiri-Halbinsel zum Parkplatz beim Kloster Gouverneto fahren. Bald sind die ganzen gemieteten Kleinwägen weg und wir haben den Parkplatz für uns alleine, ah nicht ganz: eine weiße Katze weicht uns nicht von der Stelle!

Heute wird gewandert und zwar über eine Schlucht hinunter zum Avlaki-Fjord. Dabei kommen wir an einer Tropfsteinhöhle (Bärenhöhle, weil ein riesiger Stalagmit an einen Bären erinnert) und dem aufgegebenem Kloster Katoliko vorbei. Das ist mit seinem venezianischem Portal und der enormen Steinbrücke über die Schlucht wirklich sehenswert! Phantastisch ist dann das Wasser im Fjord! Es ist vollkommen klar und schimmert in sämtlichen Blau- und Türkistönen. Die Küste ist hier sehr felsig und zerklüftet, so dass man gar nicht baden könnte, auch wenn es erlaubt wäre! Denn die Mönche haben hier das Essen, Rauchen und Baden verboten, damit sie nicht in ihrer Kontemplation gestört werden. Wir machen uns wieder an den heißen Aufstieg zum Auto und versuchen noch irgendwo an der Nordküste einen Platz zu finden. Aber aussichtslos. Leute ohne Ende! Verschwitzt und genervt fahren wir noch bis fast auf die Rodopou-Halbinsel im Westen von Chania und haben dort dann einen Kiesstrand mit Dusche fast für uns allein. Das ist schon eher nach unserem Geschmack.

 

Leider ist nun ein Schlechtwettergebiet vom Balkan im Anmarsch, so dass wir oft am Vormittag Regen haben. Die Nachmittage nutzen wir dann zum Radeln, Baden - Wassertemperatur liegt bei 24° - und wir schauen uns in der näheren Umgebung was an z. B. die Erdpyramiden bei Potamida. Der Standort wird hinüber zur Gramousa-Halbinsel verlegt und dort ist dann das gleiche Programm angesagt. Ein schlechtes timing erwischen wir bei der Radtour hinauf zum Parkplatz für den Balos-Beach. Hunderte von Mietwägen schleichen die Schotterpiste hinauf, deren Insassen schauen uns an, als ob wir vom Mars kommen und filmen uns teilweise sogar! Haben die noch nie Radfahrer gesehen? Und Autofahren kann sowieso keiner. Viele hundert Meter vor dem Parkplatz stehen sie schon in Reih und Glied am Pistenrand und fast nochmal so viele auf dem Parkplatz. Uns ist die Lust vergangen mit diesen Leuten den engen Pfad zum Beach hinunterzuschleichen und so schwingen wir uns wieder auf die Bikes und fahren hinunter. Leider erwischt uns ein heftiger Regen mit starkem Wind und wir stellen uns unten bei einem Kiosk unter. Die nette Besitzerin fordert uns gleich auf reinzukommen und drückt uns ein Glas Rotwein in die Hand zum Aufwärmen! Wir ratschen mit ihr bis der Regen aufhört und fahren dann noch die restlichen Kilometer zum Auto. Blauer Himmel und Sonne, also noch weiter zum Hafen, wo es dann in einer kleinen Taverne noch einen Fischteller für uns gibt.

Schlechtes Wetter ist angesagt und da flüchten wir etwas in die Berge. Es sind nur 20 Kilometer, aber unser Navi meint, dass wir noch einen Kilometer einsparen können und so fahren wir steil rauf und runter durch die Olivenberge und versuchen so wenig Kontakt wie möglich mit den Bäumen zu bekommen. Kaum sind wir am Ausgangspunkt für unsere geplante Wanderung angekommen, fängt es natürlich zu regnen an. Erst gegen drei Uhr können wir aufbrechen und zwar hinauf nach Milia, ein Ökodorf, das von zwei Kretern nach ökologischen Gesichtspunkten wieder aufgebaut wurde, die Ländereien werden wieder landwirtschaftlich genutzt und der Strom für die Taverne und die 13 Steinhäuser, die man mieten kann wird per Solaranlage erzeugt. Unser Weg führt uns durch Olivenbäume und mächtige Maronibäume hindurch, wo wir auch für das nächste Abendessen welche einsammeln. Kurz vor dem Dunkelwerden kommen wir wieder „Zuhause“ an und erleben dann in der Nacht ein stundenlanges Gewitter! Es blitzt und donnert ohne Ende und der prasselnde Regen dazu raubt mir richtig den Schlaf. 

