Frankreich 26.10. - 04.11.2017

Von unserem Übernachtungsplatz sind es ca. zwei Kilometer hinauf nach Gordes. In den letzten Kriegstagen von den Deutschen zerbombt wurde es dann aber dank einiger Künstler und später dann - reichen - Aussteigern wieder aufgebaut und zwar vom Feinsten. Hier dominieren wieder die Steinhäuser. Außerhalb des Ortskerns kommen wir an großzügigen Villen vorbei, mit Steinmauern eingezäunt und leider alles so zugemacht, dass ich fast nirgendwo einen Blick auf Haus oder Garten erhaschen kann. Aber ein Blick in die Broschüre eines Immobilienhändlers zeigt uns, dass hier alles sehr geschmackvoll gebaut wurde, dafür geht halt unter 800.000€ kaum was. Ich glaube, ich muss noch sparen. Als wir durch alle Gassen gegangen sind, fährt uns Wolfgang, manchmal schneller als mir lieb ist, über die doch recht enge Landstraße nach L’Isle sur Sorgue. Und hier haben wir nun zum ersten Mal Probleme einen Parkplatz zu bekommen. Entweder privat oder wir sind zu hoch oder Wohnmobile dürfen nicht! Kurz vorm Aufgeben werden wir fündig und gehen in die nette Altstadt hinein. Es ist kurz nach Mittag und bald schon wissen wir, wieso heute so viel los ist. Es war Markt! Und gerade noch bauen die letzten Händler ihre Stände ab, stapeln den Müll auf Haufen und brausen davon. Schade, wenn wir das gewusst hätten, dann hätten wir nicht so rum getrödelt. Doch die Stadt ist trotzdem schön. Es haben sich hier viele kleine Kunsthandwerksbetriebe angesiedelt, die ihre Waren wie Seifen, Karten, ausgefallene Kleider, Töpferwaren usw. direkt vermarkten. Nach so viel Stadt haben wir Hunger und genehmigen uns Quiche, Soupe à Pistou, Ziegenkäse mit Wein und später noch Kaffee. Oje, nun sind wir gleich noch müder, also fahren wir gemütlich noch an Avignon vorbei bis kurz vor Tarascon, wo wir an der Rhône einen ebenen Parkplatz finden.

Tarascon hat ein wuchtiges Schloss am Ufer der Rhône, doch der Eintritt ist uns zu teuer und so stiefeln wir nur etwas im Innenhof rum, von wo man aber schon einen Eindruck von der lt. Reiseführer gelungenen Architektur gewinnen kann. Viel interessanter finde ich allerdings die Altstadt. Viele der kleinen, meist zweistöckigen Häuser sind unbewohnt, aber aus den anderen dringt orientalischer Essensgeruch aus den Fenstern und wenn sich eine Tür öffnet, kann man eine enge, dunkle und steile Treppe sehen. In den Gassen liegt ein leichter Modergeruch, der auch aus den Häusern strömt. Es ist Freitag Mittag und es eilen ein paar Männer in ihren Dschellabas aus der Moschee nach Hause. Es sieht ganz so aus, als ob in den teils schäbigen Häusern der Altstadt nur mehr Migranten oder Franzosen mit nordafrikanischer Abstammung leben. Am Nachmittag bringen wir noch unseren Wochenendeinkauf hinter uns, was in Frankreich eigentlich immer ein Vergnügen ist, und fahren dann noch sagenhafte 17 km nach Remoulins.

Obwohl wir uns jeden Abend vornehmen am nächsten Morgen mal früher aufzustehen, schaffen wir einfach nie. Ein Grund ist natürlich, dass es erst so gegen acht Uhr hell wird. Auch das Frühstück zieht sich immer, denn seit wir unterwegs sind und leider keine Süddeutsche mehr haben, hören wir jetzt stattdessen immer ein Hörbuch. Und manchmal ist es halt gerade so lustig oder spannend, dass wir eben nicht ausschalten können. So auch heute. Doch endlich ist es gegen 11 Uhr soweit und wir starten zur Pont du Gard. Es sind gute zwei Kilometer zu Fuß, aber der extreme Wind macht uns heute etwas zu schaffen. Auf den staubigen Wegen und Feldern ist die Winderosion deutlich zu sehen! Natürlich sind außer uns noch andere Touristen hier, um dieses berühmte römische Aquädukt von 50 v. Chr. zu bewundern. Nur mit Hilfe von ausgeklügelten Flaschenzugsystemen wurden damals die riesigen Steinquader nach oben befördert. Einfach genial! Zurück sind wir dann über die Hügel, wo es zum einen sehr heiß ist, aber auch der Wind ganz schön an uns gezerrt hat. Der Tag ist noch jung und so rollen wir noch bis Uzès weiter. Hier gibt es auf der Domaine Saint Firmin einen Stellplatz für Wohnmobile, von wo aus man in ein paar Minuten in der Altstadt ist. Um einen großen Platz mit Springbrunnen und Platanen gruppieren sich Steinhäuser mit weiten Arkaden, in denen Läden ihre hochpreisige Ware anbieten. Uzès ist zwar arg touristisch, aber trotzdem hat es was. Die Bars sind voll mit Leuten, die nach den Samstagseinkäufen noch schnell einen Café oder Pastis trinken. Vor dem Dunkelwerden laufen wir wieder zurück zum LKW, wo wir uns dann noch eine gute Flasche Rotwein holen.

