Frankreich 16.09. - 06.10.2020

Seit langem sind wir nicht mehr so viele Kilometer an einem Tag gefahren. Gut 150 km geht es in nordöstlicher Richtung durchs Zentralmassiv ins Limousin. Wir sind gerade in richtig guter Stimmung, als wir ein altbekanntes Geräusch hören. Es hat sich mal wieder ein Luftschlauch verabschiedet! Derselbe wie das letzte Mal, nun wird er aber wirklich anders verlegt. Etwas verschwitzt erreichen wir einen kleinen Parkplatz am Lac de Vassivière mit direktem Zugang zum See. Bald zieht ein Gewitter auf, das aber nur wenig Regen bringt, aber dafür eine sehr schöne Abendstimmung.

 

Es gefällt uns hier sehr gut, so dass wir noch bleiben, spazierengehen, baden, faul in der Sonne rumliegen und mit dem Rad einmal um den See fahren. Der Stausee hat eine Oberfläche von ca. 1000 ha und fasst etwa 110 Millionen Kubikmeter Wasser und ist somit einer der größten künstlichen Seen Frankreichs. Mit seinen vielen Seitenarmen und Buchten, den bewaldeten Hügeln drum herum lässt er einen eher an Kanada oder Finnland denn an Frankreich denken. 

Bei der Weiterfahrt kommen wir nach Aubusson, bekannt durch seine kunstvollen Wandteppiche. Allerdings hat uns die Stadt schon bei der Durchfahrt nicht gefallen und so haben wir nur einen Einkaufs- und Waschstopp eingelegt. War auch gut so, denn es hat am Nachmittag ziemlich stark geregnet und gewittert. Der Regen hat uns dann noch bis kurz nach Montluçon begleitet, wo wir es uns an einem Fischweiher gemütlich gemacht haben und dann trotz allem noch einen tollen Sternenhimmel genießen konnten.

 

Ins Navi haben wir die kürzeste Strecke nach Nevers eingegeben mit engen Straßen, rauf und runter, vielen kleinen Orten mit den obligatorischen Kreisverkehren und den Speedbumpern - die mag Wolfgang besonders gerne - aber so sind wir auch nach Apremont sur Allier gekommen. Ein richtiges Vorzeigedorf mit Schloss, gepflasterten Gassen, schön restaurierten Steinhäusern und sehr vielen Formhecken und noch blühenden Büschen und Sträuchern. Kein Kommerz, nur ein paar Bars, sehr schön. Später stellen wir den LKW bei einer Schleuse am Loire-Kanal ab und radeln noch nach Nevers rein. Dort möchte ich die Kathedrale besichtigen, was aber gerade wegen einer Messe nicht möglich ist. Also laufen wir durch die Altstadt, was an einem Sonntag Nachmittag immer nicht so erbaulich ist und opfern uns dann doch auf ein Glas Wein in der sehr gut besuchten Bar am Stadtplatz. Aber es hat sich rentiert. Wir sind nun fast alleine in der riesigen Kirche. Neben zeitgenössischen Buntglasfenstern gibt es in der Krypta eine alte Grablegungsszene zu sehen. 

Nach einer Radtour am Canal lateral du Loire fahren wir weiter in den Parc National du Morvan. Am Lac Pannecière gibt es einen schönen Stellplatz nach dem anderen. Ringsum alte Eichenwälder, Pferdeweiden und ein paar vereinzelte Bauernhöfe und ihren fast schon weißen Charolais-Rindern auf den Wiesen. Wir sammeln Holz, was nicht so einfach ist, denn die Wälder sind ziemlich aufgeräumt, schauen den Anglern zu, machen lange Spaziergänge, auch wenn es mal regnet und sitzen am Abend lange noch draußen am Feuer.

