Russland 18.06. - 28.06.2019

Um halb zwölf kommen wir bei der „Waiting Area“ in Narva an. Beim Haus 1 erwerben wir die Registrierung unseres LKWs für die Öffnung der Schranke an der Grenze. Beim Haus 2 warten wir dann bis unser Kennzeichen auf dem Display erscheint und dann muss man innerhalb von 20 Minuten an der eigentlichen Grenze zu Russland erscheinen. Der estnische Beamte ist wohl auf unser Haus neugierig und schaut sich ein bisschen die Schrankinhalte und unseren „Keller“ an. Doch dann sind wir fertig, müssen aber hier warten, weil auf russischer Seite zu viel los ist. Kaum dürfen wir fahren, stehen wir schon wieder. Diesmal auf der Brücke zwischen den beiden Festungen von Narva und Ivangorod und auch etwas länger. Endlich geht es weiter. Natürlich bekommen  wir nur ein russisches Formular zum Ausfüllen. Aber wir sind ja vorbereitet und haben uns zu Hause noch ein englisches ausgedruckt, so dass wir nur einen klitzekleinen Fehler gemacht haben! Der junge russische Zöllner kann nur ein englisches Wort: Open! Okay, wir öffnen alles, was er will. Nur dumm, dass er nicht gut klettern kann, denn als er in die Alukiste auf dem Fahrerhaus reinschaut, kommt er fast nicht mehr runter und kracht dann fast auf den Teer. Das ist ihm sichtlich peinlich und die Durchsuchung ist nun auch schon beendet. In Ivangorod erledigen wir schnell den Rest: Geld abheben, SIM-Karte besorgen (4,15€ für 20 GB und 600 Minuten), einkaufen und Tanken. Und das ist ja mal wirklich erfreulich! Kein Wunder bei einem Spritpreis von 61 ct. Wir fahren Richtung Norden an einen See. Die Landschaft wird weiter, aber die Orte werden immer kleiner, bis hin zu einzelnen Häuschen. Alles sehr einfache, kleine Holzhäuser. Nur wenige Bewohner konnten sich neue Fenster leisten und ein frischer Anstrich wird auch überbewertet. Doch in den Gärten gedeihen vorwiegend Kartoffeln, Kohl und in kleinen Gewächshäusern sehen wir schon recht große Tomatenpflanzen. Die Straße wird zu einer engen, sandigen und sehr welligen Piste. Und nachdem wir schon eine geraume Weile Richtung See geschaukelt sind, stehen wir plötzlich vor einer Schranke. Leider liegen so viele Baumstämme rum, so dass das Wendemanöver etwas dauert! Wir schreiben den See ab und bleiben auf einer Lichtung im Wald stehen. Dort  machen wir ein Lagerfeuer und dann kommt endlich mal wieder unser Potjie zum Einsatz. Das ist wirklich super: man stellt ihn befüllt in die Glut, 40 Minuten später ist der Eintopf fertig und man hat kaum was zum Spülen. Dadurch, dass es eigentlich nicht mehr richtig dunkel wird, verschätzen wir uns immer mit der Zeit und kommen auch heute nicht vor zwölf ins Bett.

Wir sind froh, als wir das Gehoppele auf der Piste hinter uns haben. Kaum haben wir Teer unter den Reifen, taucht eine Festung vor uns. Koporye. An der Kasse steht etwas von 200 oder 600 Rubel. Also 600 wäre es uns nicht wert. Die Kassiererin ziert sich, holt ein junges Mädchen. Diese winkt uns mitzukommen, palavert kurz mit dem Sicherheitspersonal und winkt uns mit: Go, go, go! durch. Wahrscheinlich hatten sie ein schlechtes Gewissen von uns für einen unrestaurierten Steinhaufen Geld abzuknüpfen. Wenn mal was gemacht wird, kann es bestimmt mal ganz nett werden, aber wir waren in zehn Minuten komplett durch. Mangels Parkplätze stellen wir uns in Puschkin nahe des Alexander-Parks zu anderen Fahrzeugen am Rande des Parks. Wir spazieren noch im Park rum, kommen an der jetzt schon geschlossenen Martial Chamber, ein Museum über den 1. Weltkrieg,  vorbei, ebenso am Weißen Turm und am Alexanderpalast, der aber gerade restauriert wird. Nach einem Imbiss in der Stadt geht es ab ins Körbchen.