 

Eigentlich wollen wir ja nach Portugal, aber ein kurzer Abstecher in die Cevennen muss einfach sein. Also geht es heute Richtung Norden über Alès, wo wir ein bisschen über einen Flohmarkt schlendern, weiter nach St. Jean du Gard, ein kleines Dorf am Fuße der Cevennen und Endstation der dampfbetriebenen Cevennenbahn.  Nach einem Spaziergang und Aperitif im Ort kommen wir gerade rechtzeitig zum kleinen Bahnhof, als eine Dampflok Wasser bunkert und dann mit lautem Gezisch und Dampfwolke ausspeiend davonfährt.

 

 

Es gefällt uns hier so gut, dass wir noch einen Tag hier einlegen und am Vormittag durch wunderschöne Kastanienwälder zu einem weiteren Gardonzufluss spazieren. In dem Weiler Aubignac wohnen noch wenige Familien, die Landwirtschaft betreiben, die Bar und ein recht moderner Campingplatz mit diversen Wasserrutschen haben geschlossen, so lassen wir uns am Ufer des Gardon eine Weile die Sonne ins Gesicht scheinen und genießen die Natur. Auf dem Rückweg sammeln wir fleißig Maroni für eine unserer Lieblingsspeisen: Balsamicolinsen mit roher Schweinewurst! Das Schöne an St. Jean du Gard ist, dass der Ort noch lebt. Um 15 Uhr macht der Super U auf, alle strömen zum Einkaufen und danach geht es in die Bar auf einen Café oder ein Bierchen. Frauen mit Freundinnen, mit Kindern, Großeltern mit den Enkeln, ältere Damen auf einen Ratsch und zwei Touristen, also wir. Das finde ich toll, so was hätte ich auch gerne in Deutschland. 

Uii, heute ist ja Halloween! Und anscheinend gibt es da in Frankreich viele Anhänger dafür, denn als wir am Morgen die Jalousien öffnen, ziehen schon jede Menge Leute - alt wie jung - maskiert an uns vorbei. Doch wir wollen nun weiterfahren, müssen allerdings einen Umweg in Kauf nehmen, weil heute auch noch Markt in der Hauptstraße ist. Der Umweg ist zwar nur für Fahrzeuge bis 3,5 to und sportlich eng, doch nach 10 km haben wir auf die Hauptstraße geschafft. Diese verbindet St. Jean du Gard mit Florac, heißt Corniche des Cévennes und wurde vor ca. 300 Jahren von den Truppen Louis XIV. gebaut. Schon Robert L. Stevenson, ein englischer Schriftsteller,  bekannt durch Die Schatzinsel oder Dr. Jekyll und Mister Hyde, war von der grandiosen Landschaft der Cevennen so begeistert, dass er mit einem Esel durch diese Berge zog. Und diese Tour wird hier ziemlich vermarktet. Es gibt viele markierte Stevenson-Wanderwege, auch wir laufen vom Col de Faïsses rüber nach Barre des Cevennes, ein kleines Bergdorf. Drei Straßen parallel zum Hang, flankiert von alten Steinhäusern, eine Pizzeria, Krankenschwester, Kindergarten, Schule und einen Lebensmittelladen mit angegliederter Bar. Auf dem sonnigen Balkon  bekommen wir Pastis und Rotwein serviert und Wolfgang organisiert aus dem Laden Baguette und zwei Stücke frischen Schafskäse. Mmm, lecker! Da macht es uns nichts aus, dass es auf dem Rückweg schon etwas kühl wird und wir schauen müssen, dass wir nicht in die Dunkelheit kommen. Wir übernachten dann gleich hier oben auf gut 1000 m Höhe auf dem Pass.

 

 

Weiter geht es auf der Corniche nach Florac, wo wir mal wieder auf einem Wohnmobilstellplatz ordnungsgemäß entsorgen, bevor das nächste landschaftliche Highlight kommt, die Gorges du Tarn. In Jahrmillionen haben sich der Tarn und seine Nebenflüsse einen Weg durch den Kalkstein der Cevennen gegraben. Die Fahrt entlang der kurvenreichen Straße mit unzähligen Tunnels und mächtigen Felsüberhängen - vor denen wir immer Angst, ob wir auch unten durch passen - macht wirklich Spaß. Trotz Feiertag ist sehr wenig Verkehr, wir halten oft, um einen Blick auf die kleinen Weiler zu erhaschen oder den wenigen Bootsfahrern zuzusehen. Weit oben an einem felsigen Hang sehen wir Geier kreisen, es ist einfach toll hier! Wenige Dörfer am anderen Ufer haben keine Straßenanbindung und sie sind nur über eine Seilbrücke oder mit dem Boot zu erreichen. Wo immer sich ein ebenes Stück Land befindet, wird Gemüse angebaut, wenn sich das enge Tal mal weitet sehen wir aber auch Obstbäume oder Weinreben. Am Spätnachmittag erreichen wir Millau, wo sich über dem Tal der Tarn die höchste Seilbrücke der Welt spannt und genau darunter finden wir einen Übernachtungsplatz mit vollem Vertrauen in die Ingenieurskunst.