Die Straße runter an die Südküste ist dann auch teilweise noch mit Schotter bedeckt, der vom Regen die Hänge runter gespült wurde. Aber die Griechen sind schon fleißig mit Bagger und Planierraupen unterwegs. In der Ferne entdecken wir einen Tunnel mit einem Höhenschild, aber soweit schaffen es weder unsere Augen noch das Tele unserer Kamera. Also macht Wolfgang einen kleinen Spaziergang. Okay, 3,50 m Höhe! Das entspricht ja genau unserer Höhe und es passt dann auch. Dank einer Ampelregelung können wir auch immer schön in der Mitte fahren! Da es wieder mal regnet, besichtigen wir zuerst noch das Kloster Crisoskalitissa, das vor allem durch seine Lage über dem türkisfarbenen Meer besticht. Und danach wagen wir uns mal wieder an den europäischen Fernwanderweg E4, der vom Kloster hinüber zur Insel Elafonisi und dann immer weiter Richtung Osten führt. Zu Beginn ist er ja recht gut markiert, kein Wunder er verläuft ja auch noch auf der Straße, doch dann artet es schon zu einem argen Suchspiel aus. Es geht permanent weglos durch kratzige Macchia und obwohl ja eigentlich die Richtung klar ist, muss man leider immer die Durchschlupfe durch mannshohe Zäune finden. Wir haben für die sechs Kilometer 2,5 Stunden gebraucht! Aber dann auch gesehen, dass der Parkplatz im Westen gähnend leer ist und sofort beschließen wir, nach einem Bierchen an der Bar, den Hiasl zu holen und dann hier zu schlafen. Wir gehen gerademal fünf Minuten und ich stehe an der einzigen Minikletterstelle, als es von jetzt auf sofort zu stürmen und hageln beginnt. Bis wir die Rucksäcke herunten haben und in die Anoraks geschlüpft sind, sind wir schon nass bis auf die Haut. Unsere Schuhe quietschen bei jedem Schritt und der kalte Wind trägt auch nicht dazu bei unsere Laune zu heben. Klar, dass dann am Auto die Sonne wieder scheint! Belohnt werden wir dann mit zwei wunderschönen Tagen auf der Insel Elafonisi, zu der man über eine Sandbank trockenen Fußes gelangen kann oder man geht durch das knietiefe Wasser der Lagune. Das Wasser ist glasklar und der Sand gelb und rosafarben. Natürlich sind in der Nähe der Parkplätze hunderte von Liegen mit Schirmen aufgestellt, die auch recht gut von Tagestouristen besucht sind. Aber je weiter man Richtung Inselberg geht, desto mehr kleine und einsame Buchten findet man. Zwischen den Dünen finden wir auch noch die ein oder andere blühende Strandlilie.

Leider gibt es hier an der westlichen Südküste Kretas keine Küstenstraße und so müssen wir erst wieder in die Berge rein um zu unserem nächsten Ziel zu gelangen.  Paleóchora liegt auf einer Halbinsel, ist der zweitgrößte Ort an der Südküste, Sandstrand im Westen und Kiesstrand im Osten und jede Menge an Cafés, Tavernen, Einkaufsmöglichkeiten und einem kleinen Waschsalon. Das Objekt unserer Begierde! Da er erst um 17 Uhr wieder öffnet, haben wir genügend Zeit durch den Ort zu schlendern und zwischen den Fundamenten eines venezianischen Kastells herumzustiefeln. Den LKW haben wir ganz im Süden der Halbinsel abgestellt, wo er natürlich von vielen Touristen entdeckt und bewertet wird: Mit dem kann man bestimmt in die Wüste fahren (Standardspruch) oder der braucht doch bestimmt jede Menge Diesel (die kennen sich aus!). Mit frischen Socken laufen wir am nächsten Tag hinauf zu dem kleinen Dorf Anidri, mit einer hübschen byzantinischen Kirche und gehen über einen gut markierten Weg, also typisch ungriechisch, zu einem Aussichtspunkt mit tollem Blick auf die Berge hinter uns und die Schlucht vor uns. Und durch diese geht’s anschließend hinunter zu einem kleinen Strand. Über ausgewaschene Felsrutschen und ab und an eine kleine Klettereinlage oder einen beherzten Sprung wandern wir durch die recht sonnige Schlucht und freuen uns schon auf das Bad im libyschen Meer. Das Wasser ist klar und warm, aber der Wind am Strand lässt uns bald zusammenpacken und dann folgen noch heiße sechs Kilometer bis zum Auto. Als wir am Abend zum Essen in den Ort rein marschieren, weht noch immer der eisige Wind, wir sehen schon viele Leute mit leichten Daunenjacken und beschließen dann gleich in eine Taverne zu gehen, denn auch die aufgestellten Heizpilze nützen bei Wind eher wenig. 