So, auf in den Kampf. Zuerst müssen wir aber noch das Auto umparken, da es irgendeinem Bauaufseher nicht gefällt, dass wir hier parken. Dann laufen wir zum Eingang des Katharinenparks. Dort bezahlen wir für den Park, um dann von drinnen den Eintritt für den Katharinenpalast entrichten zu können. Die Schlange für den Palasteintritt endet jetzt um halb elf bei dreistündiger Wartezeit. Die Kasse öffnet aber erst um zwölf. Wie krank ist das denn? Da beschließen wir Schlaumeier uns zuerst den wirklich schönen Park anzusehen mit seinen vielen interessanten Nebengebäuden, Alleen,  Brücken u.v.m.. Als wir uns dann um ein Uhr zur Kasse begeben wollen, staunen wir nicht schlecht: das Ende der Schlange steht nun am vier-Stunden-Schild Wartezeit! Wir überlegen hin und her, doch mit jeder Minute wird die Schlange länger, denn es kommt eine chinesische Reisegruppe nach der anderen. Zähneknirschend reiht sich Wolfgang hinter den Chinesen ein. Leider haben diese die Eigenheiten laut und rücksichtslos zu sein. Sie sind mit Schirmen bewaffnet, die permanent in unseren Augen rumstechen und sie wollen sich unaufhörlich vordrängen. Lange Rede, kurzer Sinn: um fünf Uhr erhalten wir Eintritt in den Palast. Eigentlich sind wir schon total fertig, aber hilft nix, jetzt müssen wir weiter. Und zwar mit unseren chinesischen Freunden. Denn auch drinnen darf man nicht gehen wo man will. Nein, alles strikt geregelt und da haben Einzelreisende wie wir schlechte Karten. Aber in 45 Minuten werden wir von den Aufsehern durchgeschleust, können viel Prunk und Pracht bewundern. Aber ob sich der Aufwand gelohnt hat? Ich weiß es nicht, ich glaube, ich würde es nicht mehr machen.

Heute Morgen müssen wir schon ganz schön mit dem Aufstehen kämpfen, aber hilft ja nichts, da wir nach Sankt Petersburg reinwollen. Zuerst halten wir am Stadtrand an einem riesigen Einkaufszentrum, um mal so richtig den Rubel rollen zu lassen, Aber wir finden gar nicht das, was wir wollen. Aber interessant ist schon, dass die Geschäfte voll sind und die Russen viel mehr Geld da lassen als wir, obwohl der monatliche Durchschnittsverdienst bei lt. Google 650€ liegt. Gut zwanzig Kilometer später parken wir relativ zentral direkt an der Neva ein. Zur Eremitage sind es aber doch fast vier Kilometer zu laufen. Diese Stadt ist einfach riesig. Wir kommen am Panzerkreuzer Aurora (Geschichtsunterricht Oktoberrevolution) vorbei, bis wir dann am Schloßplatz inmitten von Pferdekutschen vor dem Winterpalast stehen. Ist schon ein prächtiges Gebäude. Wir finden auch die angekündigten Ticketautomaten, damit das morgen nicht wieder so ein Desaster wird, und laufen danach an den Kanälen vorbei, an der im Zuckerbäckerstil erbauten Erlöserkirche, durch diverse Parks, stellen uns vor dem Regen unter und sind froh, als wir dann endlich mit brennenden Füßen wieder am Hiasl ankommen. Kurz danach setzt ein heftiges Gewitter ein, der LKW schaukelt hin und her und es regnet so stark, dass man nicht mal die paar Meter bis zur Neva schauen kann. Leider ist auch unser Dach undicht, denn wir sehen, wie sich aus zwei Oberschränken Wasser auf den Weg nach unten macht. Grr… Doch irgendwann hört es auf und wir werden noch mit einem Feuerwerk auf der anderen Flussseite entschädigt.

