Griechenland 19.10. - 28.10.2016

 Über eine kurvige Bergstraße geht es dann doch recht zügig die 100 km nach Tripoli. Als erstes steuern wir den Busbahnhof an, von wo wir nach Kalavrita fahren wollen um in die zweite Etappe des E4 einzusteigen. Dort teilt man uns mit, dass wir in Mazeika umsteigen müssen. Doch niemand weiß, wann ein Anschlussbus geht. Wir suchen auf einer Karte, in GoogleMaps und auf OSM das ominöse Mazeika. Nichts! Gibt es nicht! Die Dame hinter dem Schalter weiß es auch nicht. Auf dem Hauptplatz soll noch eine andere Busstation sein. Wir laufen dorthin, fragen einen Busfahrer, aber der hat auch keine Ahnung. Auch zwei nette junge Frauen in einem Reisebüro können uns nur sehr ungefähr sagen, wo Mazeika sein soll. Auf dem Parkplatz hole ich wieder den Laptop raus und bemühe Google noch mal. Ich lese mich seitenweise durch einen Boxer mit diesem Namen, aber dann ein klitzekleiner Hinweis in Klammern, dass Mazeika ein anderer Name für die Ortschaft Kleitoria ist. Hurra, denn das liegt ja fast direkt auf dem E4. Jetzt werden hektisch die Rucksäcke mit Zelt, Isomatten, Schlafsäcken, Kocher, Reservekleidung, Müsliriegel und ein paar Sachen fürs Frühstück gepackt, denn mittlerweile ist es schon dunkel und wir müssen morgen um vier Uhr aufstehen, da der Bus schon um 5.15 Uhr losfährt!!!

 

Nach einer kurzen Nacht und einem schnellen Frühstück schultern wir die Rucksäcke und gehen zum Busbahnhof, kaufen die Fahrkarten und schon kommt der Bus. Außer uns fahren noch vier Männer mit, wie sich herausstellt, andere Busfahrer, die an ihren Startpunkten abgesetzt werden. Unser Busfahrer bricht den Streckenrekord, denn wir sind 20 Minuten vor der geplanten Ankunftszeit in Kleitoria. Es ist noch stockdunkel, aber ein Kafenion hat schon auf. Außer uns sind ein paar alte Männer zum Frühstücken hier und das bedeutet ein griechischer Kaffee mit viel Zucker und Kaffeesatz und ein Glas Wasser. Manche haben in Serviette eingewickelt ein paar trockene Kekse dabei. Um halb acht setzt langsam die Dämmerung ein und wir zockeln davon. Bis zum ersten E4-Schild in Ag. Nikolaos sind es sieben Kilometer Straße. Wir treffen ein paar alte Männer, die sich hervorragend mit uns unterhalten. Wir wissen bloß nicht, um was es ging! Bald danach zweigt ein steiler Pfad in einen Sattel hinauf an. Das Steile ist nicht das Problem, sondern das Durchkommen unter den stacheligen Steineichen. Unsere Unterarme sind bald zerkratzt und Wolfgang ist ziemlich am Fluchen. Der Weg hält sich an Ziegenpfade und fast immer gut markiert. Wir haben die Tour jedoch als gpx-Datei auf dem GPS, so können wir bei Unsicherheit nachsehen, wo wir hin müssen. Und ab und zu ist das auch nötig. So kurz vor Mittag lichtet sich dann der Nebel endlich und wir haben theoretisch einen schönen Blick auf die Berge. Aber eigentlich muss man permanent auf den Boden schauen oder Zweige wegbiegen oder Markierungen suchen. Am Nachmittag wird es dann richtig sonnig und wir sind froh, nicht im August unterwegs zu sein, denn Hitze und schwerer Rucksack wäre zu viel. Wir freuen uns nun schon auf die nächste Ortschaft, denn im Führer sind diverse Verpflegungs- und Einkaufsmöglichkeiten angegeben. Und mittlerweile haben wir einen Riesenhunger und die Beine werden auch schon schwer. Doch als wir so gegen 16 Uhr in Lurika ankommen werden wir schwer enttäuscht. Die Kafenions und die Taverne sind schon seit längerem geschlossen. Nur in einem Miniladen können wir ein Stück Brot, einen Apfel und eine Dose Ölsardinen und Bier und Saft ergattern. Dies essen wir gleich auf der Straße vor dem Laden und sind erstmal sauer. Aber wir müssen noch ein Stück weiter gehen, denn unser angedachter Lagerplatz liegt an der Quelle des Flusses Ladonas, so haben wir zumindest Wasser. Um halb sieben sind wir endlich da und bauen gerade noch so im Hellen das Zelt auf. Zum Essen gibt es das restliche Brot und von unseren Frühstücksvorräten. Wir sind sieben Stunden gelaufen, haben dabei über 27 Kilometer hinter uns gebracht und 1100 Höhenmeter. Für heute reicht es uns.