Tja der Wind bringt unsere Pläne etwas durcheinander. Denn die Radtour am nächsten Tag müssen wir abbrechen, denn die heftigen Böen werfen mich fast vom Rad und so fahren wir über die „Weißen Berge“ wieder hinüber an die Nordküste, wo wir uns östlich von Kolympari am Strand installieren. Zwei Stunden später kommt ein Hausbesitzer von hinten und erklärt uns freundlich, dass dieser Strandabschnitt nur von ihm benutzt werden darf für seinen Liegestuhl- und Surfbrettverleih etc. Blabla, wir verabschieden uns nett und steuern den uns schon bekannten Platz mit Dusche an. Am nächsten Morgen machen wir noch die Bekanntschaft von Ulrike und Ulrich, einem älteren, deutschen Ehepaar mit Wohnmobil, die schon viele Jahre zum Überwintern nach Kreta kommen und uns Tipps zu schönen Übernachtungsplätzen geben. Sowas nehmen wir gerne an, zumal die beiden schon die ganze Welt mit diversen Fahrzeugen bereist haben!

 

Nach einem Einkaufsstopp finden wir in Almyrida auf der Apokoronas-Halbinsel im Westen von Chania einen exponierten Stellplatz am Kai. Dort verbringen wir zwei Tage mit Baden - wenn die Sonne rauskommt - Spaziergänge und einer schönen Radtour über die Dörfer. Dabei entdecken wir alte venezianische Brunnen, eine aufgegebene Ölmühle mit Steinmahlwerk, ein gut restauriertes Dorf, das ehemals von Sklaven erbaut wurde und heute aber vorwiegend aus Ferienwohnungen im großen Stil besteht und dadurch etwas steril wirkt. Als sich dann in den Bergen dunkelgraue Wolken häufen, treten wir vorsichtshalber den Rückweg an, wobei es oft so steil runter ging, dass ich gleich den Sattel nach unten stellen musste!

Die Wettervorhersage ändert ihre Meinung und meldet nun für die Südküste das bessere Wetter, grr, da hätten wir die paar Tage auch unten aussitzen können. Aber die schöne Landschaft mit Blick auf die Weißen Berge entschädigt für die unnötige Fahrerei. Auf der Hochebene von Askifou reiht sich ein Feld an das andere, die jetzt natürlich alle schon abgeerntet sind und nun den großen Schaf- und Ziegenherden gehören. Über unzählige Kehren fahren wir entlang der Imbrosschlucht hinab nach Komitades. Von dort wandern wir am nächsten Tag durch die recht beeindruckende Schlucht, bei der sich die Felswände stellenweise bis auf knapp zwei Meter nahe kommen. Obwohl das Thermometer heute 26° anzeigt, ist es in der Schlucht durch die Mandel- und Feigenbäume, Eichen, Zypressen und riesigen Oleanderbüsche angenehm zu gehen. 650 m weiter oben genehmigen wir uns ein Bier und frisch gepressten Orangensaft, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen.  Ein toller Ausflug! Die meisten anderen Besucher lassen sich von einem Taxi zum oberen Eingang fahren und laufen dann nur bergab, aber das ist nix für uns.

 

Im kleinen Ort Frangokastello stellen wir den Hiasl neben einer Kapelle ab und verbringen dort bis auf einen kurzen Spaziergang mit sehr kräftigem Wind den nächsten Tag mit viel Lektüre! Die Wettervorhersage ist schlecht und stimmt leider auch, wobei es immer so an die 22° hat, aber eben mit viel Wind und kaum Sonne. Wir verlegen unseren Standplatz wieder um sagenhafte 20 km weiter nach Osten und finden südlich von Rodakino, am Peristeres Strand, einen sehr schönen Platz für die nächste Nacht. Immerhin ist dann heute schon ein etwas längerer Spaziergang möglich gewesen!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0