Nicht weit von hier ist Roquefort, wo seit gut 150 Jahren in den natürlichen Felskellern der berühmte Roquefort-Käse reift. Der größte Produzent hier, die Roquefort Societé, bietet eine Führung mit anschließender Verkostung an. Gut dass wir eine dreiseitige Information auf Deutsch bekommen haben, denn bei dem Okzitanisch des Guide habe ich trotz sehr guter Französischnoten kaum was verstanden. In ca. einer Stunde haben wir alles über die Herstellung, der Veredelung, der Reifung und der Lagerung erfahren. Wolfgang dachte zuerst, die vielen Käselaiber seien Dekostücke, aber nein, alles echt! Es war sehr interessant und die drei verschiedenen Sorten waren wirklich sehr lecker.

Da die Wetterapp für die kommenden Tage nichts Gutes vorhersagt, machen wir uns am Nachmittag noch auf den Weg nach Castelnaudary, d. h. wir sind heute sagenhafte 170 km gefahren. Das ist schon lange nicht mehr vorgekommen.

 

Heute Morgen ist es seit fünf Wochen zum ersten Mal bewölkt. Vorsichtshalber lege ich noch eine Laufeinheit entlang des Canal du Midi ein, bevor wir uns auf die Weiterreise begeben. Wir fahren durch eine einsame, hügelige Landschaft, die intensiv bewirtschaftet wird. Riesige ockerbraune, für das kommende Frühjahr hergerichtete Felder, Kuhweiden und Weinberge, dazwischen einzelne Bauernhöfe mit großen Stallungen und wenige kleine Dörfer sehen wir abseits der Straße. Als wir durch Lavelanet kommen, sehen wir, dass gerade Markt ist und suchen eilig einen Parkplatz, denn es ist schon kurz vor 12. Leider haben wir gestern groß eingekauft, aber für eine Pastete und Oliven ist immer Platz. Am Horizont tauchen nun die Pyrenäen auf. Die Berge sind noch grün, auch auf den Gipfeln liegt noch kein Schnee. Im Thermalbad Ax-les-Thermes gibt es ein paar offene Becken mit heißem, schwefelhaltigem Wasser in der Stadt. Wie schon vor knapp 20 Jahren baden wir unsere Füße darin. So „erfrischt“ fahren wir nun die letzten kurvigen und steilen Kilometer hinauf nach Andorra. Neben der tollen Berglandschaft mit vielen Skigebieten, hat Andorra noch was anderes zu bieten: Es gibt keine Steuern hier, so dass günstig einkaufen und tanken kann. Bei den 400l, die wir bald in unsere Tanks laufen lassen, sparen wir uns gut 100€! Um in die Hauptstadt Andorra La Vella zu gelangen, fahren wir über einen 2411 m hohen Pass. Dort geht aber so ein starker Wind und es ist saukalt, dass ich nur schnell ein paar Fotos mache und dann schon brausen wir auf der anderen Seite wieder hinunter. Bei einem Einkaufszentrum gibt es kostenlose Parkplätze für Wohnmobile, wo wir auch übernachten.

 

Was ist das denn für ein Geräusch? Tatsächlich Regentropfen, da ist es ja nicht weiter schlimm, dass wir heute einkaufen gehen. Wolfgang bräuchte ein neues Handy, denn er hat sich die „Spinnenapp“ draufgeladen. Aber irgendwie können wir uns nicht für einen Kauf entscheiden, wir haben die Preise nicht im Kopf und so muss es also weiterhin mit dem kaputten Display gehen. Auch sonst finden wir nichts Gescheites und so bleibt es dann bei ein paar Flaschen Wein. Da es immer noch regnet, machen wir uns weiter auf nach Spanien, was in fünf Kilometern schon da ist. Leider haben wir uns die Dieselpest eingefangen und deshalb wollen wir nun so schnell wie möglich in einen Hafenort , wo wir hoffen bei einem Bootszubehör ein entsprechendes Biozid dagegen kaufen zu können. Denn vor allem Boote und Wohnmobile, wegen teils langer Standzeiten, fangen sich diesen Mist ein. Für uns heißt das, also wieder mal ein langer Fahrtag. Durch nebelverhangene Berge und verregnete Städtchen fahren wir Richtung Südwesten und übernachten dann irgendwo in der Pampa.

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