Ein morgendlicher Spaziergang zur Eremitage. Dort kaufen wir am Ticketautomaten im Innenhof des Winterpalastes ohne Anzustehen die Eintrittskarten und verbringen dann die nächsten Stunden im Winterpalast, in der Eremitage und in dem Gebäude des Generalstabs. In der kurzen Zeit ist es unmöglich alle Bilder, Skulpturen und sonstige Exponate anzuschauen. Wir picken uns das heraus, was uns am meisten interessiert. Fasziniert sind wir von den ca. 2500 Jahre alten Holzschnitzereien aus Sibirien und überhaupt von der Sibirienausstellung. Immer wieder schaue ich mir gerne die französischen Impressionisten an. Genervt bin ich von machen Besuchern, die jedes Bild und die dazugehörige Beschreibung mit dem Handy fotografieren müssen. Für sowas gibt es doch Kataloge zu kaufen. Als wir am späten Nachmittag wieder ins Frei kommen, werden wir leider gleich vom schlechten Wetter überrascht. Es ist ziemlich kalt geworden und es regnet. Da bin ich mit meinem dünnen Sommerkleidchen etwas falsch angezogen. Zuerst flüchten wir in ein Restaurant und beschließen dann aber doch zum LKW zurückzugehen. Und zwar schnell! Nach einer Aufwärm- und Umziehpause fahren wir mit der Metro zum Alexander-Newskij-Kloster. Für 45 Rubel (ca. 63 ct) bekommt man einen Jeton, mit dem man solange U-Bahn fahren kann, bis man wieder an die Oberfläche kommt. Als wir beim Kloster ankommen, schlägt ein Mönch mit der Hand gerade die Glocken. Wirklich toll! In der Kirche findet gerade eine Messe statt und wir dürfen auch hinein, aber müssen hinten stehen bleiben. Wolfgang hat eine kurze Hose an und ich kein Tuch über die Haare! Auf dem nahe gelegenen Tichwiner Friedhof suchen wir die Gräber von Dostojewsky, Tschaikowsky und anderen Berühmtheiten auf. So, jetzt sind wir so richtig k.o. Wir fahren zuerst wieder mit einer ewig langen Rolltreppe in den Untergrund, danach Metro mit einmal Umsteigen und nun bloß mehr 15 Minuten Fußmarsch zum Auto. Wegen der „weißen Nächte“ kommen wir aber trotzdem wieder erst sehr spät ins Bett.

Metrofahren gefällt uns. Billig, schöne Stationen, sauber und alle paar Minuten ein Zug. So sind wir auch schnell beim Polarmuseum. Es ist in einer ehemaligen Kirche untergebracht, unten Arktis, oben Antarktis. Die Ausstellung ist mit den vielen, liebevoll gemachten Dioramen, ausgestopften Tieren, Schiffsmodellen usw. recht altmodisch, hat aber dadurch einen gewissen Charme. Zu bemängeln ist, dass nur sehr wenig auf Englisch zu lesen ist, so verstehen wir nur Namen von Personen, Orten und selten von Schiffen. Aber uns hat es trotzdem super gefallen. Gleich in der Nähe ist wieder ein Rieseneinkaufszentrum. Im Erdgeschoss ganz teuer, im ersten Stock mehr unser Geschmack und Preislage, im dritten eher russisch und im vierten Stock für Kinder und die Fressabteilung. Da wollen wir hin. Nämlich zu einer Teremokfiliale. Russisches Fastfood, aber doch noch authentisch und preiswert. Wir lassen uns die Riesenblinis mit verschiedenen Füllungen schmecken. Zu guter Letzt wollen wir nun St. Petersburg noch von oben sehen und fahren deshalb zur Isaakskathedrale. Nach langem Anstehen am Kassenhäuschen, dürfen wir die angeblich 262 Stufen auf die Kuppel hinaufsteigen. Aber trotzdem kann man auch von oben nur erahnen, wie groß diese Stadt ist. Das Panorama ist toll, aber zu viele Leute und sehr windig. Ein letztes Mal marschieren wir nun an der Neva entlang zurück zum Hiasl. Eine Brücke ist gerade zum Teil hochgezogen, was schon grotesk aussieht. Am frühen Abend fahren wir noch über die breiten Straßen, vorbei an hässlichen und schöneren Plattenbauten, die 30 km hinaus nach Schlüsselburg, wo die Neva aus dem Ladogasee abfließt. Nach einer kleinen offroad-Einlage stehen wir ganz toll in erster Reihe am Fluss gegenüber der Festung.