Oje, in der Nacht hat es zu regnen begonnen. Uns tun alle Knochen weh und wir bleiben noch liegen, in der Hoffnung, dass der Regen aufhört. Aber nein, Frühstücken im Regen, alles wieder einpacken und das Zelt im Nassen einpacken. Als wir endlich losmarschieren nieselt es nur noch. Hoffnung! Halbe Stunde später geht dann der Dauerregen los. Die Schirme müssen raus. Damit wird es aber nicht einfacher durch das dichte Gehölz zu kommen. Zudem müssen wir viel durch hohes Gras gehen. Auf jeden Fall sind nach einer Stunde meine Schuhe, obwohl frisch imprägniert, total durchweicht.  Na, super! Missmutig gehen wir weiter und freuen uns auf das Kaffeehaus in Pangrati, wo wir uns am Ofen etwas trocknen wollen. Aber klar, das hat natürlich auch geschlossen. Überhaupt herrscht in all diesen Dörfern so eine Totengräberstimmung. Ich schätze, dass 70% der Häuser leer stehen und in dem Rest ein paar alte Leute hausen. Anders kann man das nicht nennen. Denn wir haben Dinge gesehen, die wir gar nicht sehen wollten. Der Regen lässt keine Minute nach und unsere Stimmung ist ziemlich am Boden. Eine alte Frau sagt aber, dass es in Dara, der nächsten Ortschaft, sicher ein Kafenion gibt. Sind ja nur fünf Kilometer bergauf und –ab. Zähneknirschend stapfen wir weiter. Für das bisschen Weg brauchen wir fast zwei Stunden. Wir sind nass, haben Hunger, alles ist grau, grrr. Endlich sehen wir Dara, ja, eine größere Ortschaft. Mit einer großen Kirche, die war in den anderen Käffern auch immer recht groß und gut erhalten. Ist ja auch wichtig bei der enormen Einwohnerzahl. Wir rennen ewig durch das Dorf um den Dorfplatz zu finden. Denn auch hier ist keine Menschenseele auf der Straße, so dass man mal jemand fragen könnte. Endlich, wir sehen gleich drei Wirtshausschilder und fangen fast zu laufen an, soweit das mit den Quietscheschuhen möglich ist. Doch alles umsonst, alle drei sind zu. In den Innenräumen sind Tische und Stühle aufeinander gestapelt, Fensterscheiben nicht mehr ganz, Markisen zerrissen. Ich krieg gleich die Krise! In einem Gebäude, das eher nach Restaurant aussieht, hören wir Stimmen und klopfen an die Tür. Zögerlich wird von einem Mann aufgesperrt. Wir machen klar, dass wir gerne was zu essen hätten. Innen im Gastraum sind mehrere Männer mit Ouzo, Kaffee und Salat an einem Tisch. Also nein, zum Essen gibt es hier nichts. Und wenigstens einen Tee oder Kaffee? Nein, das geht auch nicht, denn diese Gaststätte ist schon lange „closed“. Aha, und wieso hat dann jeder was vor sich stehen? Aber nix zu machen, sie wollen nicht. Also wieder raus in den Regen. An der Kirche gibt es ein Vordach und da breiten wir uns erstmal aus und kochen unseren Notvorrat an Nudel und Fertigsauce. Leider entdeckt Wolfgang, dass sein Rucksack trotz Regenhülle alles andere als dicht ist und seine Reservekleidung durchnässt ist. Auch die Ärmel meiner Daunenjacke sind nass, den Rest hat wohl die Klopapierrolle aufgesaugt! Wir haben die Schnauze voll und beschließen das Trekking abzublasen. Denn wenn das so weiter geht, dann verhungern wir noch. Ganz abgesehen davon, dass wir bis auf die Haut nass sind. Wir fahren per Anhalter von Dara bis zur Hauptstrecke nach Tripoli. Hier müssen wir noch drei Kilometer gehen und dann kommt zu unserem Glück ein Bus, der hält und auch noch bis Tripoli fährt. Wir verfrachten unsere Rucksäcke, die Stöcke und die Schirme in den Stauraum und lassen uns dann in die weichen Sitze fallen. Am Bahnhof hilft mir Wolfgang ein letztes Mal den Rucksack aufzusetzen – denn alleine schaffe ich es nicht – und wir marschieren zu unserem LKW und schmeißen das ganze nasse Zeug nur mehr in den „Keller“, machen noch Brotzeit und dann ab ins Bett.