 

Unsere Fahrt Richtung Osten führt uns nach Autun, als Augustodonum von den Römern gegründet. Es sind noch zwei alte Stadttore zu sehen und die Überreste eines Amphitheaters, das damals ca. 20.000 Zuschauer fasste. Eines der größten in Frankreich! Es ist eine typische französische Kleinstadt mit großem Platz, an dem das Rathaus steht, Kirchen, eine kleine Fußgängerzone mit Einzelhandel und natürlich die obligatorischen Bars. Von jetzt auf gleich fängt es zu hageln an, der dann leider in Dauerregen übergeht und kalt wird es auch noch. Da beschließen wir doch gleich noch ein Stück weiterzufahren. Eigentlich wollten wir nach Chalôn sur Saône, doch der Stellplatz in der Stadt ist schei… und dann sind wir wegen einer Umleitung eine Stunde durch die Stadt gekurvt und hatten so gar keine Lust mehr darauf. Also noch mal 20 Kilometer weiter, aber dafür gibt es einen tollen Platz direkt an der Saône. Ich muss gestehen, wir haben nichts davon, weil es a) schüttet und b) ist es mittlerweile auch dunkel. 

Anscheinend regnet es sich nun ein. In dem kleinen Winzerstädtchen Arbois erwischen wir gerade eine Regenpause und können ohne Schirm einen Stadtrundgang machen. Zu sehen gibt es das Haus von Louis Pasteur und viele Weinläden, die natürlich alle den vin jaune, einen Dessertwein aus der Region, anpreisen. Aber ist alles nicht so unsere Preisklasse. Für morgen sagt der Wetterbericht mal weniger oder gar keinen Regen und darum geht es noch weiter nach Nans s/Ste. Anne, wo wir an der Quelle des Lison ein bisschen wandern wollen. Für das Parken muss man im Käseladen des Ortes bezahlen! Wir nehmen uns noch ein Stück alten Morbier mit, aber der überlebt den Tag nicht mehr!

Ohje, der Wetterbericht lag ja total daneben, Schnürlregen vom Feinsten! Wir lassen uns zwar Zeit mit dem Frühstück, in der Hoffnung, dass es doch noch besser wird. Aber irgendwann geben wir dann doch auf und fahren durch die hügeligen Juraausläufer durch wie immer wunderschöne Wälder nach Besançon. Auf dem Bregille-Hügel gibt es einen guten Parkplatz für uns und am späten Nachmittag können wir sogar noch eine kleine, trockene Runde drehen. Nur wenige Meter vom Parkplatz entfernt hat man eigentlich eine Supersicht auf die Stadt, wenn es nur nicht so diesig und duster wie heute wäre! Kaum am Hiasl angekommen gießt es schon wieder wie aus Eimern und auch die ganze Nacht. Manchmal ist es ja beruhigend, wenn es so auf’s Dach trommelt, aber so schön langsam nervt es.

Wir haben gar nicht daran gedacht, dass am Montag viele Geschäfte in Frankreich geschlossen haben und so ist es dann recht ruhig, aber auch etwas langweilig in der Stadt. Dafür regnet es nicht, man kann ja nicht alles haben! Trotz allem fährt die Polizei Streife und hält uns an, weil wir keine Maske tragen. Tja, wir wussten es nicht, holten sie aber sofort brav aus den Taschen, daraufhin winkten sie uns gnädig weiter. Macht ja auch so richtig Sinn im Freien in einer fast menschenleeren Stadt. Ansonsten ist Besançon eine typische französische Stadt mit vielen Hinterhöfen, teils etwas schäbigen Häusern und vielen Mansarden und ganz oben ebenso viele Kamine.

 

Unweit eines ca. 5000 Jahre alten Dolmen von Santoche verbringen wir eine ruhige Nacht und können hier dann „ganz entspannt“ nach einem kurzen Spaziergang mal wieder einen Luftschlauch erneuern. Diesmal einer, der zu dem Beifahrersitz führt. Oft darf so was nicht mehr sein, denn unsere Schlauchvorräte neigen sich dem Ende zu! 

Das nächste Ziel ist das kleine Dorf Ronchamp, ein paar Kilometer westlich von Belfort. Etwas oberhalb steht eine ungewöhnliche Kirche, wie ein Schiff ragt sie aus der Landschaft empor. Entworfen in den fünfziger Jahren von Le Corbusier und mit einem fast unsichtbaren Klarissenkloster unter der Leitung von Renzo Piano zählen sie seit 2016 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Es ist eine tolle Stimmung hier, sowohl in der Kirche als auch in dem Gelände ringsum. Das Kloster ist in dem Berg eingelassen, nur die bodenhohen Fenster sind zu sehen. Die untere Etage mit den Wohnräumen ist abgeschirmt, aber oben hat man teilweise Zugang oder kann einen Blick in die Arbeitsräume der Nonnen werfen.