Für den einen Kilometer sogenannter Straße, also durch eine Siedlung durch, brauchen wir fast eine Viertelstunde bis zum Hafen. Ein Schweizer Käse ist ein Dreck dagegen. Mit einem kleinen Schiff fahren wir und mal wieder eine Gruppe lautschnatternder Chinesen hinüber auf die Insel mit Schlüsselburg. Im 16. Jh. erbaut, wurde sie von den jeweiligen Herrschern vergrößert, verbessert und in neuerer Zeit auch mit immer mehr Gefängnissen versehen. Die Dokumentation ist gut, aber in den Gefängnissen fühle ich mich nicht besonders wohl. Manche Leute saßen hier über 20 Jahre ein, bevor sie entweder während der Revolution freikamen oder hingerichtet wurden oder an diversen Krankheiten gestorben sind.

 

Nun überlegen wir, ob wir nach Murmansk fahren sollen oder nicht. Es sind so ca. 1300 km, die wir auf der gut ausgebauten E107 wohl in drei Tagen hinter uns bringen können. Aber dann fällt Finnland eigentlich flach und muss man in Murmansk gewesen sein? Wir sagen nein und beschließen nur zum Onegasee zu fahren. Auch das sind schon 400 km auf der E107, die man mangels anderer Straßen nehmen muss. Nach gut der Hälfte ist ein super Rastplatz für uns. Gute hundert Meter von der Straße weg, in einem lichten Wald mit vielen Grillstellen und direkt an einem kleinen See mit Badesteg! Später am Abend machen drei Fahrzeuge Halt, die bei der Baltic Circle 2019 mitfahren. Start und Ziel ist in Hamburg und von da aus geht es in 16 Tagen und 7500 km im Uhrzeigersinn durch Skandinavien zum Nordkap, Murmansk, St. Petersburg, Baltikum und Polen zurück nach Deutschland. Die spinnen ja! Und das finden die jungen Leute hier auch. Sie sind nur am Fahren, können nichts anschauen, mal ein bisschen schlafen oder Pinkelpause, Essen im Auto. Das war’s dann. Sie würden es auch nicht wieder machen.

Vor dem Frühstück baden wir noch in dem sauberen und weichen Wasser des Sees. Es ist herrlich! Danach lassen wir es gemütlich angehen, bevor wir uns wieder auf der E107 einreihen. Wobei einreihen eigentlich das falsche Wort ist. Es suggeriert viel Verkehr, aber eigentlich ist hier so gut wie nichts los. Wir folgen einem braunen Wegweiser zu einem Denkmal. Der führt uns in ein kleines Dorf, in dem, man würde sagen, der Hund begraben ist. Die Häuser, alles Holzbauweise, sind klein, verwittert, mit alten Doppelfenstern und einem, je nach Besitzer, gepflegtem Gemüsegarten. Wir sehen wenige junge Frauen, die einen Kinderwagen schieben und ein paar ältere Frauen, die mit Einkaufstaschen aus einem kleinen Supermarkt kommen. Das Denkmal besteht aus einer Gruppe von Soldaten, die an den „Großen Vaterländischen Krieg“ erinnern. Das Denkmal war uninteressant, aber das Dorf und seine Bewohner dafür umso mehr. Bald darauf ist in Interposelok ein Kloster angeschrieben. So Strenggläubige wie wir nehmen dafür natürlich 12 Kilometer Wellblechpiste vom Feinsten auf sich. Als wir dann endlich durch die Klosterpforte treten, ist Wolfgang zuerst enttäuscht, als er nur ein paar heruntergekommene Häuser sieht. Ich habe den Plan mit den vielen kleinen Kirchen gleich gesehen! Wie aus dem Bilderbuch taucht eine kleine Kirche oder ein schmuckes Nebengebäude nach dem anderen auf. Mir hat es besonders das Badehaus angetan, das nur über einen schmalen Steg zugänglich im See liegt. Leider habe ich nicht daran gedacht einen Schal mitzunehmen um meine Haare zu bedecken, was mir ein Mönch auch zu verstehen gibt. Aber er lässt mich dann doch weitergehen. Glück gehabt! Wir hören hier nur die Vögel, den Wind, es gibt hier keinen Handyempfang, kein Internet. Ein knallblauer, russischer Buhanka liefert die Post aus und irgendwo hackt jemand Holz. Es ist wirklich sehr idyllisch hier, aber ich muss zugeben, dass ich das nicht auf die Dauer möchte. Für uns geht es danach weiter nach Petrovazodsk, der Hauptstadt russisch Kareliens. Da sich unser Wasservorrat dem Ende zuneigt, suchen wir dort einen der wenigen russischen Campingplätze, das Nordcamping auf. Wir treffen dort auf ein Paar aus München, die mit ihrem Mercedes G Richtung Murmansk und Nordkap unterwegs sind. Leider fängt es bald zu regnen an, so dass unser Abendspaziergang etwas kurz ausfällt.