 

Regen, Regen, Regen! Das ist blöd, denn so können wir nichts zum Trocknen rausstellen. Die nassen und schmutzigen Klamotten hängen an der Wäschespinne im Bad und verbreiten so einen etwas unangenehmen Geruch mit Saunaeffekt im Auto. Da wir Hunger haben, machen wir uns zu Fuß auf zum nächsten Supermarkt. Es sind kaum 10 Minuten zu gehen und wir haben Schirme dabei. Aber als wir dann wieder zurück am LKW sind, sind wir wieder ziemlich eingeweicht. Wenigstens gibt es nun einen lecker Cappuccino und Croissants mit Nutellafüllung! Den Rest des Tages verbringen wir mit Lesen und Stricken. Ja, ja, Weihnachten steht vor der Tür…

Ein Sonnenstrählchen zum Frühstück, hurra! Endlich verziehen sich hier über Tripoli die Wolken – in den Bergen hängt aber immer noch dichtes Gewölk. Wir stellen die Schuhe raus, hängen die Wäsche draußen auf und bauen das Zelt auf. Allerdings ist das auf dem Teer des Parkplatzes nicht so ganz einfach, denn es geht ein ziemlicher Wind und Wolfgang muss dem davonfliegenden Zelt schon ein paarmal hinterherlaufen. Unsere Lust auf Berge ist etwas eingeschränkt und so beschließen wir an die Küste zu fahren. Das Zelt kann nun trocken verpackt werden, der Rest kommt vorerst wieder in den Keller und wir brausen die ca. 40 km rüber an die Ostküste des Peloponnes, nach Paralio Astros. Am langen Sandstrand finden wir noch eine intakte Dusche und einen ebenen Stellplatz. Der nahegelegene Campingplatz hat schon geschlossen und so dürfte das Stehen hier neben dem Campingverbotsschild kein Problem sein. Mittlerweile ist es recht warm geworden und so springen wir noch schnell ins Meer. Ein bisschen Überwindung am Anfang, aber dann ist das Wasser angenehm temperiert.

 

Die nächsten Tage verbringen wir hier mit faulenzen, Strandspaziergängen, Schwimmen, Radfahren und sonst eigentlich nichts. Paralio Astros ist im Kern ein kleines Fischerdorf mit Appartementhäusern am Rand, die aber gar nicht so hässlich sind. Am Abend gehen wir mal zum Essen in ein Fischrestaurant. Aber da hätte ich fast die Herztropfen gebraucht, als die Rechnung gekommen ist. Wolfgang hat es mit einem Ouzo runtergespült, aber ich mag das Zeug ja nicht. Für die paar Tage haben wir dann auch gleich Familienzuwachs bekommen. Zwei Hunde haben sich häuslich bei uns niedergelassen, sind mit mir zum Baden gegangen und haben unter dem Auto geschlafen. Am vierten Tag ist dann der Höhenmesser gestiegen und somit der Luftdruck gefallen. Und prompt hat es in der Nacht zu regnen begonnen. Wir haben eine kurze Regenpause genutzt, um mit den Rädern nach Astros zum Einkaufen zu fahren und sind auch fast trocken wieder zurück gekommen.

Wir wollen heute weiter die Küste runter, aber da das Wochenende naht müssen wir noch mal was zum Essen besorgen. Allerdings können wir heute Morgen auffällig viele Spaziergänger beobachten, bis mir einfällt, dass am 28. Oktober ja Ochi-Tag (Nein-) ist. Wir lesen im Reiseführer nach und erfahren, dass heute griechischer Nationalfeiertag ist. Na, super! Gott sei Dank finden wir in Paralio Astros einen kleinen Tante-Emma-Laden, der trotzdem geöffnet hat, sonst hätte es mit dem Abendessen mau ausgeschaut.

 

Bei mehr oder weniger starkem Regen fahren wir die wunderschöne Steilküste Richtung Süden, wo sich immer wieder traumhafte Badebuchten finden. In Tyros spazieren wir die „Corniche“ entlang, wo sich eine Bar oder Café ans andere reiht. Aber alles sehr angenehm in kleinen, typisch griechischen Häusern: weiß mit blauen Fensterläden, Palmen und blühende Bougainvilleen an den zierlichen Balkonen. Danach nimmt der Regen wieder zu und wir fahren über Leonidion Richtung Westen in die Berge. Ist halt der kürzeste Weg. Beim Kloster Elonis machen wir halt. Wie ein Adlerhorst ist es an die steil abfallende Felswand gebaut. Ein toller Anblick: die weißen Klostergebäude und die roten Felsen. Etwas oberhalb der jetzigen Schlafhäuser sind noch zwei alte Klausen zu sehen, die direkt in Felsnischen gebaut wurden. Ein schöner Ort mit göttlichem Ausblick! Für uns geht es weiter nach Kosmas, ein typisches Bergdorf, das wir vor vielen Jahren schon mal besucht hatten. Damals saßen wir bei herrlichem Wetter unter der riesigen Platane in einem Kaffeehaus am Dorfplatz. Das haben wir uns heute geschenkt und sind mit dem Laster durch den engen Ort gezirkelt. Natürlich haben wir an der engsten Stelle einen Griechen getroffen, der nicht der beste Autofahrer war. Auf jeden Fall musste Wolfgang dann rückwärts durch die enge Gasse, weil der andere nicht bereit war zehn Meter zurückzustoßen! Kurz nach Kosmas haben wir keine Lust mehr zu fahren und beschließen den Tag mit einem leckeren Abendessen.

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