 

Endlich scheint mal wieder die Sonne und das nützen wir gleich für eine Wanderung um den Michelbach-Stausee. Ja, wir sind nun schon im Elsass, das zur Region Grand-Est gehört. Wichtig für uns, da dies seit gestern die einzige Region Frankreichs ist, die laut RKI kein Corona-Risikogebiet ist. Und wir wollen halt nicht zu Hause gleich mal 14 Tage in Quarantäne gehen. Auf einem kleinen Stellplatz in Hartmannswiller können wir auch unseren Cappuccino wieder draußen in der Sonne genießen, das wurde aber auch Zeit! Ein Spaziergang durch die abgeernteten Weinberge rundet den Tag hervorragend ab.

Leider lässt uns nun das schöne Wetter zunehmend in Stich, es regnet oft und alles ist grau in grau. Auch sitzt uns das Robert-Koch-Institut im Nacken, da wir eigentlich täglich drauf warten, dass die letzte französische Region, der Grand-Est, wo wir uns aktuell befinden, auch noch zum Risikogebiet erklärt wird und wir es uns wegen einer Familienfeier nicht leisten können in Quarantäne zu gehen! Bei einer letzten Wanderung durch die Weinberge und Wälder rund um Orschwihr können wir noch viele Maroni sammeln, bevor wir ein letztes Mal in Frankreich ordentlich einkaufen und uns in Châtenois auf einen Wohnmobilstellplatz niederlassen. Bei dem strömenden Regen haben wir allerdings gar keine Lust auf den Ort, sind irgendwie schlecht gelaunt wegen dem Wetter und vor allem wegen dem ganzen Coronagedöns. Kurz vorm Dunkelwerden kommt ein französisches Paar mit ihrem VW Polo angereist. Zuerst werden mehrere Schachteln aus dem Kofferraum geladen, danach viele Holzlatten. Und bevor es ganz dunkel ist, bekommen wir gerade noch so mit, wie die beiden versuchen mit Hilfe der Latten ein Podest auf dem Dachgepäckträger zu errichten. Und schon eineinhalb Stunden später ist es so weit: sie haben ein Kuppelzelt darauf gestellt. Wir fragen uns, warum sie das Zelt nicht einfach auf die Wiese daneben hingestellt haben, sondern lieber ewig im Regen rumgehampert sind.

Bei Sélestat fahren wir über den Rhein und finden auf einem Wanderparkplatz am Kaiserstuhl einen superschönen Platz für den LKW mit einem Wahnsinnsblick über die alten Weinterrassen hinüber zum Totenkopf, der höchsten Erhebung des Kaiserstuhls. Der Regen hört auf und es kommt sogar die Sonne raus. Über den Katharinenpfad, ein gut ausgeschilderter Höhenweg, klappern wir diverse Aussichtspunkte ab und sind überrascht, wie gut es uns hier gefällt! Und außerdem kommen wir mit einer gut gefüllten Tasche mit Walnüssen zurück! Leider ist das mit dem Sonnenschein nicht so nachhaltig, so dass wir uns nach einer Zwischenübernachtung in Haslach/Kinzigtal für’s Heimfahren entscheiden. Dank Regen und vielen Baustellen und Umleitungen brauchen wir dann auch über sieben Stunden.

Auch wenn diese Reise „nur“ ein coronabedingter Notnagel war, hat es uns sehr gut gefallen. Vieles kannten wir schon, aber genauso viel war neu für uns und wir haben beide gemerkt, wie gerne wir seit vielen Jahren immer wieder nach Frankreich fahren. Die tollen, abwechslungsreichen Landschaften, das gute Essen, die feinen Weine, die unaufdringlichen Menschen, malerische Dörfer, imposante Kirchen, das milde Klima, die günstigen Immobilienpreise und, und, und …

 

Wir kommen bestimmt wieder!

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Kommentare: 1
  • #1

    Hans-peter mönckert (Dienstag, 27 Oktober 2020 21:41)

    Also es ist immer wieder schön eure Bericht hier zu lesen.