Um 10:15 Uhr startet das Tragflächenboot zur Insel Kizhi im Onegasee. Wir ergattern gerade noch eine der letzten Karten und schon geht es los. Meine Bedenken wegen Seekrankheit werden bald zerstreut. Es ist nicht schlimmer wie fliegen und ich überstehe die 1,5 Stunden ohne Probleme. Wolfgang sowieso, denn er schläft sofort ein! Die Insel Kizhi ist eigentlich ein einziges Freilichtmuseum, wobei die große Holzkirche mit ihren hellen Kuppeln wohl der Hauptanziehungspunkt ist. Doch auch die karelischen Bauernhäuser sind super restauriert und wirklich sehenswert. Man kann verschiedene Handwerke kennenlernen: Schmiede, Bootsbauer, Stickerei, Weberei, Schindelmacherei. Wir haben vier Stunden, bis das Schiff wieder ablegt, aber das wird ganz schön knapp, weil es so viel zu sehen gibt. Obwohl es von hier nicht mehr weit bis zum Polarkreis ist, wird es richtig warm, als sich der Wind etwas legt. Und als dann auch noch ein Mönch von Hand ein Glockenspiel erklingen lässt, ist das bei dieser Kulisse eigentlich kaum mehr zu toppen. Obwohl wir dann recht fertig gegen halb sieben am LKW ankommen, machen wir uns nach dem Abendessen noch mal in die Stadt auf. Dort irren wir allerdings längere Zeit herum, bis wir endlich ein schickes Lokal finden. Dort gibt es dann zur Nachspeise noch Smörrebröd mit Lachs und Cider für mich und Fish’n Chips mit dunklem Bier für Wolfgang.

Auf dem CP ist noch ein Kölner Paar mit ihrem Toyota und Dachzelt angekommen und sie erzählen uns noch eine Gruselgeschichte. In Peterhof bei Sankt Petersburg wurden ihnen die Kennzeichen vom Auto gestohlen. Von der Polizei wurden sie hin und her geschickt. Das deutsche Konsulat traf dann die Aussage, dass sie ihr Auto nach Deutschland! abschleppen müssten, denn ohne Kennzeichen sei es verboten weiterzufahren. Von ihrem Hotel bekamen sie den Tipp, in Peterhof nochmals nach den Kennzeichen zu suchen, denn oft werden sie von irgendwelchen Banden in den Büschen versteckt um dann den Besitzern eine Nachricht zu kommen zu lassen, gegen wie viel Geld sie die Kennzeichen wieder erhalten können. Und tatsächlich haben sie ihre Schilder in einem Park versteckt gefunden. Für sie ist es nun gut ausgegangen, aber für eine ukrainische Familie, die sie beim Suchen kennengelernt haben, leider nicht. Da haben wir ja bis jetzt Glück gehabt, denn in den acht Wochen stehen wir nun erst das vierte Mal abgesperrt auf einen Campingplatz.

In Anbetracht der skandinavischen Preise bunkern wir in einem russischen Supermarkt noch mal so richtig. Aber beinahe hätten wir Lehrgeld bezahlt! Wir haben natürlich sämtliche Sonderangebote in unseren Einkaufswagen gepackt und dann an der Kasse gemerkt, dass man die Rabatte nur mit der Karte des Marktes bekommt. Doch kurz vorm Bezahlvorgang hat sich Wolfgang von einer Russin ihre Karte ausgeliehen und schon haben wir uns fast 26 Euro gespart!

 

Tja, für uns geht es nun Richtung Finnland. Die 260 km wollen wir uns auf zwei Tage aufteilen. Und wir haben auch fast schon die Hälfte geschafft, eh ein Wunder bei der Schlaglochdichte, als uns eine Polizeikontrolle dazwischengrätscht. Außer Passport können die wirklich nichts in einer anderen Sprache. Irgendwann zücken wir dann doch ein Handy mit dem Googleübersetzer, was noch nicht das gewünschte Ergebnis bringt, da Wolfgang keine russische Tastatur geladen hat. Also muss meines ran und da leuchten die Augen des jungen Beamten, als er endlich was erkennt. Es kommt raus, dass wir auf den Offizier warten müssen, der noch einige Fragen an uns hat. Na dann. Nach einer viertel Stunde kommt so ein junger Bursche und stellt alle W-Fragen, die wir anscheinend zu seiner Zufriedenheit beantworten, will dann noch wissen, ob wir Terroristen im Bad haben!? Okay, dann fällt ihm nichts mehr ein und wir dürfen gnädigerweise weiterfahren. Mittlerweile sind wir so hungrig, dass wir bald in eine Stichstraße im Wald abbiegen und dort mit vielen Mücken und Regen den Abend verbringen.

Oh je, gestern Abend habe ich wohl vergessen die SD-Karte wieder in die Kamera einzulegen! Darum gibt es leider keine Bilder...

Wider Erwarten scheint heute Morgen die Sonne und nach dem Frühstück fahren zuerst mal die paar Kilometer zur nächsten Stadt Suoyarvi, um dort noch mit unserer russischen SIM-Karte einige Dinge zu erledigen. D. h. ich sitze am Laptop und Wolfgang kauft in der Bäckerei ein. Von dem Wort Stadt darf man sich nicht irritieren lassen, eigentlich handelt es sich nur um kleine Häuser, die recht weit verstreut  an kiesigen, mit Schlaglöchern gepflasterten Straßen liegen und durch die Bushaltestelle und zwei, drei kleinen Geschäften zusammen gehören.  Kurz hinter dem Ort hört dann der Teer auf und wir werden unsere letzten gut hundert Kilometer in Russland auf ziemlich welliger Piste zubringen. Wolfgang versucht mit hoher Geschwindigkeit auf den Wellen zu „fliegen“. Das klappt auch ganz gut, aber nur bis ein richtig tiefes Loch kommt. Da ist fast nichts mehr mit ausweichen drin und es tut immer einen mächtigen Schlag und der LKW ächzt und stöhnt und ich habe immer Bammel, ob etwas kaputt geht. Aber alles bleibt heil! Wir suchen einen Platz für die Kaffeepause, aber das ist nicht so einfach, denn rechts und links sind tiefe Gräben und wenn ein Weg mal wo abzweigt, dann wird das immer als Müllkippe verwendet, denn ein Müllauto kommt hier nicht her. Die ersten verschmähen wir, doch dann parken wir uns an der wenigsten schmutzigen Stelle ein. Später lichten sich dann die Wälder und es kommen leichte Hügel mit ab und zu ein Stück Wiese. Oft müssen wir auf hölzernen Brücken kleine Flüsse überqueren und manchmal sehen wir durch die Bäume hindurch einen See schimmern. Kurz vor der Grenze zu Finnland in Vyatsila tanken wir noch mal randvoll. Jetzt sind wir für die nächsten gut 2000 km erst mal versorgt! Dann reihen wir uns in die Wartenden vor der Grenze ein. Doch nach einer guten Stunde sind wir mit sämtlichen Kontrollen durch und werden von dem finnischen Beamten mit einem herzlichen Willkommen begrüßt. Das ging ja wirklich gut. Nur wenige Kilometer weiter finden wir an einem Fluss einen Parkplatz mit Trockentoilette. Und nachdem Abendessen machen wir endlich mal wieder einen flotten Spaziergang. Langsam wäre auch nicht gut gewesen, denn dann saugen sich die Mücken fest!

 

Fazit Russland: Wir kommen wieder! Die paar Tage waren wirklich nur zum Reinschnuppern, aber wir wollen viel mehr davon sehen. Ein tolles Land, diese Weite, quirlige Großstädte, einsame Landschaften, die Menschen ....

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